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Schwabmünchen: Daniel (2) hat nur einen Herzenswunsch zu Weihnachten

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Daniel (2) hat nur einen Herzenswunsch zu Weihnachten

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    Daniel wartet seit mehr als einem Jahr auf ein Spenderherz. Ein zwei Meter langer Schlauch, der direkt in seinen Brustkorb führt, verbindet ihn mit dem Kunstherz.  
    Daniel wartet seit mehr als einem Jahr auf ein Spenderherz. Ein zwei Meter langer Schlauch, der direkt in seinen Brustkorb führt, verbindet ihn mit dem Kunstherz.   Foto: Carmen Janzen

    Da sitzt der kleine Daniel auf einem winzigen Holzstuhl vor seinem kleinen Spieltisch mit einem Spielzeugauto in der Hand in einem geschätzt 17 Quadratmeter großen Krankenhauszimmer im neunten Stock des Uniklinikums Großhadern in der Kinderkardiologie. Seit knapp 400 Tagen ist diese Station seine Heimat – und die von Mutter Diana Dietrich. Viel mehr als dieses Zimmer und den Flur bekommt der Kleine mittlerweile kaum mehr zu Gesicht, seit er an einer großen Maschine hängt, die sein Herz unterstützt.

    Daniel feiert fünf Tage vor Weihnachten seinen zweiten Geburtstag. Seit mehr als einem Jahr ist er schwer krank und liegt im Klinikum. Er hat eine dilatative Kardiomyopathie. Klingt so schlimm, wie es ist. Dabei handelt es sich um einen Herzfehler. Der linke Herzmuskel, insbesondere die Herzkammer, ist stark erweitert. Eine seltene Erkrankung. Nur eines von einer Million Kindern wird mit dieser Krankheit geboren. Ein Schock für die Eltern: „Wir haben viel geweint, wollten es gar nicht wahrhaben. Ich habe mich oft gefragt, warum ausgerechnet Daniel? Wir haben doch nichts falsch gemacht und der Kleine erst recht nicht“, sagt Diana Dietrich.

    Seit fast 400 Tagen liegt Daniel im Krankenhaus. Mutter Diana versucht alles Menschenmögliche, um den kleinen Patienten zu beschäftigen.
    Seit fast 400 Tagen liegt Daniel im Krankenhaus. Mutter Diana versucht alles Menschenmögliche, um den kleinen Patienten zu beschäftigen. Foto: Carmen Janzen

    Ein Spenderherz lässt schon lange auf sich warten

    Medikamente bringen keine Besserung bei Daniel. Die letzte Behandlungsmöglichkeit ist eine Transplantation. Doch ein geeignetes Spenderherz lässt schon lange auf sich warten. Jeden Tag könnte es soweit sein. Vielleicht schon morgen oder erst in 20 Monaten. Niemand weiß es. Die durchschnittliche Wartezeit beträgt zwischen einem und drei Jahren. Bei manchen geht es schneller, einige warten auch viel länger.

    Als Daniel am 23. Oktober 2018 mit gerade einmal zehn Monaten erstmals nach Großhadern kommt, warten vier weitere Kinder dort auf ein Herz. Alle haben seitdem eines bekommen, nur für Daniel war noch kein passendes dabei. Viele Faktoren, wie die Blutgruppe und die Größe des Organs, entscheiden darüber, ob ein Patient ein Spenderherz zugeteilt bekommt. Etwa 30 bis 35 Kinderherzen werden pro Jahr in Deutschland transplantiert.

    Das ist Daniels künstliches Herz - das "Berlin Heart". Er wartet seit mehr als einem Jahr auf ein Spenderherz. Diese Maschine, die so groß ist wie ein Kühlschrank, hält ihn seit Februar 2019 am Leben.
    Das ist Daniels künstliches Herz - das "Berlin Heart". Er wartet seit mehr als einem Jahr auf ein Spenderherz. Diese Maschine, die so groß ist wie ein Kühlschrank, hält ihn seit Februar 2019 am Leben. Foto: Carmen Janzen

    Drei Mal ist Daniel mittlerweile operiert worden. Ohne Erfolg. Sein Herz ist schwach. Zu schwach, um den Zweijährigen zuverlässig am Leben zu erhalten. Seit Februar übernimmt das eine monströse Maschine namens „Berlin Heart“. Sie unterstützt das kleine Herz. Ein Schlauch ragt aus diesem ratternden Kasten. Er führt zu Daniels Brustkorb und direkt in sein Herz. Etwa zwei Meter ist der Schlauch lang, das ist der Radius, den der Bub noch zur Verfügung hat. Mehr Bewegungsfreiheit ist nicht.

    Anfangs war das kein großes Problem. Aber Daniel kann jetzt laufen. „Der Kleine wird immer mobiler“, sagt Diana Dietrich und Daniel stellt das bei unserem Besuch direkt unter Beweis. Er steht auf, seine Mutter beobachtet jede Bewegung. Er läuft ein drei vier tapsige Schritte, dann ist Schluss. Diana setzt ihn wieder auf den kleinen Holzstuhl. Er lässt sein Spielzeugauto flitzen, doch hinterhersausen und es wieder holen, kann er nicht. Mama übernimmt das. Dann pustet sie Seifenblasen. Daniel staunt. Aber auch ihnen kann er nicht hinterjagen wie andere Kinder seines Alters das tun würden.

    Der kleine Daniel erträgt die Situation erstaunlich gelassen

    Mindestens zwölf Stunden am Tag ist die 36 Jahre alte Diana Dietrich bei ihrem Sohn und versucht alles Menschenmögliche, um ihn zu beschäftigen. „Er erträgt das alles erstaunlich gelassen, obwohl er ja quasi an diese Maschine angekettet ist – und ich mit. Kinder brauchen ihre Eltern, ein liebevolles und stabiles Umfeld, dann kommen sie mit vielen Dingen klar“, sagt sie. Eine große Abneigung habe sie anfangs gegen das „Berlin Heart“ gehabt. Doch es sei die einzige Möglichkeit, die Daniel hilft, die ungewisse Zeitspanne bis zur Transplantation zu überbrücken.

    Der Blick aus dem neunten Stock der Uniklinik Großhadern nach draußen ist zwar traumhaft, doch seit knapp 400 Tagen spielt sich Daniels Leben auf 17 Quadratmetern ab.
    Der Blick aus dem neunten Stock der Uniklinik Großhadern nach draußen ist zwar traumhaft, doch seit knapp 400 Tagen spielt sich Daniels Leben auf 17 Quadratmetern ab. Foto: Carmen Janzen

    Allerdings hat die Pumpmaschine den Charme und die Größe eines Kühlschranks. Gut 100 Kilogramm wiegt das künstliche Herz von Daniel. Es steht auf einer Holzkiste mit Rädern, oben ist ein Kindersitz festgezurrt. Beides Marke Eigenbau. So ist es Diana Dietrich zumindest möglich, mit ihrem Sohn kurz vor die Zimmertüre zu gehen beziehungsweise zu rollen. Ausflüge oder längere Spaziergänge sind nicht möglich. Der Akku hält maximal 30 Minuten, dann muss der Pumpkasten wieder an die Steckdose. Das Leben der Beiden findet hauptsächlich im Krankenhauszimmer statt. Die Mutter versucht dem sterilen Raum ein wenig Gemütlichkeit und Kinderzimmer-Flair einzuhauchen. Am Infusionsgestänge hängen bunte Girlanden, an den Garderobenhaken Stofftiere, an der Zimmerdecke Luftballons. Neben Medikamenten und Desinfektionsmitteln stehen zwei Adventskalender, an der Wand kleben Fotos und auf dem Boden stehen ein paar Kisten voller Spielzeug. Damit beschäftigt sich Daniel den ganzen Tag über, bis der Vater am Abend zu Besuch kommt. Er schaut jeden Tag nach der Arbeit für zwei Stunden und am Wochenende bei Daniel im Krankenhaus vorbei. Dann hat auch Diana mal ein klein wenig Zeit für sich. „Für Daniel ist es unheimlich wichtig, nicht nur ständig Mama zu sehen. Es tut ihm richtig gut, wenn der Papa da ist. Dann blüht er auf.“

    Seit knapp 400 Tagen ist das Klinikum Großhadern Daniels Heimat.
    Seit knapp 400 Tagen ist das Klinikum Großhadern Daniels Heimat. Foto: Carmen Janzen

    Mutter Diana engagiert sich für die Organspende

    Die Eltern übernachten gemeinsam im Haus der Ronald-Mc-Donald-Stiftung direkt neben dem Krankenhaus, um möglichst nah bei Daniel zu sein. Zuhause in Schwabmünchen sind sie höchsten mal, um frische Kleidung zu holen. Und wenn Diana doch mal aus dem Krankenhaus raus kommt, dann engagiert sie sich für die Organspende, klärt über die Aktion „Herzbube Daniel“ auf, verteilt tausende Organspendeausweise, hält Vorträge wie kürzlich in Untermeitingen und bestückt täglich die sozialen Netzwerke mit aktuellen Informationen rund um die Organspende und ihren Sohn.

    "Unser Tag X wird kommen"

    Aber diese Abwechslung ist selten. Diana will so viel Zeit wie möglich mit Daniel verbringen. Auch Weihnachten feiern die Eltern heuer zum ersten Mal im Krankenhaus bei Daniel, vergangenes Jahr durften die Drei zumindest über die Feiertage noch nach Hause. Heuer ist das nicht mehr möglich. Ein kleiner mit Kugeln geschmückter Christbaum steht bereits auf dem Tisch im Patientenzimmer. An Heilig Abend kommt die Oma und bringt leckeres Essen mit. Die Station wird von den Klinikmitarbeitern weihnachtlich geschmückt. Trotzdem wird es in einem Krankenhaus wohl nie so heimelig wie im eigenen Haus. An materielle Geschenke denkt Diana nicht im Geringsten, ihre Wünsche sind klitzeklein und momentan doch unerfüllbar: „Ich würde so gerne mit meinem Sohn mal in der Badewanne sitzen, Autofahren, oder einfach nur daheim auf dem Sofa kuscheln. Es sind die normalen alltäglichen Dinge. Genau darauf freue ich mich wie Bolle“, sagt sie. Um das aber möglich zu machen, muss ihr Herzenswunsch in Erfüllung gehen: ein Spenderherz für ihren Sohn. Die Eltern hoffen auf ein Weihnachtswunder. Und Diana ist sicher: „Unser Tag X wird kommen.“

    Spenden Wer den kleinen Daniel unterstützen möchte oder Diana Dietrichs Organspende-Engagement, kann auf folgendes Konto spenden: Daniel Dietrich, Kreissparkasse Augsburg IBAN DE88 7205 0101 0030 8078 38

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