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Schwabmünchen: Zweiter Weltkrieg: Vor 75 Jahren fielen Bomben auf Schwabmünchen

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Zweiter Weltkrieg: Vor 75 Jahren fielen Bomben auf Schwabmünchen

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    Nach dem Anrgiff auf Schwabmünchen am 4. März 1945: Die Schäden im Stadtzentrum.
    Nach dem Anrgiff auf Schwabmünchen am 4. März 1945: Die Schäden im Stadtzentrum. Foto: Archiv der Stadt

    Am Mittwoch um 10.33 Uhr jährt sich, was sich für immer ins Gedächtnis der Stadt eingebrannt hat: Vor 75 Jahren fielen Bomben auf Schwabmünchen . Bei dem Fliegerangriff verloren 61 Menschen ihr Leben. Es gab dutzende Verletzte. Über 100 Häuser waren komplett zerstört. Und der Turm von St. Michael brannte wie eine Fackel. Das Bild hat Josef Wehringer, heute 84, noch vor Augen. Er war gerade neun Jahre alt, als er am Vormittag des Brummen in der Luft hörte. Das sind seine Erinnerungen an den dunkelsten Tag der Stadtgeschichte.

    „Der 4. März 1945 war ein Sonntag, es war 10 Uhr und ich wollte gerade in die Messe gehen, um dort zu ministrieren. Aber noch an der Haustüre heulten die Sirenen. Wir mussten alle in den Luftschutzkeller. Meine Familie wohnte in der Malzfabrik Wiedemann an der Bahnhofstraße . Es befanden sich dort große Gewölbekeller, in denen sehr viele Leute Schutz suchten. Als wir dort unten ankamen, beteten die Anwesenden den Rosenkranz, denn es herrschte große Angst. Plötzlich wurde es schrecklich laut, das Licht ging aus, jemand kam herein und schrie: Es brennt fürchterlich und wir sollen alle den Keller verlassen.“

    Schwabmünchen: Bomber hatten die tödliche Fracht abgeworfen

    Die Bomber hatten bereits ihre tödliche Fracht an diesem wolkenverhangenen, trüben Morgen abgeworfen. Im Visier hatten sie die Textilweberei Holzhey nahe des Bahnhofs. Dort wurden während des Zweiten Weltkriegs zunächst Formteile und mechanische Einheiten für die Me410 hergestellt. Dieses zweimotorige Kampfflugzeug trug den Beinamen Hornisse und wurde von der Luftwaffe als Zerstörer eingesetzt. Später ging es um mechanische Teile für die Tragflächen der Me262, die auf einer Fläche von rund 4500 Quadratmetern bei der Textilweberei Holzhey gebaut wurden. Eigentlich sollte die Produktion nach Vaihingen/ Enz verlegt werden. Doch dazu kam es nicht mehr. Stattdessen hatten die Alliierten den Zulieferbetrieb als Ziel ins Visier genommen.

    Josef Wehringer erinnert sich an den Augenblick, als er aus dem Schutzbunker kam: „Im Tageslicht angekommen, sahen wir, dass der große Stadel nebenan lichterloh brannte. In ihm war viel Heu und Stroh für das Militär gelagert. Unsere Wohnung befand sich unmittelbar am Brandherd und so mussten wir alles ausräumen. Die Betten brachte man ins Freie und meine Aufgabe war, die herumfliegenden Funken auszudrücken, damit die Betten nicht entzünden konnten.“

    Ein Bild der Zerstörung bot sich in der Stadt

    Als die erste Gefahr gebannt war, zog der Neunjährige mit seiner Schulfreundin Ruth los, um zu sehen, was in der Stadt passiert war. Ein Bild der Zerstörung: Das Zentrum der Kleinstadt glich einem Trümmerfeld. Wehringer: „Unser Rundgang führte in Richtung Friedhof, dort war das Leichenhaus zerstört und im Friedhof war ein großer Bombentrichter. Es sah sehr gruselig aus und wir verließen schnell den Friedhof. In der Frühlingstraße war die Adolf-Hitler-Schule zerstört, das bedrückte uns nicht so arg. In der Museumstraße sah es schlimm aus. Das schöne Café Lämmer lag in Schutt und Asche, auch das Kohlerhaus, das meiner Tante gehörte.

    Ein Bild der Verwüstung: So sah die Fuggerstraße nach dem Bombenangriff aus. Das Gebälk des Kirchturms war bereits in sich zusammengestürzt.
    Ein Bild der Verwüstung: So sah die Fuggerstraße nach dem Bombenangriff aus. Das Gebälk des Kirchturms war bereits in sich zusammengestürzt. Foto: Stadtarchiv

    Als wir den brennenden Kirchturm sahen, erfasste uns ein großer Schrecken. Er sah aus wie eine große Fackel und auch die Pfarrkirche war eine brennende Ruine. Leute schleppten durch den beißenden Rauch aus der Sakristei die Monstranz, Kelche und Messgewänder und trugen alles in den Pfarrhof, der unversehrt geblieben war. Das Schneiderhaus nebenan brannte auch, Leute versuchten irgendwie noch etwas zu retten.“ Der Weg der beiden Schulkinder führte durch die Ferdinand-Wagner-Straße in Richtung Bahnhofstraße . „Dort sah es fürchterlich aus. Die Häuser Wagner, Ege, Klingenmaier und Höfer brannten und mitten in der Straße war ein mit Wasser voll- gelaufener Bombentrichter. Man hätte dort baden können. Durch die Feyerabendstraße sahen wir, dass der Großnerkeller total verstört war. Man sah Leute, die verzweifelt versuchten zu helfen.“

    Schwabmünchen: 61 Tote wurden nach dem Angriff gezählt

    Insgesamt 61 Tote wurden nach dem Angriff gezählt. Genau aufgeführt hat sie Elmar Pfandzelter in seinem Buch über den 4. März. Er erinnert auch an eine polnische Landarbeiterin und vier russische Kriegsgefangene, die bei dem Angriff ums Leben kamen.

    75 Jahre danach: Josef Wehringer zeigt, wo sich die Wohnung seiner Familie in der Mälzerei befand. Der Stadel links brannte komplett ab. Wehringer musste als Bub die Funken ausschlagen.
    75 Jahre danach: Josef Wehringer zeigt, wo sich die Wohnung seiner Familie in der Mälzerei befand. Der Stadel links brannte komplett ab. Wehringer musste als Bub die Funken ausschlagen. Foto: Maximilian Czysz

    Als Josef Wehringer seinen Rundgang beendet hatte, wurde er von seinen Eltern erst einmal in den Arm genommen. Sie hatten ihn im Chaos der ersten Stunde vermisst. Dann habe es eine „Mordswatschn“ gegeben. Bei der Beerdigung der Angriffsopfer war er als Ministrant dabei. Die Särge standen alle vor der evangelischen Kirche.

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