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Schwabmünchen: „Die Politik steckt in einer Vertrauenskrise“

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„Die Politik steckt in einer Vertrauenskrise“

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    Markus Rinderspacher rechnet mit einem Rücktritt Horst Seehofers noch vor der Landtagswahl.
    Markus Rinderspacher rechnet mit einem Rücktritt Horst Seehofers noch vor der Landtagswahl. Foto: Elmar Knöchel

    Markus Rinderspacher ist ehemaliger Fernsehjournalist und seit 2008 im bayerischen Landtag. Seit 2009 übt er das Amt des SPD-Fraktionsvorsitzenden aus.

    Nach der Wahl ist vor der Wahl. Fällt es Ihnen schwer, nach dem anstrengenden Bundestagswahlkampf sofort wieder in den Landtagswahlkampf für 2018 einzusteigen?

    Markus Rinderspacher: Ein kurzes Durchschnaufen war natürlich da. Doch jetzt gilt es erst einmal das Wahlergebnis insgesamt und natürlich das der SPD im speziellen, zu analysieren und die richtigen Schlüsse zu ziehen. Die deutsche Politik insgesamt steckt in einer Vertrauenskrise. Darauf müssen alle demokratischen Parteien reagieren. Wir müssen Gesprächsbereitschaft demonstrieren und wieder mehr auf die Sorgen und Wünsche der Menschen im Land eingehen. Nur so können wir der Gefahr von Rechts begegnen.

    Was verspricht man sich von einer Veranstaltung wie dem jugendpolitischen Empfang von Seiten der Partei?

    Rinderspacher: Gerade auch die jungen Menschen müssen wir mit ins Boot holen. Dazu bieten sich Veranstaltungen wie der „jugendpolitische Empfang“ von Gastgeber Herbert Woerlein an. Es ist für uns Politiker sehr wichtig, gerade auch mit jungen Menschen ins Gespräch zu kommen. Nur so können wir von deren Sorgen und Wünschen erfahren und auch darauf eingehen.

    SPD lehnt Cyberkampagnen ab

    Gibt es spezielle Strategien, um junge Wähler anzusprechen?

    Rinderspacher: Natürlich nutzen wir die sozialen Netzwerke, um mit jungen Menschen in Kontakt zu kommen. Allerdings lehnt die SPD Cyberkampagnen im amerikanischen Stil ab. Wir setzen weiterhin auf das Gespräch und den persönlichen Kontakt mit den Menschen. Auch deshalb bin ich heute hier. Natürlich ist das nicht immer einfach. Bayern ist ein großes Bundesland und die SPD-Fraktion stellt gerade mal 42 Landtagsabgeordnete. Da sind natürlich Grenzen gesetzt.

    Die SPD in Bayern ist nicht gerade erfolgsverwöhnt. Stellt sich da auch Schadenfreude ein, wenn man auf das Abschneiden der CSU bei der Bundestagswahl schaut?

    Rinderspacher: Es muss schon erlaubt sein darauf hinzuweisen, dass die CSU das schlechteste Ergebnis bei einer Bundestagswahl seit, ich glaube 1949, eingefahren hat. Für Schadenfreude ist da allerdings kein Platz. Denn dazu ist unser eigenes Ergebnis zu schlecht. Wir müssen leider feststellen, dass Freiheitsliebe und das Bekenntnis zur Demokratie auch in Bayern auf dem Rückzug sind. Es steht zu befürchten, dass auch in Bayern autoritäre Kräfte erstarken. Dem müssen wir uns entgegenstellen.

    Zu emotionaler Schlagabtausch

    Sie sprechen immer wieder von der Gefahr von Rechts. Wurden im Umgang mit der AfD Fehler gemacht? Und wenn ja, welche?

    Rinderspacher: Wir haben uns zu sehr in einen emotionalen Schlagabtausch verstricken lassen. Im Wahlkampf sind Emotionen natürlich wichtig. Aber Debatten über Burkaverbot und Obergrenzen waren in keiner Weise zielführend. Diese Themen wurden vom politischen Gegner künstlich am Laufen gehalten, um nicht über die wirklichen Probleme reden zu müssen. Wenn sie in ihrem Heimatort spazieren gehen, wie viele Burkaträgerinnen begegnen Ihnen da? Und was hilft es einer alleinerziehenden Mutter, die sich mit einem befristeten Arbeitsvertrag nach dem anderen über Wasser halten muss und kaum noch bezahlbaren Wohnraum findet, wenn wir ein Burkaverbot einführen? Somit haben wir es der AfD leicht gemacht, indem wir ihnen hauptsächlich mit Emotion und zu wenig mit sachlicher Debatte entgegengetreten sind. Das müssen wir ändern.

    Wenn sie auf die anstehende Landtagswahl schauen, wer wäre ihnen als Gegner lieber? Ein angeschlagener Horst Seehofer oder ein ungestümer Markus Söder?

    Rinderspacher: Die Standard-Antwort eines Fußballers wäre jetzt wohl: Man muss mit jedem Gegner zurechtkommen. Aber in diesem Fall macht das für uns wirklich keinen Unterschied. Denn Markus Söder ist letztlich nichts anderes als ein Horst Seehofer in jung. Aber trotzdem rechne ich fest mit einem Rücktritt Seehofers noch vor der Landtagswahl.

    Im Bundestag erleben wir momentan ein Gerangel um die Sitzordnung, das stark an einen Kindergarten erinnert. Angenommen die AfD würde in den Landtag einziehen, wäre es dann im Landtag genauso?

    Rinderspacher: Kurze und knappe Antwort: ja. Es will einfach niemand neben den Mitgliedern der AfD sitzen. Aber noch haben wir Zeit, um zu verhindern, dass wir uns in diese Lage bringen.

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