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Ägypter befürchtet Abschiebung: Kampf eines Arbeitgebers um seinen Mitarbeiter

Kleinaitingen

Sein Arbeitgeber braucht ihn, die Behörde will ihn abschieben

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    Den Staplerführerschein hat Khaled Ismaiel bereits, fürs Auto nimmt er aktuell Theoriestunden. 
    Den Staplerführerschein hat Khaled Ismaiel bereits, fürs Auto nimmt er aktuell Theoriestunden.  Foto: Marcus Merk

    Khaled Ismaiel schüttelt den Kopf. „Ich habe fast 14 Jahre lang meine Familie nicht gesehen.“ Außerhalb Bayerns darf der 28-jährige Ägypter in Deutschland nicht unterwegs sein. Aber er wird aufgefordert, die Bundesrepublik komplett zu verlassen. Sonst droht ihm die Abschiebung. Das Problem: In Ägypten werde er im besten Fall zum Nachholen des Wehrdienstes eingezogen. Im schlimmeren Fall komme er als Wehrdienstverweigerer ins Gefängnis. Ismaiel betont, dass er, seit er 2018 nach Deutschland gekommen sei, nie staatliche Hilfe gewollt, immer gearbeitet habe. Obwohl ihm das nicht immer leicht gemacht worden sei, er keine Ausbildung habe machen dürfen. Neben ihm an einem Tisch im Obergeschoss der Firma in Kleinaitingen, für die er als Montagehelfer im Bereich Schwimmbadtechnik arbeitet, sitzen seine Chefs. Er habe sich gut integriert, sagt Thomas Eitzenberger über seinen ägyptischen Mitarbeiter. „Er ist sehr fleißig und lernt schnell“, sagt Sohn Benedikt Eitzenberger. Dennoch soll Ismaiel in wenigen Tagen das Land verlassen. So will es die Ausländerbehörde.

    In einer Mail der Behörde wird der Ägypter als „bestandskräftig abgelehnter Asylbewerber“ bezeichnet. Das ist er offiziell seit Jahren, konnte bisher aber bleiben und arbeiten. Thomas Eitzenberger sagt, er habe in den vergangenen Wochen bestimmt vier oder fünf E-Mails an die Beamten geschrieben und lange mit ihnen telefoniert, erklärt, wie wichtig der Mitarbeiter für ihn sei. Ohne Erfolg. Laut den Beamten dürfe der Ägypter nur in Deutschland leben, wenn er in Kairo ein Visum bekomme, so Eitzenberger. Wegen des Militärdiensts und der Gefahr der Gefängnisstrafe sei das aber keine Option. „Ich verstehe das nicht“, sagt Ismaiel über das System, das ihn zur Ausreise auffordert, obwohl er sich gut integriert habe. „Ich habe hier gearbeitet, Steuern gezahlt.“ Auch seinen Deutschkurs habe er selbst bezahlt. Dennoch habe er vor drei Jahren die erste Aufforderung bekommen, das Land zu verlassen.

    Seit sechs Jahren ist Ismaiel in Deutschland, seit März arbeitet er in Kleinaitingen

    Ägypten, so erzählt Ismaiel, habe er 2011 verlassen. Der Grund sei ein heftiger Streit zwischen seiner Familie und einer anderen gewesen, der immer wieder zu Gewalt geführt habe. Einige Jahre habe er bei einem Onkel in Libyen gelebt, sei dann 2017 mit dem Boot nach Italien geflohen und ein Jahr später weiter nach Deutschland. In Gablingen habe er zunächst drei Monate im Gefängnis verbracht. Eine Ersatzfreiheitsstrafe, weil er die Geldstrafe für die illegale Einreise nicht bezahlen habe können. Den Ausweis habe ihm der Schleuser abgenommen. Er arbeitete bei McDonald's und bei einem Königsbrunner Chemie-Unternehmen. Und nun seit März in Kleinaitingen. Den Staplerführerschein hat Ismaiel bereits, fürs Auto nimmt er aktuell Theoriestunden.

    Die Chefs und der Mitarbeiter, den sie nicht verlieren wollen: Benedikt Eitzenberger (von links), Khaled Ismaiel, Thomas Eitzenberger.
    Die Chefs und der Mitarbeiter, den sie nicht verlieren wollen: Benedikt Eitzenberger (von links), Khaled Ismaiel, Thomas Eitzenberger. Foto: Marcus Merk

    Sprecher Philipp Höß von der Regierung von Schwaben teilt auf Nachfrage unserer Redaktion mit: „Wer zur Arbeitsaufnahme nach Deutschland kommen will, dem steht der Weg über das vorgesehene Visumverfahren offen.“ Bei bereits erfolgter Einreise müsse das nach einer freiwilligen Ausreise nachgeholt werden. Ismaiel komme seiner Verpflichtung zur Ausreise seit Jahren nicht nach.

    Die Regierung von Schwaben beharrt auf Ausreise - oder Abschiebung

    Haben die dem Vernehmen nach gute Integration und der Personalmangel keine Auswirkungen auf solche Entscheidungen? „Zur guten Integration gehört auch in Zeiten des Personalmangels Rechtstreue und Straffreiheit“, heißt es von der Regierung von Schwaben. Gerade bei Straftätern sei deshalb oberste Priorität, den Aufenthalt zu beenden. „Im Fall des Betroffenen stehen strafrechtliche Verurteilungen sowie eine deshalb erfolgte bestandskräftige Ausweisung einem weiteren Verbleib in der Bundesrepublik Deutschland entgegen“, so der Sprecher. Bei den Verurteilungen hat es sich laut Thomas Eitzenberger eher um Bagatellen gehandelt. Ismaiel sei einmal mit Cannabis erwischt worden und einmal mit einer Gruppe unterwegs gewesen, die einen Diebstahl begangen habe.

    Mit Blick auf die drohende Ausreise oder sogar Abschiebung seines Mitarbeiters sagt Eitzenberger: „Er ist unentbehrlich, wir haben einen Haufen Arbeit. Wenn er monatelang weg wäre, würde das eine große Lücke reißen.“ Gute Helfer seien aktuell fast unmöglich zu finden. „Vor allem welche, die auch Lust haben“, fügt Benedikt Eitzenberger hinzu.

    Steht vor einer ungewissen Zukunft: Khaled Ismaiel.
    Steht vor einer ungewissen Zukunft: Khaled Ismaiel. Foto: Marcus Merk

    Trotz aller Widrigkeiten ist der Ägypter vorsichtig optimistisch. Auf die Frage nach seiner Perspektive für die Zukunft antwortet Ismaiel: „Ich denke, ich schaffe das hier ... ich hoffe es.“ Eitzenberger hofft, dass ein Anwalt für Asylrecht ihm in letzter Sekunde helfen kann.

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    16 Kommentare
    Maria Reichenauer

    Diese Situation wird noch viele Arbeitgeber treffen, denn die Hysterie im Volk ist groß und die Behörden arbeiten nicht nach "Gut" oder "Böse", sondern kennen nur ihre Umlaufbahn. Ich wünsche dem jungen Mann dennoch, dass er einen Anwalt findet, der ihm helfen kann. Alles andere wäre nicht nur unmenschlich, sondern einfach dumm, denn für die Firma entsteht ein Schaden, der nicht von einem Tag auf den anderen zu beheben ist. Das zum Thema "schwächelnde Wirtschaft".

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    Peter Pfleiderer

    „Zur guten Integration gehört auch in Zeiten des Personalmangels Rechtstreue und Straffreiheit“, heißt es von der Regierung von Schwaben. Gerade bei Straftätern sei deshalb oberste Priorität, den Aufenthalt zu beenden. „Im Fall des Betroffenen stehen strafrechtliche Verurteilungen sowie eine deshalb erfolgte bestandskräftige Ausweisung einem weiteren Verbleib in der Bundesrepublik Deutschland entgegen“ - Es gibt genug Zuwanderer die nicht so in Erscheinung getreten sind.

    Walter Koenig

    Der Mann hatte eine Ersatzfreiheitsstrafe wegen illegaler Einreise, mehr nicht, Herr Pfleiderer! Laut den Beamten dürfe der Ägypter nur in Deutschland leben, wenn er in Kairo ein Visum bekomme - da kann ich nur noch den Kopf schütteln über so viel Dummheit. Warum kann der Mann, der hier lebt, der die deutsche Sprache kann und hier eine Arbeitsstelle hat, nicht einfach hier das Visum beantragen? Auf der einen Seite wird immer groß daher geschwätzt, dass man Arbeitskräfte aus dem Ausland brauche, dann gibt es hier bereits Ausländer mit einer Arbeitsstelle, nur haben die nicht den formalen Weg eingehalten und sollen deshalb wieder gehen? Diese Bürokraten sind überflüssig, da sie unfähig sind, pragmatisch mitzudenken. Deshalb ist auch das Schlagwort Bürokratieabbau nur hohles Geschwätz, weil viele Abgeordnete selbst beruflich zu den Bürokraten zählen. Und man sägt bekanntlich nicht den Ast ab, auf dem man sitzt.....

    Peter Pfleiderer

    "Bei den Verurteilungen hat es sich laut Thomas Eitzenberger eher um Bagatellen gehandelt. Ismaiel sei einmal mit Cannabis erwischt worden und einmal mit einer Gruppe unterwegs gewesen, die einen Diebstahl begangen habe." - einfach den Artikel komplett lesen Herr König...

    Martin Mederle

    Lieber Walter Koenig Diesem Satz "Diese Bürokraten sind überflüssig" kann ich nicht zustimmen! Die ausführenden Bürokraten (Beamte) müssen sich an die entsprechenden Vorgaben (Verordnungen) von anderen hochdotierten Beamten halten! Diese hochdotierten Beamten sind überflüssig ; durch ihre schwachsinnigen Verordnungen machen sie sich nur wichtig und versuchen damit ihren Status zu legitimieren.

    Josef Graf

    Wenn ein Asylbewerber ein Job hat, sollte man eine Ausnahme machen und nicht abschieben!!!

    Günter Köhler

    So ist es bei uns: Bürokratie geht vor Menschlichkeit. Und wenn es noch so widersinnig ist. Traurig aber leider wahr. Khaled Ismaiel ist ja hier beileibe kein Einzelfall.

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    Peter Zimmermann

    Vor lauter Angst vor den Rechten will man mit aller Gewalt die Zahlen erhöhen. Ob sinnvoll oder unsinnig scheint dabei egal zu sein, oder es ist die pure Furcht die ein Nachdenken verhindert.

    Gottfried Morath

    Die Bayerische Regierung, die sich für die beste mindestens in Europa hält, sollte diesen wirtschaftlichen und menschlichen Unsinn verhindern können. Das Gesetz hat sicher keine explizite Vorschrift für diesen konkreten Fall. Deshalb ist nach Sinn und Verhältnismäßigkeit zu entscheiden. In einer Zeit, in der Unternehmer versichern, dass sie eine bestimmte Arbeitskraft dringend brauchen, weil es keinen Ersatz gibt, darf es eine solche Abschiebung nicht geben. Der Betroffene könnte dem Unternehmer weiter helfen sowie Steuern und Sozialabgaben zahlen. Die hohen Abschiebekosten sollte sich der Bayer. Staat sparen, wenn er klug und menschlich handelt.

    Jens Wagner

    Gesetz ist Gesetz, daran sollte man sich halten.

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    Walter Koenig

    Noch so ein Bürokrat! Gesetze sind für den Menschen da, nicht Menschen für das Gesetz! Aber es ist typisch für Bürokraten: Selber gut abgesichert sein, aber andere Menschen stur nach den Buchstaben des Gesetzes zu behandeln.

    Maria Reichenauer

    Genau so ist es, Herr Koenig. Vom bequemen Sofa aus den Daumen runter und gut isses. Dass diese Bürokratie unserer Wirtschaft und der Gesellschaft massiv schadet – egal. Dass es keine Möglichleit gibt, aus einem Asylverfahren in eine Art Migrationsverfahren zu wechseln – auch das ist leider Gesetz und es ist nur deshalb nicht zu ändern, weil es zu wenig Hirn da gibt, da wo es hingehört.

    Günter Köhler

    Da haben Sie vollkommen recht Herr Koenig.

    Wolfgang Boeldt

    Stimmt Herr Wagner. Rechtsbeugung, ein Straftatbestand der wohl nicht ganz so bekannt sacheint, ist strafbar. Bis zu 5 Jahre, z.B. für Richter.

    Maria Reichenauer

    Ah, der Rechtsexperte aus dem Off hat die Stimme erhoben. Ich bin sicher, es gibt Möglichkeiten. Und ich hoffe, die werden genutzt. Und wenn sich der Innenminister persönlich herablässt. Es kann nicht sein, dass man sich nur auf Rechtsbeugung hinausredet, Herr Experte.

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    Wolfgang Boeldt

    Wenn Ihnen Ihre Hetztiraden Spaß machen - ich will sie Ihnen nicht nehmen. Wer eindeutuge Straftatbestände umgehen will zeigt sein wirkliches Gesicht - das kennen die meisten eh schon. Eine Adoption Ihrerseits könnte evtl. heilsam für Ihre Ziele sein. =:)

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