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Lesung: Eilen und verweilen

Lesung

Eilen und verweilen

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    Richard Reisch (von links), Cynthia Matuszewski und Albert Schmid (von links) lasen in der Schwabmünchner Bücherei Geschichten.
    Richard Reisch (von links), Cynthia Matuszewski und Albert Schmid (von links) lasen in der Schwabmünchner Bücherei Geschichten. Foto: Ivanka Williams-Fuhr

    „Höchste Eisenbahn!“, so haben Cynthia Matuszewski, Richard Reisch und Albert Schmid ihre bereits 15. Lesung in der Schwabmünchner Bücherei betitelt, bei der wunderbare Geschichten aus alten und neuen Büchern, aber auch Gedichte und Balladen erzählt wurden. „Mit der Eisenbahn hat der Abend aber eigentlich nichts zu tun“, sagt Albert Schmid, ehemaliger Inhaber der gleichnamigen Buchhandlung in der Fuggerstraße, zu Beginn. „Es geht mehr um die Definition von Zeit, um Eilen und Verweilen.“ Die drei Akteure haben kurz auch überlegt, das Lied „Auf der Schwäbischen Eisenbahn“ zu intonieren, davon aber dann doch Abstand genommen. Ob die Entscheidung mit dem Bahnstreik zusammen hängt, ist nicht bekannt. Jazzgitarrist Karlheinz Hornung hat die Lesung mit gefühlvoll klingenden Tönen begleitet. Die Bücherei war voll besetzt.

    Der Berliner Journalist, Schriftsteller und Verleger Adolf Glaßbrenner (1810 bis 1876) erklärt Schmid, gilt als Urheber der Redewendung „Höchste Eisenbahn“. Glaßbrenner ist zwar mittlerweile in Vergessenheit geraten, das Zitat aus seinem Lustspiel „Ein Heiratsantrag in der Niederwallstraße“ über den zerstreuten Briefträger Bornike, der andauernd seine Sätze durcheinanderbrachte, setzte sich aber fest ins kollektive Gedächtnis. „Bornike wollte eigentlich sagen: ‚Es ist höchste Zeit, die Eisenbahn ist schon angekommen‘“, sagt Schmid. „Stattdessen greift er zu der Formulierung: ‚Es ist höchste Eisenbahn, die Zeit ist schon angekommen.‘“ Dass es für alle, die Lesungen mit Journalistin Cynthia Matuszewski, Germanist Richard Reisch und Buchhändler Albert Schmid noch nicht erlebt haben, „höchste Eisenbahn“ ist, bei der nächsten Veranstaltung vorbeizuschauen, machte der Abend wieder mal mehr als deutlich.

    Die Vorleseabende mit dem quirligen Trio finden schon seit fünf Jahren regelmäßig in der Stadtbücherei statt, jetzt bereits schon zum 15. Mal. Initiator ist Richard Reisch, „bei ein bis zwei Flaschen Rotwein ist die Idee ausgereift, dann kam Cynthia Matuszewski dazu“, die „Seriöseste in der Runde“, schmunzelt Albert Schmid. „Wir haben über die Bücherauswahl ganz verschiedene Sichtweise“, sagt Matuszewski. Männer, Frauen, Landschaft, Wetter, Familie oder Essen haben die drei bereits aus unterschiedlichen Blickwinkeln bei ihren Lesungen betrachtet. „Und es gibt noch 100000 Themen, die aufgegriffen werden können“, fügt Schmid hinzu. „Bei mir muss es immer ein Happy End geben“, erzählt Matuszewski. „Albert Schmid bevorzugt eher Literatur, in der es erst auf Abwegen zum Thema kommt.“ Und Richard Reisch? „Ich bin Beamter“, sagt der Germanist. „Ich nehme alles wörtlich. Wenn beispielsweise der Titel der Lesung ,Höchste Eisenbahn‘ heißt, suche ich natürlich ein Buch aus, wo auch die Eisenbahn eine Rolle spielt.“

    Der Leseabend begann mit dem Gedicht von Louise von Plönnies „Auf der Eisenbahn“ und den Balladen von Johann Wolfgang von Goethe „Erlkönig“ und Theodor Fontane „John Maynard“. Auszüge aus Romanen, Erzählungen und Geschichten von Christian Kracht („Imperium), Jörg Thadeusz („Rette mich ein bisschen“), Sarah Kirsch (Merkwürdiges Beispiel weiblicher Entschlossenheit“), Martin Sutter („Die Zeit, die Zeit“), Daniel Glattauer („Geschenkt“) und Horst Evers („Für Eile fehlt mir die Zeit“) folgen. Sie alle machten Lust auf das Weiterlesen.

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