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Schwabmünchen: Sind die Menschen in der Corona-Pandemie weniger kriminell?

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Sind die Menschen in der Corona-Pandemie weniger kriminell?

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    Entgegen der Erwartung in der Corona-Pandemie verzeichnete die Polizei 2020 weniger häusliche Gewalt als noch im Jahr 2019.
    Entgegen der Erwartung in der Corona-Pandemie verzeichnete die Polizei 2020 weniger häusliche Gewalt als noch im Jahr 2019. Foto: Alexander Kaya (Symbolbild)

    Wie sicher ist es in unserer Region? Antworten auf diese Frage liefert jedes Jahr die Kriminalstatistik der Polizei. Nun gibt es auch Zahlen für das Jahr 2020 aus dem Bereich der Polizeiinspektion Schwabmünchen, der die Stadt Schwabmünchen, die umliegenden Gemeinden, die Lechfeldgemeinden und einige Orte aus den Stauden umfasst. Der Leiter der Inspektion, Gernot Hasmüller, hat die Zahlen genau unter die Lupe genommen.

    Gewaltkriminalität hat sich kaum verändert

    Dass die erfassten Straftaten zurückgingen, ist wenig überraschend. Aus geschlossenen Geschäften kann man schlecht klauen, in geschlossenen Diskotheken nicht schlägern. Auf der anderen Seite hätte man möglicherweise eine Steigerung der häuslichen Gewalt erwarten können. Homeschooling bei gleichzeitigem Homeoffice in teils kleinen Wohnungen belastet das Nervenkostüm und kann zur Zerreißprobe für Familien werden. Doch die Zahlen sagen anderes. Sie sind deutlich rückläufig. Problematisch bleiben weiterhin Betrügereien im Internet und am Telefon. Oft betroffen davon sind Senioren.

    Folgende Punkte sind in der Statistik besonders interessant, in Klammer stehen zum Vergleich die Zahlen aus dem Vorjahr 2019.

    Die wichtigsten Entwicklungen in der Kriminalitätsstatistik

    Aufklärungsquote: Sie lag bei 67,8 Prozent (2019: 73 Prozent), also ein Minus von 5,2 Prozent. Im Vergleich: Das Polizeipräsidium Schwaben Nord hat eine Aufklärungsquote von 71,3 Prozent und in Bayern liegt sie bei 66,4 Prozent. Damit gehört unsere Region zu einer der sichersten in Deutschland.

    Kriminalitätshäufigkeitszahl: Diese Zahl berechnet somit die Straftaten auf 100.000 Einwohner. Während sie 2019 bei 2777 Punkten lag, liegt sie im Jahr 2020 bei 2552. Zum Vergleich: Bayern hat 4291, das Präsidium Schwaben Nord 3968.

    Täter: Von den 686 (2019: 771) ermittelten Tatverdächtigen waren 527 (587) männlich (76,8 %), 159 (184) weiblich (23,2 %) und 200 (197) nichtdeutsche (29,2 %). Das Alter der Tatverdächtigen splittet sich wie folgt: 22 (42) Kinder unter 14 Jahren, 72 (82) Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren, 71 (76) Heranwachsende zwischen 18 und 20 Jahren und 521 (571) Erwachsene ab 21 Jahre.

    Alkoholeinfluss: Jeder zehnteder Tatverdächtigen stand unter Alkoholeinfluss. Im Vorjahr waren es noch knapp 15 Prozent.

    Die auffälligsten Straftatenbereiche: Bei der Gewaltkriminalität (Raub; gefährliche und schwere Körperverletzungen) blieb die Zahl nahezu gleich bei 47 (46) Delikten. Der Bereich der Straßenkriminalität verzeichnet mit 197 (177) Delikten ein Plus von zehn Prozent. Hierzu zählen Körperverletzungen auf der Straße (16 Fälle) und Sachbeschädigungen an Kraftfahrzeugen (65 Fälle). Der Straßendiebstahl ist mit 65 (84) Fällen rückläufig. Die Diebstahlsdelikte insgesamt (Taschen-, Laden-, Fahrrad-, Auto-Diebstahl) sind mit 215 (268) Fällen um knapp 25 Prozent gefallen. Beinhaltet sind hier auch 32 (40) Fahrraddiebstähle. Hervorzuheben sind 20 statt 29 Diebstähle aus/an Kraftfahrzeugen.

    Polizei Schwabmünchen verzeichnet weniger Wohnungseinbrüche

    Der für das subjektive Sicherheitsempfinden der Bürger wichtige Wohnungseinbruchsdiebstahl (2017 noch 30 Fälle) sank auf 19 Fälle, trotzdem wieder fünf mehr als 2019. "Es empfiehlt sich weiterhin den technischen Schutz an Fenstern und Terrassen-, Keller-, aber auch Haustüren zu verbessern, wachsam zu sein, auch für die umliegenden Nachbarn, bei verdächtigen Wahrnehmungen sofort die „110“ zu wählen und wenn möglich, auch Personen beschreiben zu können und notierte Fahrzeugkennzeichen durchzugeben. Wir sind rund um die Uhr“ erreichbar und einsatzbereit", sagt Hasmüller. Insgesamt hat sich dieses für die Polizei so wichtige schnelle „Meldeverhalten“ der Bevölkerung, zum Beispiel bei verdächtigen Bettlern an der Haustüre oder sonst auffälligen Personen, die eventuell Örtlichkeiten auskundschaften, bewährt. Hasmüllers Tipp: "Lassen Sie keine Fenster oder Türen gekippt, wenn die Wohnung verlassen wird."

    Bei den Beleidigungen sind 95 (111) Fälle zu verzeichnen. Die Anzahl der einfachen Körperverletzungen ist auf 137 (174) gefallen.

    Senioren sollen sensibel mit Daten umgehen

    Beim Betrug, bei Vermögens- und Fälschungsdelikten einschließlich Cybercrime-Delikte lag die Zahl bei 276 (314). Die Aufklärungsquote liegt in diesen drei Bereichen bei 94,6 Prozent. "Etliche Fälle bleiben natürlich im Dunkelfeld, sprich sie werden nicht gemeldet, weil sich die Opfer schämen oder meinen, dass nichts dabei herauskommt", sagt Gernot Hasmüller. Gerade im Zusammenhang mit der Nutzung des Internets und dem normalen Telefonanschluss könne die Polizei feststellen, dass Daten ausgespäht werden und Computersabotage mit dem Ziel der Bereicherung betrieben wird. "Es ist wieder darauf hinzuweisen, dass mit Ausweisen, Kreditkarten, Passwörtern und allgemeinen persönlichen Daten äußerst sensibel umgegangen werden muss. Fast täglich wird von unserer Präventionsdienststelle über die Medien vor den unterschiedlichen Maschen der Täter wie Enkeltrick, falsche Polizeibeamte, Callcenter-Betrug oder falsche Gewinnversprechen gewarnt", so der Schwabmünchner Polizei-Chef. Er rät insbesondere Senioren, die Telefonnummern und ihre Namen aus den öffentlich zugänglichen Telefonverzeichnissen, zumindest im Internet, über den jeweiligen Anbieter herauszunehmen. "Nahe Angehörige und gute Bekannte wissen die Nummer und fremde Personen brauchen sie nicht zu kennen", so Hasmüller.

    Rauschgiftkriminalität: Hier ist mit 100 (113) Delikten ein geringes Minus um 13 Fälle festzustellen. Das Betäubungsmittel Cannabis (Marihuana) spielt dabei am häufigsten eine Rolle, aber auch Kokain und Amphetamine wie Ecstasy wurden aufgefunden. 28 Mal konnte Handel nachgewiesen werden. Unter den insgesamt 82 Tatverdächtigen waren ein Kind, 13 Jugendliche, 27 Heranwachsende und 41 Erwachsene. Aus dem Dienstbereich der Polizeiinspektion Schwabmünchen wurden in den vergangenen Jahren gegen einige Rauschgifthändler mehrjährige Freiheitsstrafen durch die Gerichte verhängt.

    Die Diskothek PM ist normalerweise ein Einsatz-Hotspot

    Mit der größten Diskothek Bayerns hat hier normalerweise die Polizei Schwabmünchen an Wochenenden einen Einsatzschwerpunkt. Während die Diskothek im Jahr 2019 noch 102 Mal angefahren werden musste, waren es 2020 nur noch 27 Einsätze. Damit überschritten in den ersten beiden Monaten in 2020 die Polizeieinsätze im und rund ums PM das Vorjahresniveau. Anfang März dann, als aufgrund von Corona die Diskothek schließen musste, gingen die Zahlen auf null zurück. "In 2020 gab es hier wieder nur eine Widerstandshandlung gegen Polizeibeamte, was nicht zuletzt dem besonnenen und professionellen Vorgehen unserer Kolleginnen und Kollegen zu verdanken ist", ist sich Hasmüller sicher. Nach Renovierungsarbeiten soll die Diskothek wieder eröffnet werden, wenn das Infektionsschutzgesetz dies zulässt. "Allerdings hat der Betreiber ein geändertes Konzept in Form einer Strandbar als Außengastronomie angekündigt. Inwieweit das dann Einfluss auf die polizeilichen Einsatzzahlen hat, lässt sich nicht vorhersagen", so Hasmüller.

    Verteilung der Straftaten nach Orten: (alphabetisch sortiert) Graben 109 (116), Großaitingen 98 (117), Hiltenfingen 39 (31), Kleinaitingen 36 (33), Klosterlechfeld 51 (50), Langenneufnach 42 (50) , Langerringen 35 (85), Mickhausen 31 (10), Mittelneufnach 12 (12), Scherstetten 17 (8), Schwabmünchen 488 (533), Untermeitingen 226 (230) ohne Disco „PM“ 170 (161), Walkertshofen 16 (10).

    Sonstige polizeiliche Aufgaben und Einsätze: 59 Mal – und damit 19 Mal weniger als 2019 - wurde die Schwabmünchner Polizei zu Fällen der „Häuslichen Gewalt“ (physische und psychische Gewalt zwischen Ex-/Ehe- und Lebenspartnern) gerufen. 36 davon waren deutsche Staatsangehörige. Diese Einsätze gehören zu den schwierigsten polizeilichen Aufgaben, nicht zuletzt wegen der oft hohen Aggressivität der Beteiligten und der emotionsgeladenen Atmosphäre, bei der häufig auch Alkohol im Spiel ist. 39 Mal, fünf Mal öfter als 2019 mussten Personen von der Polizei aufgrund psychischer Ausnahmesituationen (Eigen- oder Fremdgefährlichkeit) zwangsweise im Bezirkskrankenhaus untergebracht werden.

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