Startseite
Icon Pfeil nach unten
Schwabmünchen
Icon Pfeil nach unten

SommerreportageSerie (1): Eismachen ist kein Zuckerschlecken

SommerreportageSerie (1)

Eismachen ist kein Zuckerschlecken

    • |
    Zwei Generationen vor dem Eiscafé: Davide Lazzaris einst mit seinem Sohn Augusto.
    Zwei Generationen vor dem Eiscafé: Davide Lazzaris einst mit seinem Sohn Augusto.

    2000 Liter Milch, sieben Zentner Zucker, kiloweise Früchte und Berge von Sahne – die Menge an Lebensmitteln, die Augusto Lazzaris in heißen Sommerwochen verarbeitet, ist rekordverdächtig. Nicht nur die Bobinger, sondern auch viele Stammkunden von auswärts stürmten förmlich das Eiscafé an der Hochstraße, um sich bei 30 Grad wenigstens von innen abzukühlen. „Da is nix mit italienischem dolce far niente“, stellt der 39-Jährige fest. Denn zum süßen Nichtstun, etwa zum Baden oder zum Biergartenbesuch mit seiner Familie, bleibt in der Hochsaison keine Zeit.

    Wenn das Wetter passt, beginnt die Eisproduktion schon am frühen Morgen

    Wenn der Wetterbericht am Vortag ein Hoch vorausgesagt hat, steht er schon um sechs Uhr früh auf und produziert 250 Kilo Eis, um für den nächsten Ansturm gerüstet zu sein. Vor allem, wenn das Wochenende beginnt. Denn sobald die Eisdiele um 10.30 Uhr öffnet, warten schon die ersten Kunden – die Letzten gehen zwölf Stunden später.

    Damit ist die Arbeit für das Bobinger Eis-Team aber noch lange nicht getan: „Dann müssen wir alles aufräumen, die Eistheke sauber machen und den Laden wieder für den nächsten Tag herrichten.“ So geht es den ganzen Sommer hindurch ohne Ruhetag, außer wenn es aus Kübeln schüttet und stark abkühlt. „Dann bin ich ganz froh, weil ich zwischendurch mal schnell zum Friseur gehen oder Besorgungen machen kann“, sagt der Eiskonditor aus Leidenschaft.

    Eiscafé Lazzaris gibt es seit 1967

    Sein Vater Davide ist auch der Stammvater der Eisdiele in Bobingen. Er stammt aus den Dolomiten, dem Val Zoldana, wo zahlreiche Familien von der Eisherstellung leben. Mit einer Frau Giovanna lebt der 70-Jährige wieder in Italien und hat seinen Sohn vor wenigen Wochen in

    45 Jahre ist das jetzt her und immer noch wissen die Kunden – heute deren Kinder und Enkel – die Kunst der Lazzaris zu schätzen. 1968 heiratete Davide seine Giovanna und bekam mit ihr drei Kinder: Laura (1968), Augusto (1973) und Giuseppe (1974). Während der Schulzeit war der in Bobingen geborene Gusti, wie ihn Freunde nennen, bei den Großeltern in Italien; die Ferien verbrachte er in Deutschland, „aber die Eltern hatten natürlich wenig Zeit und ich habe meine Kindheit als ziemliches Durcheinander zwischen den Kulturen empfunden“.

    Seinen erlernten Traumberuf als Elektriker hat Augusto Lazzaris nie ausgeübt, weil ihn als 17-Jähriger die Möglichkeit faszinierte, im Unternehmen der Eltern gutes Geld zu verdienen und dabei viele Menschen kennenzulernen. So arbeitet er nun schon seit 22 Jahren als geprüfter Speiseeishersteller in Bobingen, wo er das elterliche Eiscafé 2006 zusammen mit seiner Frau Nadine übernahm. Er hatte sie vier Jahre zuvor in Brasilien kennengelernt, wo auch der heute achtjährige Sohn Jonas geboren ist.

    Bobinger Eisdiele bietet gut 25 Sorten an

    Jonas und sein jüngerer Bruder Matteo, ein gebürtiger Italiener, müssen heute nicht mehr zwischen zwei Welten pendeln, sondern sind in der dritten Generation voll in Bobingen integriert. „Bei einer Arbeitszeit von hundert und mehr Stunden in der Woche habe ich während der Saison leider nicht immer genügend Zeit für die Kinder“, bedauert Augusto. So kümmert sich in erster Linie seine Frau um die beiden Söhne und das tägliche Mittagessen für die acht fest angestellten Mitarbeiter. „So ein 15-Stunden-Tag ist ziemlich anstrengend“, räumt der 39-Jährige ein, „ich trinke viel Espresso und bin abends oft ganz schön geschafft!“ Zeit zur Muße und für ein normales Familienleben gibt es erst während der Winterpause vom 21. Oktober bis Februar, „dann wird alles erledigt, wofür jetzt keine Zeit bleibt, vom Arzt- oder Kinobesuch bis zu Ausflügen mit unseren Kindern“. Kann der Eiskonditor seine eigenen Produkte überhaupt genießen? „Auf jeden Fall“, versichert er, „am liebsten mag ich fior di latte (= das Herz der Milch)“. Insgesamt sind mehr als zwei Dutzend verschiedene Eissorten im Angebot, auf der Karte stehen rund hundert Kreationen –alles ohne Konservierungsstoffe und mit frischen Früchten. „Wenn die Leute vom Urlaub aus dem Ausland zurückkommen, verlangen sie oft etwas, das dort gerade im Trend ist“, berichtet er; dann wird so lange experimentiert und getestet, bis das neue Eis auch in Bobingen erhältlich ist. Ein solches Leben zu führen, sei Einstellungssache, meint Augusto. „Alles richtet sich nach der Wettervorhersage; ich bin mehrmals am Tag im Internet, um zu schauen, wie es morgen wird.“

    Ob künftig einmal die dritte Lazzaris-Generation in Bobingen Eis produzieren wird, ist noch unklar: „Das dauert noch ein paar Jahre, aber schön wär’s schon!“, sagt Augusto Lazzaris und eilt davon, damit die Eistheke für den nächsten Ansturm gefüllt ist.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden