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Untermeitingen: Abgesagte Feste: Wie sich ein Veranstalter durch die Corona-Krise schlägt

Untermeitingen

Abgesagte Feste: Wie sich ein Veranstalter durch die Corona-Krise schlägt

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    Wohlgeordnet lagert Robert Reichle umfangreiches Material aus dem Bereich Veranstaltungstechnik.
    Wohlgeordnet lagert Robert Reichle umfangreiches Material aus dem Bereich Veranstaltungstechnik. Foto: Uwe Bolten

    Fast ein Jahr ist es her, dass Robert Reichle rund 100 Kisten mit Material, darunter hochempfindliche elektronische Steueranlagen für Licht und Ton, fünf Kilometer Kabel aller Art, 60 Lautsprecherboxen, über 70 zum Teil bewegliche Scheinwerfer, 130 LED-Wandmodule für Licht- oder Videoprojektion sowie unzählige Traversen-Elemente in zwei Sattelzüge verfrachtete, um ein großes Festzelt auf dem Cannstatter Wasen mit Licht- und Tontechnik auf die Riesenparty vorzubereiten.

    Statt der Canstatter Wasen beschallt er jetzt den Untermeitinger Pfarrsaal

    Seit zehn Jahren bestückt der Untermeitinger Unternehmer mit seiner Firma Soundline dieses Großereignis. „Nicht nur in Stuttgart sind wir vor Ort, pro Jahr bedienen wir rund 100 Veranstaltungen“, sagte er mit Wehmut, denn seit Corona ist alles anders. Ein Jahr vor dem 30-jährigen Firmenjubiläum machen ihm die angeordneten Schutzmaßnahmen mit dem Ausfall von Events einen gewaltigen Knick in die erfolgreiche Firmengeschichte. „Nichts wird aus Stuttgart, der Olympia-World in Innsbruck, der Messeveranstaltung in Leipzig. Dafür beschallen wir die Imhofhalle und den Pfarrsaal Sankt Stephan für die Gemeinderatssitzungen“, bemerkt der Veranstaltungstechniker mit einem Dank an die Gemeinde Untermeitingen. „Im Herbst 2019 begannen wir, wie üblich, mit der Planung für das Folgejahr, darunter auch Investitionen in neue technische Elemente, die auf der hauseigenen Bühne vorbereitet und programmiert werden. Ein leistungsfähiges Lichtmischpult schlägt dabei mit rund 50.000 Euro zu Buche“, plaudert er aus dem Nähkästchen.

    Als dann im März der Genfer Autosalon mitten in der Aufbauphase abgesagt wurde und kurz darauf Gesundheitsminister Spahn die Empfehlung der Absage von Großveranstaltungen gab, habe Reichle noch nicht ganz realisiert, was kommen sollte. „Wir waren bereit, den Aufbau in Veranstaltungsräumen für einen großen bayerischen Automobilhersteller zu beginnen, als diese Shows abgesagt wurden. Wir sagten uns, dass sie das doch nicht machen könnten. Dann wurde es immer klarer, dass ich mit maximal zehn Prozent der geplanten Aufträge im Jahr rechnen konnte“, erinnert sich der Untermeitinger.

    Die von der Politik geforderte Mahnung zur Ruhe und die Entwicklung alternativer Geschäftsideen sei für ihn und seine freien Mitarbeiter keine Option. „Wir können zahlreiche Ideen entwickeln, sind jedoch immer von Veranstaltungen abhängig.

    Und die finden auch im Laufe des Jahres kaum statt. Mit der Absage des Oktoberfestes in München erlebte die Branche schon die zweite Welle der Ausfälle“, kommentiert er die Situation aller Veranstaltungsdienstleister. Die Soforthilfen seien bei einem Unternehmen wie Soundline wegen der hohen Fixkosten eher wie ein Tropfen auf den heißen Stein gewesen.

    Untermeitinger Unternehmer will bundeseinheitliche Regeln

    Zu den angeordneten Maßnahmen äußert sich der 48-jährige Firmeninhaber zwiegespalten. „Keiner vermag zu sagen, was ohne den Lockdown passiert wäre. Ich hätte mir nur konkrete, belastbarere Aussagen gewünscht. Aber das geht wohl vielen so. Für mich, der nicht nur in Bayern tätig ist, wären jetzt bundeseinheitliche Regelungen deutlich wünschenswerter“, sagt Reichle nachdenklich. So kann er es nicht nachvollziehen, dass in der Kölner Lanxess Arena Veranstaltungen mit 2400 Besuchern gestattet sind und es in Bayern nicht möglich sei. Weiterhin würden Events abgesagt, da die Auflagen so hoch seien, dass sie nicht handhabbar wären. Viele Ausrichter trauten sich auch nicht, irgendwelche Risiken einzugehen.

    „Ich glaube nicht, dass es vor 2021 sinnvoll weitergeht. Frühestens im Frühjahr wird es normale Veranstaltungen geben, wenn auch mit Einschränkungen. Mir bleibt nichts anderes übrig, als abzuwarten und durchzuhalten“, schließt Robert Reichle und verschwindet in sein Lager mit den Materialien, die darauf warten, eine kahle Halle in eine Wunderwelt zu verwandeln.

    Um die Auswirkungen der Krise auf die Veranstaltungsbranche geht es auch in einer aktuellen Folge unseres Podcasts "Augsburg, meine Stadt". Hier können Sie das Gespräch anhören.

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