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Wehringen: Das Alte Schulhaus in Wehringen wird abgerissen

Wehringen

Das Alte Schulhaus in Wehringen wird abgerissen

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    Schandfleck neben der Kirche: Von der Friedensstraße aus gesehen bietet das alte Schulhaus keinen schönen Anblick mehr.
    Schandfleck neben der Kirche: Von der Friedensstraße aus gesehen bietet das alte Schulhaus keinen schönen Anblick mehr. Foto: Ingeborg Anderson

    Abblätternder Putz und aufsteigende Feuchtigkeit verunstalten die Mauern. Dazu der deutlich sichtbare große Riss in der Mauer, der statisch gesichert wurde, damit der nördliche Vorbau nicht auf die Straße kippt. Seit Jahren bietet das Haus Friedenstraße 8 in Wehringen diesen traurigen Anblick. Dabei verbinden sich damit für die älteren Dorfbewohner prägende Erinnerungen. Denn das Gebäude, das noch heute unter dem Namen „Alte Schule“ bekannt ist, diente den Dorfkindern für mehr als 100 Jahre als Schulhaus. Jetzt soll es abgerissen werden.

    Die dunkle Holztäfelung verleiht dem Dachgeschoss eine heimelige, warme Atmosphäre.
    Die dunkle Holztäfelung verleiht dem Dachgeschoss eine heimelige, warme Atmosphäre. Foto: Ingeborg Anderson

    „Wir sind auf die höhere Schule gegangen“ scherzten die Wehringer mit Hinweis auf die Lage im oberen Dorf. Denn die Schule erreichten sie vom unteren Dorf über die Treppe, die zur Kirche führt. Mit dem geplanten Abriss verschwindet auch dieses Stück Dorfgeschichte. 1834 wurde dieses Schulhaus nach Plänen des Wehringer Zimmermeisters Kaspar Wildegger erbaut.

    Alte Schule in Wehringen: 100 Schüler in einem Saal

    Dabei war nur ein Schulsaal vorgesehen. Mit einer Größe von 32 x 34 Schuh (entspricht etwa 8,70 x 9,20 Meter) wurde es darin für die etwa 100 Schüler ziemlich eng. Als aufgrund der pädagogischen Entwicklung in den 1870er-Jahren eine Ober- und eine Unterklasse eingeführt wurde, zog man 1874 zunächst einfach eine Mauer in den Schulsaal. Das führte natürlich nicht zu mehr Platz in den nun zwei Klassenzimmern. Also entschloss man sich 1890 zum Bau eines zweiten Schulsaales.

    Der kunstvoll gedrechselte Antrittspfosten  am geschwungenen Treppenaufgang.
    Der kunstvoll gedrechselte Antrittspfosten am geschwungenen Treppenaufgang. Foto: Ingeborg Anderson

    Lag der Eingang bis dahin auf der Kirchenseite (wovon noch heute die zwei Treppenstufen am Haus zeugen), befanden sich Schultreppe und Klosetts dann im nördlichen Anbau. Als gegen Ende des Ersten Weltkrieges die Schülerzahlen auf 160 stiegen, fanden Teile des Unterrichts ausgelagert im Saal beim Unteren Wirt statt. Überlegungen zur Errichtung eines dritten Schulsaales verwarfen die Gemeinderäte und entschlossen sich für den Bau einer neuen Schule – die sogenannte Römerschule.

    1953 wurde das ausgediente Schulhaus in ein Wohnhaus mit fünf Wohneinheiten sowie zwei kleinen Notwohnungen im Dachgeschoss umgewandelt.

    Eventuell Neubau an gleicher Stelle

    Noch bis vor Kurzem hat die Autorin dieser Zeilen, in dem Schulhaus gelebt – insgesamt 25 Jahre waren es in dem Haus mit der schönen Atmosphäre. Der Abriss ist umso bedauerlicher, als es das letzte historisch-charaktervolle Haus im Ort ist mit seinen schwarz-weißen Bodenfliesen, der schön geschwungenen Treppe mit dem kunstvoll gedrechselten Antrittspfosten im Eingangsbereich und der Holztäfelung im Dachgeschoss.

    Mit elegantem Schwung führt die Treppe des alten Schulhauses ins Obergeschoss.
    Mit elegantem Schwung führt die Treppe des alten Schulhauses ins Obergeschoss. Foto: Ingeborg Anderson

    Als letzte Mieterin wohnt derzeit noch Gertrud Dittrich im Erdgeschoss. Die Kindergärtnerin lebt schon seit fast 60 Jahren in diesem Haus. Auch ihr ist das Gebäude sehr ans Herz gewachsen. „Ich bin im Alter von einem Jahr mit meinen Eltern hier eingezogen. Es wäre nicht nötig gewesen, dass es in diesen Zustand kommt. Man hätte doch ab und zu etwas daran machen müssen“ sagt sie. Für sie ist der geplante Abriss besonders schmerzhaft, denn das Haus steckt voller Erinnerungen an ihre Kindheit und ihre inzwischen verstorbenen Eltern.

    Der Eigentümer, das Kirchenstift Wehringen, hat auch die Erhaltung erwogen und eine entsprechende Kostenrechnung durch die bischöfliche Finanzkammer erstellen lassen. Aber in der Abwägung Renovieren oder Abreißen kam man zu dem Ergebnis, dass der Zustand des Gebäudes so marode ist, dass eine Sanierung zu aufwendig ist und ein Abriss und eventuell ein Neubau an gleicher Stelle vorzuziehen ist.

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