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Kommentar: Impf-Scham brauchen wir wirklich nicht

Kommentar

Impf-Scham brauchen wir wirklich nicht

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    Wer bekommt die Corona-Impfung und wer muss weiter warten? Diese Frage beschäftigt viele Menschen derzeit.
    Wer bekommt die Corona-Impfung und wer muss weiter warten? Diese Frage beschäftigt viele Menschen derzeit. Foto: Oliver Dietze/dpa

    Vor dem Virus sind alle gleich. An diesem Schlagwort halten sich viele in der Corona-Krise fest. Arm und reich leiden mehr oder weniger unter denselben Einschränkungen, tragen die gleichen Masken, müssen auf vieles verzichten. Vermutlich geht nun auch deshalb der Furor darüber so hoch, dass Menschen in hohen Positionen wie der Bischof oder hochrangige AWO-Mitarbeiter sich scheinbar Vorteile erschleichen, die ihnen nicht zustehen. Die genauen Umstände werden sich in den nächsten Tagen zeigen.

    Ein Priester hat auch in Corona-Zeiten viel Kontakt zu Menschen

    Doch beim Blick auf die Sachlage drängt sich die Frage auf: Wo zieht man die Grenze? Das Beispiel von Königsbrunns Pfarrer Bernd Leumann zeigt das ganz deutlich. Anders als bei einem Bischof stellt sich bei einem "normalen" Priester nicht die Frage, ob er häufig Kontakt zu älteren Menschen hat. Der gehört auch in Corona-Zeiten zu seinem täglich Brot, bei Altenheimbesuchen, Trauergesprächen, Krankensalbungen. Oder um es mit den Worten des Chefarztes der Wertachkliniken zu sagen: Ein Pfarrer kann das Virus weit herumtragen.

    Wie sollte sich also so jemand verhalten, wenn ihm eine Corona-Impfung angeboten wird? Eigentlich sollte man sich auf die allgemeinen Auswahlkriterien verlassen können. Doch die merkwürdig großen Interpretationsspielräume im Regelwerk treten durch den zeitgleichen Mangel an Impfstoff verstärkt zutage. Und so wird jemand wie Bernd Leumann, der sich sogar noch Gedanken macht, ob er die Immunisierung annimmt, mit einem schlechten Gefühl zurückgelassen. Dass der Schutz für sich und hoffentlich auch für andere letztlich zu Impf-Scham führt, ist ein weiterer Tiefpunkt im Impfdesaster. Es muss gelten: Wer angerufen wird, darf sich (so er möchte) guten Gewissens impfen lassen.

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