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Religion: Wer will heute noch Mesner werden?

Religion

Wer will heute noch Mesner werden?

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    Ante Tomic nimmt im März seinen Dienst als Mesner in Steppach auf. Wie er sagt, ist das kein Job – es ist ein Dienst, der besondere Fähigkeiten voraussetzt.
    Ante Tomic nimmt im März seinen Dienst als Mesner in Steppach auf. Wie er sagt, ist das kein Job – es ist ein Dienst, der besondere Fähigkeiten voraussetzt. Foto: Marcus Merk

    Augsburg Gottesdienste vorbereiten, Kirche schmücken, Glocken läuten – Rita Engel hat das immer gerne gemacht. Acht Jahre war sie Mesnerin in Schwabegg, nun hört die 70-Jährige aus Altersgründen auf. Wer nach ihr den Dienst in der Kirche übernimmt, ist ungewiss. Seit Wochen ist die Stelle ausgeschrieben, doch eine Nachfolge ist nicht in Sicht. Ein Problem, vor dem Pfarrgemeinden im

    Die Suche nach einem Mesner kann Wochen oder Monate dauern, weiß Klaus Probst, Diözesanleiter des Mesnerverbandes Augsburg. Zwar könnten die Stellen meist ohne große Lücke nachbesetzt werden. Entscheidend sei das persönliche Umwerben der Kandidaten durch den Pfarrer. Doch gerade bei nebenamtlichen Mesnern sei die Suche nicht ganz einfach, teilt Probst mit. Denn viele würden sich davor scheuen, jeden Sonn- und Feiertag arbeiten zu müssen.

    Das kann Christian Weh, Verwaltungsleiter der Pfarreiengemeinschaft Schwabmünchen, bestätigen. Die Mesnerstelle in Schwabegg umfasst etwa neun Stunden in der Woche. Zwar hätten sich einige Helfer gefunden, die einzelne Dienste übernehmen würden. Aber niemand möchte das Amt fest antreten. Weh überlegt deshalb, ein Mesnerteam zu bilden. Auch Alexandra Spiel vom Schwabmünchner Pfarrbüro sagt: „Viele sind sich nicht bewusst, was es heißt, Mesner zu sein.“ Erst bei genauerem Nachfragen werde klar, welche Aufgaben mit dem Amt verbunden sind – von der Vorbereitung der Gottesdienste über die Betreuung von Ministranten bis zur Pflege der Außenanlagen.

    Auch Rita Engel war anfangs überrascht, wie umfangreich die Arbeit ist. „Ich habe schnell gemerkt, dass mir nicht langweilig wird“, sagt die 70-Jährige. Positiv sei, dass man sich die Zeit selbst einteilen kann. „Außerdem gibt es keinen schöneren Arbeitsplatz als bei Gott“, findet Engel, die schon als Kind ihren Großvater und damaligen Mesner in die Kirche nach Langenneufnach begleitet hat. „Ohne Herzblut geht das nicht“, ist Engel überzeugt.

    Wie viele Mesner derzeit im Landkreis Augsburg arbeiten, kann Klaus Probst vom Mesnerverband nicht sagen. Eine zentrale Erfassung gibt es nicht, der Verband ist auf die Hilfe vor Ort angewiesen. Ehrenamtliche würden oft nicht erfasst. Probst schätzt, dass momentan etwa 350 bis 400 Mesner im Augsburger Land tätig sind, 80 bis 90 davon hauptamtlich. Die meisten würden das Amt bis zur Pensionierung ausüben. Daraus ergeben sich oft lange Dienstzeiten von bis zu 60 Jahren.

    Auf wie viele Jahre es Ante Tomic einmal bringen wird, ist noch völlig offen. Der 40-Jährige steht in der leeren Kirche der Pfarrei St. Raphael in Steppach und fühlt sich wohl an seinem neuen Arbeitsplatz. Ab März wird er hier seinen Dienst als Mesner aufnehmen. Vor vier Jahren ist Tomic mit seiner Familie nach Deutschland gezogen. In seiner Heimat Bosnien war er Chef in einem Altersheim. Aber das war nicht seine Berufung, wie er sagt.

    Die katholische Religion war in seiner Familie immer schon tief verankert. „Bei uns war es völlig normal, jeden Sonntag in die Messe zu gehen. Das ganze Dorf konnte man dort treffen“, berichtet Tomic. Als Kind habe er den Traum gehabt, dem Franziskaner-Orden beizutreten. Zu seinen Schul- und Studienzeiten wohnte er in einem Kloster. „Das war für mich die beste Zeit“, sagt der angehende Mesner. Nach seinem Theologiestudium wollte er eine Familie gründen. Er trat aus dem Kloster aus, zog nach Kroatien, später mit seiner Frau zurück nach Bosnien, wo er in einem Altersheim arbeitete.

    Doch er wollte seinen Glauben zum Beruf machen und seinen drei Kindern eine bessere Zukunft ermöglichen. „Die politische Situation in Bosnien war schwierig, immer mehr junge Menschen haben das Land verlassen“, sagt er. So kam er 2016 mit seiner Familie nach Deutschland und begann ein Praktikum als Pastoralmitarbeiter.

    Im März fängt er als hauptamtlicher Mesner in Steppach an. „Das ist kein Job, sondern ein Dienst. Den muss man im Herzen tragen“, sagt Tomic. Man brauche viel Verständnis für die Liturgie, die Menschen und deren unterschiedliche Zugänge zum Glauben. Außerdem schätzt er die flexiblen Arbeitszeiten, denn so ließen sich Arbeit und Familie gut vereinbaren.

    Für die Pfarreiengemeinschaft Neusäß dürfte Tomic ein echter Glücksgriff sein. Denn hauptamtliche Mesner sind zwar einfacher zu finden, weiß Probst vom Mesnerverband. Doch die Qualität müsse stimmen. Die zunehmende Säkularisierung der Gesellschaft sei ein Problem. Bei der Suche nach Mesnern, die das Amt nebenberuflich ausfüllen, sind es vor allem die Arbeitszeiten, die viele Bewerber abschrecken. Daraus hat sich ein neuer Trend entwickelt. So werden nach Angaben von Probst immer häufiger Mesnerteams angestellt, damit nicht einer an allen Sonn- und Feiertagen arbeiten muss. Ein solches Team könnte bald auch in Schwabegg gebildet werden. Dadurch nimmt die Zahl der Mesner insgesamt zu.

    Waren es in der Diözese Augsburg vor zehn Jahren noch etwa 1800 Mesner, sind es Probst zufolge derzeit etwas mehr als 2000. Wie viel ein Mesner arbeitet, hängt von der Anzahl der Gottesdienste, der Größe der Kirche und den jeweiligen Aufgaben ab. Es reicht von einer Stunde in der Woche bis hin zur Vollbeschäftigung mit 39 Stunden, erklärt Probst. Bezahlt werden Mesner übrigens ganz regulär gemäß ihres Stundenumfangs nach den Regeln des Arbeitsvertragsrechts der bayerischen Diözesen.

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