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Alte Apfelsorten: Renaissance im Landkreis Augsburg fördert Vielfalt

Landkreis Augsburg

Alte Apfelsorten erleben ein Comeback im Landkreis Augsburg

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    Alte Apfelsorten: Nicht immer optisch perfekt, aber oft gesund und sie schmecken einfach mal anders.
    Alte Apfelsorten: Nicht immer optisch perfekt, aber oft gesund und sie schmecken einfach mal anders. Foto: Kristina Orth

    Statt rein in den Supermarkt und raus mit einer Tüte Äpfel setzen einige Menschen zur Apfelsaison auf die eigene Ernte. In so manchen Gärten stehen Eimer oder Kisten bereit, in denen große rotbackige Äpfel liegen. Die Blätter im Baum rascheln, ein Stoffbeutel an einer Stange taucht auf. Prall gefüllt mit der Apfelbeute. Alte Apfelsorten sind im Trend. So gibt es seit ein paar Jahren das Projekt der Obstsortenkartierung im Landkreis Augsburg. In den kommenden Wochen dürfen sich Besucher des Schwabmünchner Wochenmarkts auf den Oberneufnacher Pomologen Anton Klaus freuen. Er kommt am Freitag, 27. September, von 14 Uhr bis 16 Uhr vorbei und begutachtet Äpfel. Pomologe Klaus und Kreisfachberater Benedikt Weidner vom Landratsamt Augsburg sind Obstexperten und erzählen aus ihrem Erfahrungsschatz über alte Apfelsorten.

    Alte Apfelsorten für mehr Biodiversität

    „Ein Apfelbaum ist wie ein Hund, die Birne wie eine Katze“, sagt Benedikt Weidner. Während die Birne bereits unter Ludwig XVI. als königliche Frucht von mehreren Gärtnern für den Verzehr auf der Tafel gehegt worden sei, dienten Äpfel unter den bayerischen Königen als Nahrung für das Volk. Die Pelzer pflegten Äpfel, pfropften sie auf und berieten die Menschen. Etwas, was Weidner heute noch macht. Er weiß: je größer das Wurzelwerk, desto mehr Baumkrone. In einen kleinen Garten gehöre deshalb auch kein hochgewachsener Baum, sondern ein kleiner. Für den Erhalt des alten Obstbaumbestandes sei es essenziell wichtig, das Wissen um den richtigen Obstbaumschnitt weiterzugeben.

    Seit den 1950ern nimmt die Obstsortenvielfalt radikal ab. Das hat mehrere Gründe. Zu diesem Zeitpunkt ersetzten Maschinen zunehmend die menschliche Arbeitskraft. Streuobstwiesen mit einer großen Auswahl an Sorten bedürfen jedoch der individuellen Pflege durch einen Schnitt, im Gegensatz zu Apfelplantagen, bei denen oft Pestizide und Fungizide zum Einsatz kommen. Heute ist nur mehr rund ein Drittel des einstigen Obstbaumbestandes übrig. Einige Sorten sind bereits verschwunden. Ein Eindruck, den der Obstkenner Anton Klaus bestätigt. Er hat über 500 Apfelsorten und 140 Birnensorten in seinem Garten. Rund 300 davon gebe es kaum noch in Bayern, sagt er.

    Eine Apfelsorte kann nicht nur mit einem Exemplar bestimmt werden

    Klaus hat sich seinen Obstbaumbestand über Jahrzehnte hinweg aufgebaut. Auf einem Baum hat er ungefähr hundert Sorten aufgepfropft. Er habe keine Vorbilder gehabt, sondern sei seiner Neigung gefolgt: „Ich habe schon als Kind in der Schule immer fünf Äpfel gegessen.“ Sein Wissen hat der Pomologe über die Jahre ausgebaut. Er erklärt den Begriff: Pomona sei die römische Göttin des Obstes, nicht nur der Äpfel.

    Für die exakte Bestimmung einer Sorte braucht Klaus mehrere Exemplare einer Apfelsorte. Verschiedene Merkmale wie die Größe, Form und Farbe könnten stark variieren. Das sei eine Wissenschaft für sich, fährt er fort. „Ich habe ein super fotografisches Gedächtnis“, das sei unabdingbar für seine Arbeit.

    Einige alte Obstsorten sind besser an die Folgen der Erderwärmung angepasst

    Erst neuerdings sei der Erhalt alter Obstsorten, wie des Boskops oder der Sorte Josef Musch in den Fokus der Politik gerückt. Als Grund gibt Klaus an: Sie hielten teilweise die Folgen der Erderwärmung besser aus. Es bedürfe allerdings noch einiger Forschung in diesem Bereich. Kreisfachberater Benedikt Weidner vom Landratsamt ergänzt: „Meistens sind die alten Sorten gesünder, aber auch nicht alle Supermarktsorten sind schlecht.“ Um das zu beurteilen, sei der Schnitttest aufschlussreich. Je dunkler der Apfel sich verfärbe, umso mehr Antioxidantien enthalte er.

    Auch was die Robustheit gegen Krankheiten wie den Feuerbrand anbelange, seien manche alten Apfelsorten resistenter. Aber eben nicht alle, ergänzt Weidner. Er verkündet eine positive Nachricht für alle Apfelfreunde: Der Feuerbrand, erkennbar am schwarzen Austrieb im Frühjahr, sei nicht mehr meldepflichtig im Landkreis Augsburg. In diesem Jahr seien eher Wanzen ein Problem. Sie schwächten viele Apfelbäume.

    Pflege alter Obstbaumbestände im Landkreis Augsburg soll gefördert werden

    Weidner wünscht sich für die Zukunft einen Ausbau der Pflege alter Streuobstwiesen, anstatt der Förderung von Neuanlagen. Bestehende Bestände hätten mit Überalterung zu kämpfen. Dabei seien Streuobstwiesen und jeder einzelne alte Baum ein eigenes Ökosystem für vielfältige Insekten wie seltene Wildbienensorten und Vögel.

    In Zukunft gehe es darum, Kindern Äpfel abseits des als Schneewittchen-Apfel bekannten „Red Delicious“ näherzubringen. Streuobstäpfel mit Druckstellen und Wurmloch seien laut Weidner positiverweise nicht gespritzt, auch wenn sie weniger perfekt aussehen.

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