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Landkreis Augsburg: Corona im Kreis Augsburg: Pflegeheime am Limit, Intensivstationen voll

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Corona im Kreis Augsburg: Pflegeheime am Limit, Intensivstationen voll

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    In sieben Pflegeeinrichtungen im Landkreis wurden Coronafälle registriert. Insgesamt sind 74 Bewohner infiziert. Am schwersten betroffen ist das Haus Raphael in Schwabmünchen.
    In sieben Pflegeeinrichtungen im Landkreis wurden Coronafälle registriert. Insgesamt sind 74 Bewohner infiziert. Am schwersten betroffen ist das Haus Raphael in Schwabmünchen. Foto: dpa (Symbolbild)

    Nach dem massiven Corona-Ausbruch im Schwabmünchner Seniorenzentrum Haus Raphael ist die Lage weiter schwierig. Nach Angaben von Einrichtungsleiter Andreas Claus sind inzwischen 28 Bewohner an Corona erkrankt, sieben Senioren mit teils schweren Vorerkrankungen sind seit Mittwoch verstorben. „Wir sind entsetzt, mit welcher Macht Covid-19 so viele Senioren aus dem Leben reißt“, sagt Claus.

    Inzwischen sind auch 17 Mitarbeiter – davon 14 Pflegekräfte – infiziert oder zeigen typische Symptome. Weil sie ausfielen, drohte bereits vergangene Woche eine Unterversorgung im Heim. Landrat Martin Sailer startete deshalb einen Hilferuf – mit Erfolg. Rund 15 Freiwillige aus dem Pflegebereich haben sich bei Regina Mayer, Leiterin des Fachbereichs Senioren im Landratsamt, gemeldet.

    Auch bei Andreas Claus gingen seit Freitag mehrere Anrufe ein. "Sechs Helfer aus dem Pflegebereich haben sich gemeldet, die sofort einspringen können und uns in nächster Zeit unterstützen", sagt der Einrichtungsleiter. Mit ihrer Hilfe ließe sich die Versorgung im Haus stabilisieren. Auch Menschen im Bereich der Hauswirtschaft und Versorgung hätten ihre Unterstützung angeboten. "Es ist eine kleine Erleichterung in einer sehr bedrückenden Situation", sagt Claus.

    In sieben Pflegeeinrichtungen im Landkreis Augsburg gibt es Corona-Fälle

    Der Einrichtungsleiter ist dankbar für den Aufruf des Landratsamts. Denn die Mitarbeiter im Haus Raphael seien am Limit, die körperliche und psychische Belastung enorm. Trotz des Ausnahmezustands wolle man die Bewohner würdevoll versorgen. Sowohl für die Senioren als auch für die Mitarbeiter gebe es psychologische und seelsorgerische Hilfe vor Ort.

    Das Schwabmünchner Seniorenzentrum ist derzeit am schwersten vom Coronavirus betroffen. Doch auch in anderen Einrichtungen im Landkreis häufen sich die Fälle. In sieben der insgesamt 25 Altenpflegeeinrichtungen wurden mittlerweile Corona-Infektionen gemeldet. Nach Angaben von Regina Mayer, Leiterin des Fachbereichs Senioren im Landratsamt, sind aktuell 74 der rund 1900 Bewohner infiziert. Seit dem ersten Ausbruch im Pflegeheim am Lohwald in Neusäß Ende Oktober seien landkreisweit 18 Bewohner am Coronavirus verstorben.

    Auch die personelle Situation macht den Einrichtungen zu schaffen. Immerhin sind landkreisweit aktuell rund 40 Mitarbeit an Covid-19 erkrankt. Einen weiteren Hilferuf wie in Schwabmünchen habe es bislang aber nicht gegeben. "In den meisten Häusern lassen sich die Engpässe noch auffangen. Aber wenn der Anteil der Erkrankten am Gesamtpersonal zu hoch ist, bricht das System zusammen", sagt Mayer.

    Die Intensivstationen an den Wertachkliniken sind voll

    Auch an den Wertachkliniken wird die Lage immer brenzliger, denn die Intensivstationen sind voll. In Bobingen gibt es sechs Intensivbetten. Derzeit liegen vier Corona-Patienten auf der Station, von denen drei beatmet werden müssen. "Weil die Beatmeten aber sehr intensive Pflege benötigen, sind wir hier ausgelastet", sagt Martin Gösele, Vorstand der Wertachkliniken.

    Nicht besser sieht es in Schwabmünchen aus. Hier sind alle sechs Intensivbetten belegt, vier Patienten müssen beatmet werden, wobei einer nicht am Coronavirus erkrankt ist. "Wir sind in beiden Häusern in den Intensivstationen am Limit", sagt Gösele. Auf den anderen Stationen liegen in Schwabmünchen 17 und in Bobingen fünf Patienten. "Hier ist die Zahl auf hohem Niveau stabil, während sie in den Intensivstationen angestiegen ist", sagt der Klinikchef. Vor allem das Personal auf den Intensivstationen leiste seit Wochen Außergewöhnliches.

    Doch was passiert, wenn weitere Corona-Patienten Intensivpflege benötigen? "Dann müssen wir erst schauen, ob es in anderen Häusern noch Kapazitäten gibt", sagt Gösele. "Wenn das nicht der Fall ist, müssen wir unsere Kapazitäten erhöhen, indem wir beispielsweise noch den Aufwachraum nutzen."

    Hilferuf des Landrats Sailer soll personelle Engpässe verhindern

    Ein Problem in Krankenhäusern ist auch, dass sich das Personal mit Corona infizieren könnte. Hier sieht es in den Wertachkliniken relativ gut aus. "Mir ist im Intensivbereich kein Corona-Fall bekannt, und auch sonst halten sich die Ausfälle in Grenzen", sagt Gösele. Er hofft, dass möglichst bald seine Mitarbeiter geimpft werden können: "Wir sind gerade dabei, ein Konzept zu erarbeiten, dass Impfungen unseres Personals vor Ort, also in Bobingen und Schwabmünchen, vorsieht."

    Um die Personalsituation in den Pflegeeinrichtungen zu entschärfen, setzt man beim Landratsamt erst einmal auf schnelle Hilfe. Mit dem Hilferuf soll langfristig ein Pool an Freiwilligen generiert werden, aus dem die Heimaufsicht im akuten Bedarfsfall Kräfte an Einrichtungen vermitteln kann.

    Corona: Mit Katastrophenfall steht ein bayernweiter Helferpool zur Verfügung

    Ab Mittwoch gilt in Bayern der Katastrophenfall. Auch das könnte sich positiv auf die Personalsituation auswirken. Denn wie Regina Mayer erklärt: "Damit erhalten wir Zugang zu den Daten aus dem bayernweiten Pflegepool." Dieser wurde im März eingerichtet, um Personalengpässe in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen zu verhindern. Doch der Einsatz der Freiwilligen entfiel mit dem Ende des Katastrophenfalls Mitte Juni.

    "Für uns war das nicht nachvollziehbar", sagt Mayer. Denn damit konnte das Landratsamt trotz des Corona-Ausbruchs im Schwabmünchner Haus Raphael nicht auf Helfer aus dem bayernweiten Pool zurückgreifen. Das könnte sich nun ändern. Ob zusätzliche Helfer nach dem landkreisweiten Aufruf benötigt werden, bleibt abzuwarten. "Wir sind auf einem guten Weg, aber die Situation ist weiterhin angespannt", sagt Mayer. Das Virus sei unberechenbar und die zweite Welle noch lange nicht vorbei. "Ein Ausbruch wie in Schwabmünchen ist jeden Tag in jedem anderem Heim möglich."

    Helferpool Pflegekräfte, ehemalige Zivildienstleistende aus dem Pflegebereich oder Absolventen eines freiwilligen sozialen Jahres können sich beim Landratsamt melden. Regina Mayer, Leiterin des Fachbereichs Senioren, ist per Mail an fqa@LRA-a.bayern.de und unter der Nummer 0821/3102-2484 erreichbar.

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