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Foto: Norbert Staub (Archivbild)
Foto: Norbert Staub (Archivbild)

Mehr als 30 Jahre war Kornelia Kowalczuk als Pflegefachkraft in der Wertachklinik Schwabmünchen tätig - zuletzt als Leiterin des Pflegebereichs. Die Corona-Krise stellte die 61-Jährige vor zahlreiche neue Herausforderungen. Nun geht Kowalczuk in Altersteilzeit.

Schwabmünchen
06.03.2021

Pflege im Krankenhaus: "Corona hat Probleme offensichtlicher gemacht"

Von Felicitas Lachmayr

Kornelia Kowalczuk hat zwölf Jahre den Pflegebereich an der Wertachklinik in Schwabmünchen geleitet. Kurz vor ihrem Ruhestand änderte Corona viel.

Mehr als 30 Jahre hat Kornelia Kowalczuk als Pflegefachkraft in der Wertachklinik Schwabmünchen gearbeitet - zuletzt als Bereichsleiterin in der Pflege. Nun hat sich die 62-jährige Schwabmünchnerin in die Altersteilzeit verabschiedet. Im Interview erklärt sie, was sich am Berufsbild verändert hat, woran die Pflege immer noch krankt und wie sie das Corona-Jahr erlebt hat.

Frau Kowalczuk, haben Sie sich ihr letztes Berufsjahr so vorgestellt?

Kornelia Kowalczuk: Nein, mit dieser Herausforderung habe ich nicht gerechnet. Die Corona-Krise hat uns allen viel Neues abverlangt. Es war ein anstrengendes Jahr, das uns gefordert hat, aber auch die Zusammenarbeit gestärkt hat.

Was waren die größten Schwierigkeiten?

Kowalczuk: Wir mussten unsere Arbeitsabläufe komplett umstrukturieren, Dienstpläne anpassen, Sicherheitskonzepte erstellen, Schulungen geben, aufklären und immer wieder neue Vorgaben umsetzen. Es war eine täglich Herausforderung, das alles zu kommunizieren und zu organisieren, um die Versorgung aller Patienten sicherzustellen.

Was ist von der Anerkennung geblieben, die Pflegekräfte zu Beginn der Krise erfahren haben?

Kowalczuk: Die Wertschätzung während der ersten Welle war enorm. Diese Aufmerksamkeit und Unterstützung hat nachgelassen. Das mag auch daran liegen, dass die Pandemie inzwischen an allen zehrt, sowohl beruflich wie im Privaten. Aber in den Wertachkliniken wurde die Wertschätzung beibehalten. Die Beschäftigten haben meinen vollen Respekt, denn sie leisten Hervorragendes.

Hat die Corona-Krise die Situation in der Pflege verschärft?

Kowalczuk: Sicherlich. Die Pandemie hat viele Probleme offensichtlicher gemacht, die vorher schon da waren. Jetzt hängt es an der Politik, zu reagieren und langfristig etwas zu ändern.

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Foto: Doris Wiedemann
Foto: Doris Wiedemann

Mit Abstand und Maske verabschiedeten sich Klinikvorstand Martin Gösele (Mitte) und der Ärztliche Direktor Dr. Michael Küchle (rechts) von ihrer langjährigen Mitarbeiterin und Pflegebereichsleiterin Kornelia Kowalczuk.

Glauben Sie noch daran?

Kowalczuk: Ja, ich hoffe es. Es wurden schon oft Versprechungen gemacht. Jetzt liegt es daran, diese umzusetzen.

Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, was würden Sie als Erstes angehen?

Kowalczuk: Das Personalproblem. Schon vor 20 Jahren hatten wir zu wenig Mitarbeiter. Der Beruf muss wieder attraktiver gestaltet werden, um mehr Menschen dafür zu begeistern und kompetentes Personal zu halten. Pflegende leisten Tag für Tag Außerordentliches. Es wird ihnen körperlich, emotional und fachlich viel abverlangt. Die Bedingungen müssen verbessert werden.

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Wie könnte der Beruf attraktiver werden?

Kowalczuk: Bei der Bezahlung ist sicherlich noch Luft nach oben. Genauso wichtig wäre es, die Arbeitsbedingungen zu verbessern, beispielsweise in Form von verbindlichen Dienstplänen, Reduzierung der hohen Arbeitsbelastung, neue Arbeitszeitmodelle, Verbesserung der Strukturen und Prozesse.

Sie arbeiten seit mehr als 30 Jahren in der Pflege. Warum haben Sie sich damals für den Beruf entschieden?

Kowalczuk: Ich wollte mit Menschen zusammenarbeiten, sei es im Team oder am Patienten. Ich bin in einer Großfamilie aufgewachsen. Als ältestes von sieben Kindern habe ich früh mitgeholfen und organisiert. Das hat wahrscheinlich dazu beigetragen.

Wie hat sich ihre Arbeit im Laufe der Jahre verändert?

Kowalczuk: Die Arbeitsbelastung ist durch höhere Patientenzahl und kürzere Verweildauer gestiegen. Neue Hygienestandards, Pflegemethoden und Konzepte sowie eine umfangreiche Dokumentation haben die Arbeit verändert. Auch die technischen Hilfsmittel haben sich stark weiterentwickelt. Durch Zusatzqualifikationen und Studiengänge sind neue Berufsbilder entstanden.

Gibt es Bereiche, in denen das besonders zum Tragen kommt?

Kowalczuk: Diese Weiterentwicklung ist in allen Bereichen spürbar, insbesondere in der Dokumentation der Pflege, Therapie und Behandlung. Dahinter steht ein hoher Aufwand, der die Pflegekräfte belastet und Zeit kostet. Gefühlt wird mehr geschrieben als am Patienten gearbeitet.

Inwiefern hat sich das Berufsbild als solches verändert?

Kowalczuk: Die fachliche Kompetenz ist umfassender. Das spiegelt sich auch in der Ausbildung wider. Wer heute einen Pflegeberuf erlernt, ist hochqualifiziert. Viele Pflegekräfte haben Zusatzausbildungen und sich spezialisiert.

Was schätzen Sie an Ihrem Beruf besonders?

Kowalczuk: Die Arbeit in einem großen Team. Man ist in ständigem Austausch mit Experten aus unterschiedlichen Arbeitsbereichen und lernt täglich hinzu. Man respektiert und unterstützt die Arbeit des anderen und trägt einen Teil zur Besserungen der Prozesse bei. Die Corona-Krise hat uns dahingehend noch stärker zusammenarbeiten lassen.

Gab es besonders erfüllende Momente in ihrem Berufsleben?

Kowalczuk: Die Gespräche mit Patienten waren für mich immer bereichernd. Es ist ein schönes Gefühl, Vertrauen aufzubauen und auch in schwierigen Momenten mal gemeinsam zu lachen. Ich habe viel Dankbarkeit von Patienten und Angehörigen erfahren. Bei all den Problemen wird oft vergessen, wie toll der Pflegeberuf sein kann.

Freuen Sie sich jetzt auf den Ruhestand?

Kowalczuk: Richtig abschalten kann ich noch nicht, aber ich freue mich auf mehr Zeit mit meiner Familie und im Garten. Vielleicht engagiere ich mich ehrenamtlich. Aber erstmal genieße ich die Ruhe nach den anstrengenden letzten Jahren.

Nehmen Sie auch etwas Positives aus der Krise mit?

Kowalczuk: Corona hat uns alle verändert. Ich habe das Gefühl, dass die Menschen aufmerksamer sind und die Ängste und Unsicherheiten des anderen respektieren. Wenn wir weiter vorsichtig sind und aufeinander aufpassen, werden wir die Krise gemeinsam überstehen.

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