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Ägypter in Abschiebe-Dilemma: Firma kämpft um Mitarbeiter

Kleinaitingen

Drohende Abschiebung: Chef darf den Ägypter Khaled Ismaiel nicht mehr arbeiten lassen

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    Die Chefs und der Mitarbeiter, den sie nicht verlieren wollen - auf den sie aber verzichten müssen: Benedikt Eitzenberger (von links), Khaled Ismaiel, Thomas Eitzenberger.
    Die Chefs und der Mitarbeiter, den sie nicht verlieren wollen - auf den sie aber verzichten müssen: Benedikt Eitzenberger (von links), Khaled Ismaiel, Thomas Eitzenberger. Foto: Marcus Merk (Archivbild)

    Daran, dass er seinen Mitarbeiter Khaled Ismaiel unbedingt braucht, ließ Thomas Eitzenberger beim Treffen Ende August keinen Zweifel. „Er ist unentbehrlich, wir haben einen Haufen Arbeit. Wenn er monatelang weg wäre, würde das eine große Lücke reißen“, sagte der Unternehmer mit einer Firma für Schwimmbadtechnik über den 28-jährigen Ägypter. Das Problem: Die Ausländerbehörde will, dass Ismaiel freiwillig das Land verlässt, droht andernfalls mit Abschiebung. Vor wenigen Tagen ist die Frist für die Ausreise abgelaufen. Für Thomas Eitzenberger bedeutet das: Er muss auf seinen wichtigen Montagehelfer verzichten, riskiert, wie er sagt, eine Strafe, wenn er ihn weiter einsetzt.

    „Wir dürfen ihn nicht arbeiten lassen“, sagt der Chef Anfang September. Bis zu einer halben Million Euro Strafe drohen ihm als Arbeitgeber, so Eitzenberger, wenn er den Ausreisepflichtigen weiterarbeiten lasse, bevor dessen Duldung nicht verlängert sei. Ob sie überhaupt verlängert wird, ist fraglich. Dabei seien gute Helfer im Handwerk aktuell fast unmöglich zu finden. Sohn Benedikt Eitzenberger ergänzte, dass es vor allem schwer sei, Helfer zu finden, die auch Lust auf die Arbeit haben - wie es bei Ismaiel der Fall sei. Aktuell habe Ismaiel noch Urlaub, wie es dann weitergehe, wisse er noch nicht, so Thomas Eitzenberger. Er fürchtet, dass es schwer bis unmöglich werde, den Ägypter wieder einzustellen, wenn die Anstellung einmal beendet sei. Noch kurz vor Ablauf der Frist stand er mit einer Anwaltskanzlei in Kontakt, um eine Möglichkeit für ein Bleiberecht zu finden. Bislang erfolglos.

    Ägypter mit Job in Kleinaitingen: staatliche Hilfe nie gewollt

    Ende August gab Ismaiel sich noch vorsichtig optimistisch: „Ich denke, ich schaffe das hier ... ich hoffe es.“ Ägypten, so erzählte er, habe er 2011 verlassen. Der Grund sei eine heftige, gewaltsame Familien-Fehde gewesen. Einige Jahre habe er in Libyen gelebt, sei dann 2017 nach Italien geflohen, ein Jahr später weiter nach Deutschland. In Gablingen habe er zunächst drei Monate im Gefängnis verbracht. Eine Ersatzfreiheitsstrafe, weil er die Geldstrafe für die illegale Einreise nicht bezahlen habe können. Den Ausweis habe ihm der Schleuser abgenommen. Staatliche Hilfe, das betonte der Ägypter, habe er in Deutschland nie gewollt. Er arbeitete bei McDonald's und bei einem Königsbrunner Chemie-Unternehmen. Und nun seit März in Kleinaitingen - bis es ihm Anfang September verboten wurde. Auf der Internetseite des bayerischen Innenministeriums heißt es: „Bei vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländern steht nicht die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis, sondern die Aufenthaltsbeendigung im Vordergrund.“

    Die Regierung von Schwaben beharrte auf Nachfrage unserer Redaktion Ende August darauf, dass er sich nach freiwilliger Ausreise ein Visum in Kairo besorgen müsse, wenn er länger in Deutschland bleiben wolle. Der Ägypter komme seiner Verpflichtung zur Ausreise seit Jahren nicht nach. Eine Option ist das für Ismaiel nicht, denn in Ägypten, erklärte er, drohe ihm im besten Fall das Nachholen des Wehrdienstes. Im schlimmeren Fall komme er als Wehrdienstverweigerer ins Gefängnis. So oder so: Thomas Eitzenberger müsste viele Jahre auf seinen Montagehelfer verzichten.

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    5 Kommentare
    Maria Reichenauer

    Durch Bürokratie und blinden Aktionismus seitens der Behörden kann man die Wirtschaft auch kaputtmachen. Ich hoffe wirklich von Herzen, dass Anwalt und Betrieb eine Lösung finden werden. Das ist genau das Problem, dass immer die Falschen abgeschoben werden sollen. Und zu viele schauen weg.

    Gottfried Morath

    Ein weiteres Beispiel dafür, dass die Bayer. Regierung das sture Anwenden von Paragraphen viel wichtiger ist, als Rücksicht auf die Wirtschaft zu nehmen und Menschlichkeit zu achten. Wahrlich kein Ausweis von einer christlich-sozialer Haltung in der Realität.

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    Franz Xanter

    Sie plädieren folglich für die Beugung des Gesetzes, um angeblich die Wirtschaft zu unterstützen? Angebliche Menschlichkeit zu praktizieren? Gesetze werden nicht aus Selbstgefälligkeit verabschiedet, sondern aus Notwendigkeit!

    Maria Reichenauer

    Gesetze sind dazu da, Nutzen für alle zu bringen und ein gutes Miteinander zu regeln. Und wenn man einen gut integrierten Mitarbeiter aus einem Betrieb abschiebt, der dort eigentlich dringend gebraucht wird, dann muss man sich dieses Gesetz schon genau anschauen, ob es überhaupt noch für diese Gesellschaft tauglich und nützlich ist. Dass Sie und Ihre AfD-Freunde dies anders sehen – geschenkt. Aber dann jammern, wenn die Wirtschaft nicht so floriert wie sie könnte, den Deutschen Zukunftsängste suggrieren etc. Was die blaue Palette halt so hergibt. Auch wenn man Ägypten als sicheres Herkunftsland gerne hätte (auch daran ist der Druck der AfD nicht unschuldig ) – ein Muster für Menschenrechte ist es nicht. Aber das ist Ihnen ja egal, Hauptsache der Buchstabe des Gesetzes wird so exakt nachgezeichnet, auch wenn es keinem nützt, sondern schadet.

    Günter Köhler

    Ich glaube aber nicht, dass Sie und Ihre blauen Gesinnungsfreunde diese Notwendigkeit für sich auch immer so klar sehen Beispiele dafür gäbe und gibt es genügend. Aber natürlich erst mal auf die Anderen zeigen.

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