Er soll auf seinen jüngeren Bruder eingetreten, zur Machete gegriffen und Pfefferspray gegen ihn eingesetzt haben. Dafür saß ein 30-Jähriger aus dem südlichen Landkreis nun auf der Anklagebank. Der Vorwurf: gefährliche Körperverletzung und Misshandlung mittels einer Waffe.
Der Angeklagte widersprach dem Vorwurf der Staatsanwaltschaft. Er behauptete, im Dezember vergangenen Jahres von seinem Bruder angegriffen worden zu sein und aus Notwehr gehandelt zu haben. Sein Verteidiger verwies auf die „ungewöhnliche Vorgeschichte“ des Vorfalls. So sei der Bruder des Angeklagten wegen einer psychischen Erkrankung zuvor bereits mehrfach auffällig geworden. Bei einem Urlaub in der Türkei sei er mit dem Messer auf den Vater losgegangen und kurzzeitig in psychiatrischer Behandlung gewesen. Die verbalen und körperlichen Aussetzer gingen weiter, weshalb die Familie mehrmals die Polizei rief.
Vorfall im Kreis Augsburg: Bruder war immer wieder aggressiv
Die Schwester des Angeklagten bestätigte dies. Sie habe immer wieder erlebt, wie ihr jüngerer Bruder aggressiv wurde – auch als sie im Dezember vergangenen Jahres die Familie besuchte. „Wir saßen am Tisch. Plötzlich ist er aufgestanden und wollte auf mich losgehen“, sagte sie. Voller Angst sei sie aus der Wohnung gelaufen und habe sich draußen versteckt.
Im Treppenhaus kam es dann zur Rangelei zwischen den Brüdern. Zwei Nachbarn hatten die Auseinandersetzung beobachtet. Eine Anwohnerin erklärte, der jüngere Bruder habe auf dem Boden gelegen, während der andere dreimal leicht nach ihm trat. Dabei habe er einen metallischen Gegenstand in der Hand gehabt.
Nachbar ist sich sicher: Es war eine Machete
Entgegen der Behauptung des Angeklagten, es habe sich um einen Schuhlöffel gehandelt, war sich ein anderer Nachbar sicher: Der 30-Jährige fuchtelte mit einer Machete herum. Dass er Pfefferspray gegen seinen Bruder eingesetzt hatte, räumte der Angeklagte ein. Bei einer Wohnungsdurchsuchung entdeckten Polizeibeamten sowohl die Pfefferspraydose als auch die Machete. Der jüngere Bruder erschien in Begleitung eines gesetzlichen Betreuers, wollte aber nicht aussagen. Stattdessen kam der Vater mithilfe eines Dolmetschers zu Wort. Er habe die Polizei gerufen, damit seinem jüngeren Sohn geholfen wird und dieser in psychiatrische Behandlung kommt und nicht, damit sein älterer Sohn vor Gericht landet, erklärte der Vater. Doch weil seine Angaben stark von den anderen Aussagen abwichen, wurde er aus dem Zeugenstand entlassen. Nicht ohne eine Mahnung von Staatsanwältin Gudrun Wagner: „Wenn das so weitergeht, muss ich ein Verfahren wegen Falschaussage einleiten.“
Prozess in Augsburg: Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung
Für Wagner bestand kein Zweifel, dass sich der 30-Jährige der Körperverletzung strafbar gemacht hatte. Seine Angaben seien durch die Aussagen der Zeugen teilweise widerlegt worden. Sie forderte eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten ohne Bewährung. Anders sah das der Verteidiger. Ihm zufolge hatte der Angeklagte aus Notwehr zum Pfefferspray gegriffen. Weil der Bruder durch die Tritte keine Verletzungen erlitten hatte, sah er darin keine Körperverletzung und beantragte Freispruch.
Richter Andreas Kraus folgte der Einschätzung der Staatsanwaltschaft. Zwar habe sich der Angeklagte zuvor nie etwas zuschulden kommen lassen. Auch die häufigen Aussetzer des jüngeren Bruders und die damit verbundene psychische Belastung für die Familie gelte es zu berücksichtigen. Dennoch stehe fest, dass der 30-Jährige nicht aus Notwehr gehandelt habe. Kraus verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und setzte diese zur Bewährung aus. Zudem muss der Mann 80 Sozialstunden leisten.
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