Das Augsburger Amtsgericht hat gestern einen 69-jährigen Geschäftsführer wegen fehlerhafter Installation in seiner Gewerbehalle verurteilt. Der Unternehmer aus dem südlichen Landkreis muss 37.400 Euro Strafe bezahlen, weil er über viele Jahre hinweg „Wasserdiebstahl“ betrieben hat.
Laut Überzeugung des Gerichts hatte der 69-jährige Geschäftsführer es beim Bau einer neuen Gewerbehalle mit Waschanlage unterlassen, einen amtlichen Wasserzähler beim örtlichen Zweckverband oder der Gemeinde zu beantragen. Zwar gab es einen „inoffiziellen“ Zähler, der all die Jahre den Verbrauch protokolliert hatte, aber rechtzeitig bezahlt worden sind die Gebühren in Höhe von über 20.000 Euro ebenso wenig wie entsprechende Gebühren für das Abwasser.
15 Jahre kostenloses Wasser für Autohändler aus Landkreis Augsburg
Für Richter Roland Fink war in seiner Urteilsbegründung klar: Der Angeklagte habe wissentlich gehandelt, er habe den Bau der Gewerbehalle samt der Wasserversorgung so beauftragt, wie sie dasteht. Als Bauherr sei er, und sonst niemand anderer, verpflichtet, einen neuen Wasseranschluss beim Zweckverband oder der Gemeinde zu beantragen. Der Richter schloss eine geradezu „abstruse Häufung von Fahrlässigkeiten“ aus. Sogar im Beisein des Angeklagten seien jahrelang andere Zähler im Unternehmen abgelesen und ausgetauscht worden. Nur jener in der Gewerbehalle mit der Waschanlage soll fast 15 Jahre lang immer wieder vergessen worden sein? Das glaubte der Richter nicht und bejahte den Vorsatz. Der Unternehmer habe – aus welchen Gründen auch immer – beim Bau der Gewerbehalle die Chance genutzt, kostenlos an Wasser zu kommen.
In seinem letzten Wort hatte der Angeklagte selbst alle Vorwürfen als unberechtigt von sich gewiesen. „Ich bin unschuldig“, sagte er. „Ich bin da in etwas reingeschlittert. Ich bin kein Wasserdieb.“
Gerichtsverfahren in Augsburg: Der Schaden ist bereits bezahlt
Auf einen Freispruch hatte zuvor Verteidiger Paul Hermann Buchner plädiert. Sein Mandant habe eben nicht vorsätzlich, sondern maximal fahrlässig gehandelt. Er habe Selbstanzeige erstattet, und er habe den entstandenen Schaden in Höhe von über 40.000 Euro an den Zweckverband bereits vor einem Jahr bezahlt. Es sei auch nicht richtig, dass kein Antrag auf einen neuen Wasseranschluss gestellt worden sei. Dies sei mündlich auf der Baustelle erfolgt, es sei eben vergessen worden, diesen Antrag schriftlich festzuhalten. Die Existenz eines Rohres, wie es nur die vom Zweckverband offiziell beauftragte Baufirma verlegt haben könne, und das in der Gewerbehalle entdeckt worden sei, zeige, dass der Zweckverband mitbeteiligt gewesen sei an dem strittigen Anschluss.
Staatsanwältin Jennifer Kruse hatte dem Angeklagten in ihrem Plädoyer Vorsatz vorgeworfen. Sie hatte eine sechsmonatige Freiheitsstrafe und eine Geldauflage von 30.000 Euro für den Geschäftsführer gefordert. Der habe den Sachverhalt des unberechtigt entnommenen Wassers auch gar nicht bestritten, sondern lediglich von sich gewiesen, selbst dafür verantwortlich zu sein. Das aber sah sie durch die Beweisaufnahme als erwiesen an.
Ein Autohändler baut eine neue Gewerbehalle samt Waschanlage – eine Millioneninvestition. Und dann unterlässt er es, beim örtlichen Wasserzweckverband oder der Gemeinde den Anschluss an das öffentliche Wassernetz anzumelden und seinen Wasserverbrauch zu bezahlen? Auf 3000 Euro jährlich wurde der „Wasserdiebstahl“ berechnet, seit dem Betrieb der Anlage 2006 auf insgesamt über 20.000 Euro. Ein vorsätzlicher Betrug und Diebstahl oder eine Fahrlässigkeit?
Zeugen erinnern sich nicht mehr an Vorfall im Landkreis Augsburg
Am dritten Verhandlungstag versuchte Richter Roland Fink erneut, Klarheit in der Angelegenheit zu bekommen. Unter anderem waren drei Mitarbeiter jener Baufirma als Zeugen geladen, die damals die Installationsarbeiten vorgenommen hatte.
Problem für das Gericht: Alle Zeugen konnten sich nicht mehr an das konkrete Projekt erinnern oder sie hatten zumindest mit dem Wasseranschluss nichts zu tun. Aufklärung haben Verteidiger Buchner und der Angeklagte auch selbst betrieben. Dergestalt, dass sie kürzlich eine Blechabdeckung in der Gewerbehalle mit der Flex aufgeschnitten haben, um den Verlauf der Wasserleitung nachzuvollziehen. Man fand exakt jenen Punkt, an dem die schwarze Plastikleitung des Zweckverbandes mit einer „privaten“ Edelstahlleitung verbunden ist, die nach einigen Metern in eine nichtamtliche Wasseruhr mündete. Bilder davon wurden jetzt am dritten Verhandlungstag dem Gericht vorgelegt.
Gezeigt wurden diese Bilder auch jenem Mitarbeiter des Zweckverbandes, der damals noch amtierte. Und der stellte klar, dass das, was auf den Bildern zu sehen ist, keinesfalls der üblichen Praxis entspreche. Normalerweise installiere der Zweckverband seine Wasseruhren möglichst unmittelbar nach dem Eintritt in ein Gebäude, nicht wie im vorliegenden Fall, erst mehrere Meter danach.
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