Seinen 60. Geburtstag hatte sich Peter Schöffel anders vorgestellt. Wegen Corona bleibt dem Schwabmünchner Unternehmer nur eine Feier im engsten Familienkreis. Im Interview spricht er über seine derzeitigen Sorgen, die Zukunft seiner Firma und darüber, wie die Krise auch neue Chancen eröffnet.
Stört es Sie, 60 Jahre alt zu sein?
Peter Schöffel: Nein. Ich habe mit meinem Alter nicht das geringste Problem. Man ist nur so alt, wie man sich fühlt. Ich genieße meine mir inzwischen erarbeitete Lebenserfahrung und schätze es sehr, wie gut es mir und meiner Familie geht. So darf es gern weitergehen. Ich bin froh, in Deutschland und in Schwabmünchen zu leben.
Was ist Ihnen derzeit am wichtigsten?
Schöffel: Ich habe mein Leben immer, auch jetzt, auf drei Beine gestellt, ohne Wertung der Reihenfolge: Familie und soziales Umfeld, das Unternehmen und ich selbst. So wird es auch bleiben. Natürlich ist die Gesundheit das wichtigste Gut. Und: Ich werde auf gar keinen Fall dem deutschen Jammerklub beitreten.
Was halten Sie für Ihr schönstes und schlimmstes Erlebnis?
Schöffel: Die Geburt unserer Kinder empfinde ich noch immer als tiefes Glück. Andererseits vermisse ich meinen Vater sehr. Er geht mir stets durch den Kopf, leitet mich bei meinen Führungsaufgaben. Er war mit sich im Reinen, nahm die täglichen Herausforderungen gerne an. Wir hatten ein prima Vater-Sohn-Verhältnis, auch geschäftlich. Das halte ich mit meinen Kindern ebenso.
Da sind wir bei der Firma. Haben Sie das Thema Nachfolge schon geregelt?
Schöffel: Schon seit einigen Jahren. Das war relativ einfach: Unsere Tochter Johanna will nicht die komplette Firmenverantwortung übernehmen, unser Sohn Jakob auf jeden Fall. Johanna (25 Jahre) hat gerade ihren Master in Personalwesen absolviert, arbeitete immer in unserer Firma und wird sich wohl auch in ihrem Bereich bei uns einbringen. Jakob (22 Jahre) hat, abgesehen von wenigen Ferienjobs, nie bei uns gearbeitet. Er wollte immer in die Welt hinaus, absolvierte seinen Bachelor in Betriebswirtschaft in der Schweiz, will seinen Master in internationalem Management in Portugal machen und etwa in sechs Jahren die Firma übernehmen. Er ist nebenbei schon im Beirat bei uns. Das ist eine perfekte Ausgangssituation für einen reibungslosen Wechsel.
Wann wollen Sie sich zurückziehen?
Schöffel: Ich werde es wie mein Vater handhaben. Beizeiten übergeben und unterstützend tätig sein. Ich habe eine sehr gute Führungsmannschaft. Somit kann ich das Tagesgeschäft ihr überlassen. Meine Maxime lautet jetzt schon: Ich will am Unternehmen, weniger in ihm arbeiten. Heißt: Ich muss nicht alles selbst machen. Ich kümmere mich um die Weiterentwicklung der ältesten familiengeführten Outdoor-Firma der Welt. Sie entstand 1804. Zusammenhänge verstehen, Aufgaben erkennen und andere machen lassen. Das ist es. Die Weichen für die Zukunft sind gestellt. Das ist ein großes Geschenk.
Wie sieht Ihre Zukunftsplanung aus?
Schöffel: Wir haben gerade erst eine Zehnjahresstrategie verabschiedet. Ein riesiges Thema ist zum Beispiel die Digitalisierung des Vertriebs. Dann wollen wir uns neben den bisher bestehenden Märkten auf das Russland- und China-Geschäft konzentrieren, wo das Skifahren boomt. Schon eingeläutet ist die noch breitere Produktvielfalt. Erst dieser Tage haben wir eine neue Fahrradkollektion auf den Markt gebracht.
Das klingt alles sehr gut. Hatten Sie denn mit Corona keine Probleme?
Schöffel: Doch, herausfordernde. Die gesamte Winterkollektion Ski 2020 ruht unverkauft in den Läden, muss also nächste Saison mit der neuen Kollektion verkauft werden. Das ist ein harter Schlag, wirft uns aber nicht um. Teile unserer Mannschaft in Schwabmünchen (200 Mitarbeiter) mussten in Kurzarbeit, aber niemand wurde entlassen. Wir müssen an die Reserven gehen, das ist hart. Aber meine Vorgänger haben wirtschaftlich zwei Weltkriege überlebt. Dann werden wir diese Pandemie ebenfalls bewältigen. Ich sehe auch eine Chance in all den Problemen.
Wie funktioniert das?
Schöffel: Wir haben trotz Corona Vollgas weitergearbeitet, über neue Strategien nachgedacht. Wir sind derzeit Passagier, nicht Pilot. Das nervt. Aber wer jetzt richtig handelt, wird für die massiven Veränderungen der Zukunft gerüstet sein. Die brutale Auslese der kommenden Jahre bei Firmen birgt Chancen, die wir ergreifen. Jammern hilft nicht. Wir meistern die Krise.
Wie haben Sie privat die Corona-Zeit empfunden und gelebt?
Schöffel: Beruhigend war, dass ich 13 Monate in keinem Flieger mehr gesessen bin, super runterfahren konnte und ruhiger geworden bin. Nicht so schön war, dass so mancher seinen negativen Charakter in Extremsituationen der Krise gezeigt hat. Auch fehlen mir die privaten und geschäftlichen Kontakte weltweit. Menschen erleben, das ist einfach wichtig. Wie habe ich mich mit meiner Familie verhalten? Wir hielten uns streng an die Vorgaben des Staates, gingen viel mit den Hunden spazieren, haben im Garten Gemüse angebaut, uns auf uns konzentriert und viel nachgedacht.
Können Sie trotz der Probleme durch die Pandemie gut schlafen?
Schöffel: Ich habe eine wunderbare Gabe von meiner Mutter vererbt bekommen: Ich kann Probleme einfach wegschlafen.
Wie feiern Sie Ihren Geburtstag?
Schöffel: So, wie es sich in diesen Zeiten gehört, auch wenn es irritierend ist: spazieren gehen, kochen und feiern im engsten Familienkreis. Ich hätte gerne ein schönes Fest gemacht, auch in der Firma. Dort gebe ich jetzt eben eine Brotzeit aus, und wir holen alles nach.
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