Wenn Arzthelferin Sophia May morgens in die Praxis kommt, hat sie einen stressigen Tag vor sich. Denn seit die Corona-Zahlen im Landkreis in die Höhe schnellen, steht das Telefon im Ärztezentrum in Untermeitingen nicht mehr still. Patientinnen und Patienten wollen ihre Impfung auffrischen oder sich erstmals spritzen lassen. Manche hatten Kontakt zu Infizierten und brauchen einen PCR-Test. Wieder andere müssen zur Vorsorgeuntersuchung oder sitzen mit einer Erkältung im Wartezimmer.
"Wir werden überrannt", sagt May. "Die Situation ist schlimmer als je zuvor." Als Arzthelferin und Erstkraft ist sie für die Praxisorganisation zuständig. Mit ihren Kolleginnen versucht sie, allen Anfragen gerecht zu werden, doch das Team kommt kaum noch hinterher. "Es ist wie im Call-Center, zwei von uns sind nur damit beschäftigt, Anrufe entgegenzunehmen", sagt May. Während der offenen Sprechstunde gehen sie inzwischen kaum noch ans Telefon, weil sonst die Zeit für die Patienten fehlt.
Arzthelferinnen kommen an ihre Belastungsgrenze
Bis vor Kurzem war es ruhig um die Impfung. Nur knapp 20 Dosen in der Woche wurden im Ärztezentrum verabreicht. Doch mittlerweile sind es 250 Spritzen. Rund 50 davon gehen an Menschen, die sich zum ersten Mal impfen lassen, darunter viele Jüngere, erklärt May. Der Rest sind Booster-Impfungen. Insgesamt wurden rund 4000 Menschen im Ärztezentrum in Untermeitingen vollständig geimpft. Mit sechs Hausärzten und drei zusätzlichen Spezialisten zählt die Einrichtung zu den größten ihrer Art im Landkreis.
"Der Andrang ist enorm", sagt die Arzthelferin. Für kommende Woche hat sie 400 Impfdosen bestellt. Noch gibt es freie Termine, doch sie werden schnell weg sein, sagt May und unterbricht kurz: Ein Impfling hat abgesagt, sie muss den Termin anderweitig vergeben. Ansonsten könnte der Impfstoff verfallen. In einer Ampulle Biontech stecken sechs Impfdosen, die zeitnah verabreicht werden müssen.
May selbst ist dreifach geimpft wie die meisten ihrer Kolleginnen und Kollegen im Ärztezentrum. Sie ist überzeugt: "Wer sich nicht impfen lässt, riskiert eine schwere Corona-Erkrankung und gefährdet andere." Doch für ihre Arbeit wünscht sie sich manchmal mehr Verständnis. "Wir sind weder ein Test- noch Impfzentrum", sagt May. "Wir stemmen das alles zusätzlich zu unserer normalen Arbeit." All die Überstunden abzubauen sei nicht möglich. "Wir kommen an unsere Belastungsgrenze", sagt May.
Hausarzt appelliert: "Wer einen Impftermin hat, muss ihn wahrnehmen."
Auch bei Sebastian Lochbrunner in Schwabmünchen häufen sich die Anfragen. Jeden Mittwoch bietet der Hausarzt Corona-Impfungen an, etwa zwei Drittel seien Auffrischungsimpfungen. "Wir versuchen, jedem Impfwilligen einen Termin zu geben", sagt Lochbrunner. Denn auch er ist überzeugt: "Wir bekommen die Pandemie nur in den Griff, wenn sich mehr Menschen impfen lassen." Er plädiert deshalb klar für eine Impfpflicht.
Immer wieder würden Skeptiker zu ihm kommen. Deren Argumente seien inhaltslos und wissenschaftlich nicht fundiert. "Ich versuche sie zu überzeugen", sagt Lochbrunner. "Das kostet viel Zeit und ist nicht immer fruchtbar." Trotzdem ist er froh über jeden Patienten, den er erreicht. Lochbrunner hatte sich selbst im März 2020 bei einer Patientin angesteckt.. Auch von den Impfwilligen fordert er mehr Disziplin: "Wer einen Termin hat, muss ihn wahrnehmen." Es könne nicht sein, dass Impfdosen weggeworfen werden, weil jemand einfach nicht zum Termin erscheint.
Für Praxen bedeuten Corona-Impfungen einen erheblichen Mehraufwand
Sandra Öhling führt mit ihrem Mann drei Praxen in Klosterlechfeld, Graben und Kaufering. Seit die 2G-Regel im Landkreis gilt, ist die Nachfrage nach Impfungen auch bei ihnen gestiegen. Die meisten seien Booster-Impfungen, sagt Öhling. Doch einige würden sich auch zum ersten Mal impfen lassen. Gerade bei jüngeren Menschen wachse die Bereitschaft.
Insgesamt wurden an den drei Standorten rund 10.000 Spritzen verabreicht, schätzt Öhling. Das Personal wurde aufgestockt, denn die Corona-Impfungen seien mit erheblichem Mehraufwand verbunden, erklärt Öhling. "Aber wir nehmen die Belastung in Kauf, denn die Impfungen sind der einzige Weg aus der Pandemie." Täglich werden in den drei Praxen Impfungen angeboten. Dass Termine nicht eingehalten werden, erlebe sie selten.