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Kreis Augsburg: Hartnäckiger Stalker: Vater verfolgt eigene Tochter seit Jahren

Kreis Augsburg

Hartnäckiger Stalker: Vater verfolgt eigene Tochter seit Jahren

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    Ein heute 14-jähriges Mädchen ist seit Jahren das Opfer von Nachstellungen eines Mannes. Der Mann ist ihr eigener Vater. Der musste nun wieder vor Gericht.
    Ein heute 14-jähriges Mädchen ist seit Jahren das Opfer von Nachstellungen eines Mannes. Der Mann ist ihr eigener Vater. Der musste nun wieder vor Gericht. Foto: AZ

    Im westlichen Landkreis spielt sich ein persönliches Drama ab. Ein heute 14-jähriges Mädchen ist seit Jahren das Opfer von Nachstellungen eines Mannes. Er lauert ihr an der Bushaltestelle auf, wenn sie morgens in den Schulbus einsteigt. Er wartet auf sie, wenn sie mittags in Zusmarshausen die Realschule verlassen will. Vor ihrer Schule verteilte er einmal Flugblätter an Mitschüler, in Häftlingskleidung. Wohl eine Anspielung darauf, dass er gerade zuvor fast 30 Tage im Gefängnis gesessen hatte. Die 14-Jährige ist mitunter so verängstigt, dass sie sich nicht aus dem Gebäude traut. Schon mehrmals hat die Schulleitung die Polizei zur Hilfe rufen müssen.

    Kontakt zu seiner Tochter verboten

    Die Hartnäckigkeit, mit welcher der 60-Jährige das Mädchen verfolgt, vor ihrem Wohnhaus steht, sie immer wieder fotografiert, hat einen Grund. Er ist ihr leiblicher Vater. Hartnäckig ignoriert er, dass ihm längst das Sorgerecht entzogen ist, Gerichte durch mehrere Instanzen hindurch ihm jeden Kontakt zu seiner Tochter verboten haben. Weil auch der Mutter vor Jahren das Sorgerecht entzogen wurde, lebt das Kind bei einer Tante, die auch Vormund ist.

    Mädchen vor Stalking des Vaters schützen

    Nun stand der Mann abermals vor Gericht. Es war das 44. Mal in seinem Leben. In der von Richter Gerald Holler ganztägig geführten Verhandlung wurde deutlich, wie schwer sich Justiz und Polizei damit tun, das Mädchen vor dem Stalking des Vaters zu schützen. Denn dieser übt seelische, nie körperliche Gewalt aus. Nach Feststellung des früheren Landgerichtsarztes Richard Gruber, der den 60-Jährigen schon mehrfach begutachtet hat, leidet dieser seit etwa zehn Jahren an einer krankhaften seelischen Störung. Davor hatte der als intelligent beschriebene Angeklagte als Ingenieur bei MAN gearbeitet und später in Neuburg die väterliche Druckerei übernommen.

    Für öffentliches Aufsehen sorgte er dort, als er gegen die Stadt Neuburg eine ganze Reihe von Rechtsstreitigkeiten führte und auf Flugblättern unter anderem den Oberbürgermeisterer angriff. Bei der Beerdigung eines Ehrenbürgers der Stadt übergoss er dessen Grab mit Farbe. Er sei Verleger und Kabarettist, beantwortete er im Prozess die Frage nach seinem Beruf. Der Angeklagte, der heute in Augsburg lebt, ist Hartz IV-Empfänger.

    Flugblätter mit wirrem Inhalt

    Weil der hartnäckige Stalker nach Gutachtermeinung vermindert schuldfähig ist, haben Gerichte schon mehr als 30 Verfahren gegen ihn eingestellt. Meist waren es Bagatelldelikte wie Beleidigung und üble Nachrede. Etwa, weil er in Geschäften und an Bushaltestellen immer wieder Flugblätter wirren Inhalts auslegt oder verteilt. Darin behauptet der Vater, seine Tochter, die mit Foto abgebildet ist, sei schwer gestört, weil sie vernachlässigt werde. „Ich habe mein Kind gern gehabt und meine Tochter hat mich gern gehabt“, behauptete der Angeklagte im Prozess.

    14-Jährige fürchtet sich vor ihrem Vater

    Tatsächlich fürchtet sich die 14-Jährige, wie sie selbst sagt, vor ihrem Vater. Bei seinem Anblick gerate sie in Panik, bekomme keine Luft mehr. Während der Aussage des schmalen, blonden Mädchens war die Öffentlichkeit ausgeschlossen. „Sie traut sich noch nicht mal mit dem Fahrrad irgendwohin zu fahren“, berichtete ihre Tante. Und in der Schule werde sie wegen ihres Vaters gehänselt und gemobbt.

    Im Prozess waren nur sechs Fälle des Stalkings im Jahr 2012 angeklagt, für die der Angeklagte zu einer achtmonatigen Haftstrafe verurteilt wurde. Ohne Bewährung, weil der Angeklagte völlig uneinsichtig sei, so Richter Holler. „Ich fürchte, dass die Nachstellungen weitergehen werden und wir uns bald wiedersehen“, beendete Staatsanwalt Christian Engelsberger sein Plädoyer. In diesem Jahr hat der Mann seiner Tochter erneut mehrfach aufgelauert, gibt es neue Strafanzeigen gegen ihn. Das gestern gesprochene Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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