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Landkreis Augsburg: Warum sind die Corona-Zahlen im Süden niedriger als im Augsburger Land?

Landkreis Augsburg

Warum sind die Corona-Zahlen im Süden niedriger als im Augsburger Land?

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    Im Landkreis Landsberg sind die Biergärten schon seit einer Woche auf. In Kaufering kam am vergangenen Montag Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger, um die Saison mit Kommunalpolitikern aus der Region zu eröffnen.
    Im Landkreis Landsberg sind die Biergärten schon seit einer Woche auf. In Kaufering kam am vergangenen Montag Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger, um die Saison mit Kommunalpolitikern aus der Region zu eröffnen. Foto: Julian Leitenstorfer

    Während im Nachbarlandkreis Landsberg seit mehr als einer Woche Biergärten und Cafés wieder geöffnet sind, müssen sich die Menschen im Augsburger Land gedulden. Am vergangenen Sonntag lag die Sieben-Tage-Inzidenz erstmals mit 93,3 seit längerer Zeit wieder unter 100. Fünf Tage in Folge muss sie unter 100 bleiben, ehe am übernächsten Tag Lockerungen in Kraft treten. Die Außengastronomie würde also frühestens am kommenden Samstag, 22. Mai, wieder öffnen dürfen – vorausgesetzt, der Wert bleibt bis dahin stabil oder sinkt.

    Warum hat der Landkreis Landsberg so niedrige Corona-Zahlen?

    Die Landsberger sind dank besserer Inzidenzwerte schon einen Schritt weiter. Dort liegt der Wert seit mehreren Tagen unter der Marke von 50, sodass man sich dort in den nächsten Tagen mit einem befreundeten Paar im Café treffen darf, ohne einen negativen Test vorzeigen zu müssen - natürlich immer unter der Voraussetzung, dass die Zahlen nicht wieder steigen.

    Schon seit Wochen ist der Inzidenzwert im Nachbarlandkreis besser. Doch woran liegt das? Wolfgang Müller, Pressesprecher des Landratsamtes Landsberg, hat eine Erklärung: "Wir investieren viel Zeit und Personal in die Kontaktnachverfolgung, und das ist wahrscheinlich der Grund, weshalb wir im Landkreis Landsberg relativ gut dastehen."

    Landsberg: "Contact-Tracing-Team" verfolgt Corona-Kontakte

    Die Landsberger leisten sich ein "Contact-Tracing-Team" (CCT), um die Kontakte der Infizierten nachzuverfolgen. Bis zu 50 Männer und Frauen sind dort beschäftigt. "Das Personal kommt aus den Reihen der Bundeswehr, wir haben eigens dafür Leute eingestellt, aber auch Mitarbeiter wie die Schwimmmeister, die jetzt nicht arbeiten können, dort eingebunden."

    Rund 100.000 Telefonate hat das Team geführt, um Ansteckungswege nachzuverfolgen und zu unterbinden. "In den Zeiten, in denen die Zahlen sehr hoch lagen, haben wir bis 22 Uhr den Leuten hinterhertelefoniert, da sind die Mitarbeiter des CCT sehr engagiert. Das ist schon ein extremer Aufwand, aber ich denke, es hat sich gelohnt", so Wolfgang Müller.

    Allerdings räumt der Sprecher des Landratsamtes ein, dass man in Landsberg auch Glück gehabt habe: "Wir hatten keinen großen Ausbruch wie zum Beispiel im benachbarten Buchloe, wo sich in einen Fleischbetrieb sehr viele Menschen infiziert hatten." Möglicherweise spiele es auch eine Rolle, dass sich die Menschen im Raum Landsberg sehr diszipliniert verhalten, so Müller. Am Impffortschritt aber liegt es sicher nicht, denn da liegt der Kreis Landsberg sogar leicht unter dem bundesweiten Durchschnitt.

    Auch im Augsburger Land gibt es ein Team zur Kontaktnachverfolgung

    Das Augsburger Land hat ebenfalls ein größeres Team zur Kontaktnachverfolgung am Start: Hier sind momentan 45 Mitarbeiter eingesetzt. "Die Kontaktpersonenermittlung ist – wie in sämtlichen Kreisverwaltungsbehörden – auch im Landratsamt Augsburg seit den Anfängen der Pandemie ein zentrales Mittel zu deren Eindämmung", sagt Jens Reitlinger, Pressesprecher des Landratsamts Augsburg.

    Das Gesundheitsamt habe sich hierfür stets dynamisch an die veränderliche Lage angepasst: "In den Hochphasen der Pandemie wurde das Stammpersonal zusätzlich von internen Kräften anderer Fachbereiche des Landratsamts verstärkt, übergangsweise helfen Mitarbeiter anderer Behörden sowie Kräfte von Bundeswehr und Polizei mit aus. Dadurch wird gewährleistet, dass die Kontaktpersonenermittlung im Landkreis Augsburg tagesaktuell erfolgen kann." Nach dem Abflachen einer Welle sei die Personaldecke jeweils wieder entsprechend reduziert worden.

    Nähe zu Augsburg könnte Corona-Zahlen nach oben treiben

    Woran könnte es dann aber trotz eines großen Teams zur Kontaktnachverfolgung liegen, dass die Inzidenz hier höher ist als bei den Nachbarn in Landsberg? "Da bewegen wir uns im spekulativen Bereich", sagt Jens Reitlinger: "Es könnte die Nähe zur Großstadt Augsburg, in der die Inzidenz meist höher ist, eine Rolle spielen, weil viele Menschen aus dem Augsburger Land dorthin pendeln." Vergleicht man den Landkreis Augsburg mit weiteren Nachbarkreisen (siehe Karte), belegt er einen Platz im vorderen Mittelfeld. Ländlicher geprägte Kreise wie Günzburg oder das Unterallgäu haben höhere Inzidenzen.

    Doch woher kommen diese Unterschiede? Eine allgemeingültige Erklärung hierfür hat auch Thorsten Lehr nicht. Der 43-Jährige ist Professor für Klinische Pharmazie an der Universität des Saarlandes und betreibt federführend den "Covid-19-Simulator" im Internet, der den Corona-Verlauf vorherzusagen versucht. "Es gibt viele Dinge, die wir in Sachen Corona-Pandemie noch nicht wissen. Die Frage, wie die starken lokalen Differenzen zustande kommen, gehört dazu", sagt er.

    "Auf die Forschung wartet noch viel Arbeit"

    Eine wichtige Infektionsquelle sei immer noch der Arbeitsplatz: "Wenn Sie an einem Ort viel produzierendes Gewerbe haben, wo Homeoffice nicht möglich ist, dann kann das schon eine Rolle spielen. Aber einfache Erklärungen gibt es in den meisten Fällen nicht. Wir wissen noch viel zu wenig darüber, wo die Kontakte stattfinden."

    Er nennt als Beispiel die Schulen: "Es kann ja auch sein, dass sich Kinder gar nicht in der Schule, sondern auf dem Weg dorthin in Bussen anstecken. Da wartet noch viel Arbeit auf die Forschung, die aber auch wichtig ist, denn das Thema Corona wird uns wohl auch noch weiter beschäftigen", so Lehr.

    Unser Kommentar zum Thema:

    Es gibt noch viel zu tun in Sachen Corona-Forschung

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