Mehrere Jugendliche haben im vergangenen Herbst eine Wand der Untermeitinger Mittelschule mit Graffiti beschmiert. Einer der Täter von damals stand nun vor dem Augsburger Amtsgericht – aber nicht nur wegen seiner Sprühaktion, sondern weil er danach versucht haben soll, eine Zeugin einzuschüchtern. Deren Aussage ließ sich aber vor Gericht kaum bestätigen.
Warum die Jugendlichen schnell identifiziert waren
Der heute 19-Jährige hing gerne mit seiner „Gang“ auf einem Sportplatz nahe der Schule herum. „Die Überlebenden“ verbrachten nach der Arbeit Zeit zusammen, tranken Alkohol. Und sie sprühten in Untermeitingen in unterschiedlicher Besetzung Graffiti an Wände.
Am 4. Oktober 2019 war die Fassade der Mittelschule an der Reihe: Zwei mal acht Meter groß wurden verschiedene Worte und Zahlenkombinationen geschmiert. Darunter auch der Gang-Name, sagte der damals ermittelnde Polizist als Zeuge: „Es war schon etwas naiv zu glauben, dass wir sie nicht schnappen.“Gerüchte, wer für die Schmiererei verantwortlich war, machten an der Schule schnell die Runde. Mehrere Jugendliche informierten den Schulleiter, der die Polizei verständigte. „Bei Streifenfahrten sprachen uns noch weitere Bürger an, deren Wände auch besprüht worden waren“, sagte der Polizist. Auch diese Werke konnten den Jugendlichen zugeordnet werden.
Graffiti an der Schulwand: Der Sprayer soll eine Zeugin bestochen haben
Beschleunigt wurde die Ermittlungsarbeit am 9. Oktober. Am Abend rief eine Schülerin aufgelöst die Polizei. Sie saß mit einer Freundin am Rand des Sportplatzes und berichtete, einer der Sprayer, der jetzige Angeklagte, habe ihr erst 1000 Euro angeboten, wenn sie ihre Anschuldigungen zurückziehe. Als sie das ablehnte, habe der Mann ein Messer gezogen und ihr gedroht, dann werde er sie abstechen. Die Polizei nahm daraufhin die ganze Gruppe in Gewahrsam. Wie sich herausstellte, waren darunter vier der fünf Sprayer.
Die Ermittlungen fielen den Beamten nicht allzu schwer. Auf den Smartphones der Jugendlichen fanden sich reichlich Bilder, auf denen sie vor ihren „Kunstwerken“ posten. Als die Polizisten den Nachwuchs-Gangstern eröffneten, dass wegen der Bedrohung der Staatsanwalt informiert werde, der über die Untersuchungshaft entscheide, war es mit der Coolness vorbei, sagte der Polizist: „Die haben sofort alles zugegeben.“
Welche Strafe den Sprayer erwartet
Nur bei der angeblichen Bedrohung blieb der Angeklagte bei seiner Version, das sei so nicht passiert – bei der polizeilichen Vernehmung und auch im Gerichtssaal. Ja, man habe sich unterhalten, aber Drohungen seien nicht gefallen, sagte der 19-Jährige.
Der Polizist gab zu bedenken, dass sich auch die junge Frau in einer Ausnahmesituation befunden habe. Obwohl mehrere Schüler die Sprayer gemeldet hatten, sei sie als alleinige „Verräterin“ hingestellt und von älteren Mitschülern gemobbt worden. „Es könnte sein, dass es sich für sie in der Situation dramatischer angefühlt hat, als es war“, sagte der Polizist. Er war sich jedenfalls sicher, dass der Angeklagte bei der Vernehmung auch dazu alles ausgepackt hätte.
Eine Freundin hatte das Messer des Sprayers gesehen
Anderweitig bestätigen ließ sich die Geschichte des Mädchens nicht. Die Freundin, die bei dem Gespräch in der Nähe war, hatte zwar das Messer gesehen, aber nichts gehört. Weitere Zeugen gab es nicht. So stellte Richterin Rose Oelbermann diesen Anklagepunkt ein. Verurteilt wurde der junge Mann wegen der verunstalteten Wand.
Er muss an dem Projekt „Einwandfrei“ des Vereins Brücke teilnehmen. Dabei entfernen Sprayer ihre oder andere illegale Graffiti und erleben, wie anstrengend ihr Spaß für andere ist.
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