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Königsbrunn: Wie Wasser zur Römerzeit zu den Menschen kam

Königsbrunn

Wie Wasser zur Römerzeit zu den Menschen kam

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    Dr. Sebastian Gairhos von der Stadtarchäologie Augsburg erläutert, die Zuführung des Wassers in die römische Stadt Augusta Vindelicum.
    Dr. Sebastian Gairhos von der Stadtarchäologie Augsburg erläutert, die Zuführung des Wassers in die römische Stadt Augusta Vindelicum. Foto: Petra Manz

    Mit fast siebzig interessierten Zuhörern war der Vortrag zum Thema Wasserversorgung des römischen Augsburg im Informationspavillon 955 gut besucht. Kulturbüroleiterin Ursula Off-Melcher kredenzte – dem Anlass entsprechend – den Gästen zum Empfang ein ungetrübtes Königsbrunner Wässerchen.

    Nicht nur der Wassertrank brachte die Zuhörer in echten Kontakt mit dem Thema. Zum Auftakt des Abends konnten die Königsbrunner auch Bekanntschaft mit dem reichen römischen Reederehepaar Blussus und Menimane machen, die stilecht von den beiden Experimentalarchäologen Renate Bernhard-Koppenberger und Markus Koppenberger in nachgebildeten Gewändern aus dem Jahr 60 nach Christus dargestellt wurden.

    Unternehmerpaar entdeckte die Reederei für sich

    Die Erfolgsgeschichte von Blussus und Menimane, erläuterte Renate Bernhard-Koppenberger, lasse sich unter anderem durch die guterhaltene Inschrift und die Darstellung der Personen auf dem Grabstein der Familie aus der Gegend bei Bonn ablesen und stellte sich und ihren Mann dem direkten Vergleich mit den Steinfiguren. Mit dem Reedereigeschäft hatte es dieses Paar nämlich innerhalb von nur einer Generation nach der Romanisierung des Rheinlandes zu ansehnlichem Reichtum gebracht. Denn, so hatte Blussus erkannt, mit der Flussschifffahrt auf dem

    Wie wichtig Wasser für das Überleben des Menschen und die Entwicklung von Zivilisation ist, brachte Dr. Sebastian Gairhos von der Stadtarchäologie Augsburg, den Zuhörern nahe. Um 15 nach Christus erbaute das Militär für 3000 Soldaten ein Kastell, neben dem sich ein Dorf, das Augusta Vindelicum zwischen Lech und Wertach entwickelte. Später, etwa ab 70 nach Christus, entwickelte sich aus dem Dorf eine Stadt mit exzellenter Verkehrsanbindung nach Süden und Norden. Neben dem Trinkwasser brauchte es natürlich vor allem auch Brauchwasser für Körperhygiene, Gewerbe und die Entsorgung von Abfällen, sagte

    Schwierige Suche nach Wegen fürs Wasser

    Allerdings stellten die Wasserpegel der beiden Flüsse und ihre zerstörerische Kraft bei Hochwasser eine echte Herausforderung für die Römer dar, um die prosperierende Stadt an eine Wasserversorgung auf der Spitze der Hochterrasse zwischen Lech und Wertach anzubinden, denn „Wasser fließt nun mal nicht nach oben“. Dazu führten die Römer einen 18 bis 20 Meter breiten Kanal auf einer Länge von insgesamt 35 Kilometern, wobei sie das natürliche Gefälle der Hochterrasse nutzten, das zwischen Hurlach und Augsburg 100 Höhenmeter ausmacht.

    Tatsächlich gab die Wasserversorgung der römischen Stadt Augusta Vindelicum lange Zeit den Wissenschaftlern Rätsel auf, berichtete Gairhos. Erst in den 70-er Jahren stieß man bei Ausgrabungen in Lehmgruben im Bereich der Gögginger Bergiusstraße auf erste noch nicht enträtselte Hinweise auf diesen Kanal. Das riesige Spektrum an Funden aus den Schwemmschichten, die von Metall, Fibeln, Münzen, Schmuck, Keramik und Pferdegeschirrbeschlägen, bis zu Werkzeuge reichen, schrieb man damals eher einer römischen Siedlung zu.

    Erst auf Luftaufnahmen wurde der Kanal sichtbar

    Erst nach weiteren Ausgrabungen und Querschnitten im Erdreich konnte dieser Kanal als „Graben“ dokumentiert werden, dessen Verlauf für das geschulte Auge im 20. Jahrhundert nur auf Luftaufnahmen sichtbar wird. Denn die intensivierte Landwirtschaft und die damit einhergehende Erosion haben seine Spuren verwischt. Mit Ausnahme einer Stelle, in einem kleinen Stückchen Wald südlich von Hurlach, wo keine Erosion wirken konnte und der Graben noch mit einer Tiefe von zwei Metern erhalten ist.

    Das Wasser für Augsburg, so erläuterte Gairhos seine Theorie, entnahmen die Römer der Singold, einem kleinen von zahlreichen Quellen gespeisten Nebenfluss der Wertach, leiteten es an geografisch geeigneter Stelle und mit Hilfe eines Wehrs in den Kanal und führten es von Südwesten kommend der Stadt zu, wo es über Verzweigungen in kleinere Kanäle verteilt wurde.

    Dieses große im Kanal in die Stadt gebrachte Wasservolumen in Verbindung mit dem darin sichergestellten Fundmaterial lasse darauf schließen, dass dieses Wasser im Kanal ausschließlich als Brauchwasser genutzt wurde, sagte Gairhos: „Denn so ein Wasser würden die Römer nicht trinken wollen.“ Trinkwasser gewann Augsburg aus der Vielzahl von Grundwasserbrunnen auf dem Territorium der Stadt.

    Die Experimentalarchäologen Renate Bernhard-Koppenberger und Markus Koppenberger in nachgebildeten Gewändern aus dem Jahr 60 nach Christus.
    Die Experimentalarchäologen Renate Bernhard-Koppenberger und Markus Koppenberger in nachgebildeten Gewändern aus dem Jahr 60 nach Christus. Foto: Petra Manz

    An den Vortrag schlossen die Fragen der Zuhörer an. Dabei stand unter anderem die Frage zum Fundmaterial im Wasserkanal im Vordergrund. Denn, die Existenz des Wasserkanals vorausgesetzt, sind die riesige Anzahl an Gegenständen oder Materialien unterschiedlichster Art an allen Ausgrabungsorten in einem Wasserkanal eine sehr merkwürdige Sache. Gairhos schrieb diese Auffälligkeit einer Vielzahl von Motiven zu: dem besonderen zum Teil magischen Charakter des Wassers, der bis in die heutige Zeit Gültigkeit hat. Denn Wasser sei auch ein Ort des Opferns von Dingen mit Symbolkraft, des Wunschdenkens, aber auch der Entsorgung oder des Entledigens von Dingen des Alltags.

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