Erst traute der 33-jährige Autofahrer seinen Augen nicht, dann alarmierte er die Polizei: Vor dem Augsburger Jugendgericht wurde am Dienstag eine Geisterfahrt der besonderen Art aufgearbeitet. Eine junge Frau fuhr am Abend des 18. Juni vergangenes Jahr kurz vor Mitternacht mit ihrem Fahrrad auf der B17 auf der Überholspur - und zwar in die falsche Richtung. Sie hatte offenbar großes Glück.
Betrunkene Radlerin zwingt bei Königsbrunn Auto zur Vollbremsung
Der 33-Jährige war an dem Abend auf dem Heimweg von seinem Schichtdienst. Zwischen den Anschlussstellen Inningen und Königsbrunn Nord überholte der Fluggerätemechaniker mehrere Autos. Just als er den Überholvorgang beendet hatte, sah er die Geisterfahrerin: „Ich habe sie aus dem Augenwinkel auf der linken Spur vorbeihuschen sehen.“ Er sei etwa mit Tempo 160 unterwegs gewesen: „Wenn ich nicht gerade die Spur gewechselt hätte, hätte es gescheppert.“ Nach der Begegnung habe er einige Sekunden gebraucht um sich zu sammeln. Als er sicher war, dass keine Täuschung vorlag, verließ er bei Königsbrunn Süd die Bundesstraße und verständigte die Polizei.
Ein zweiter Autofahrer musste sogar mit einer Vollbremsung eine Kollision verhindern. Er scherte gerade zum Überholen aus, als er die Frau mit ihrem Rad bemerkte: Der Scheinwerfer des Fahrrads lief und durch die helle Kleidung sei die Frau zumindest erkennbar gewesen, hieß es in der Aussage des Mannes, die Richter Bernhard Kugler bei der Verhandlung verlas. Der Autofahrer bremste sein Fahrzeug von Tempo 140 auf 80 herunter, um das Ausweichmanöver zu schaffen. „Sie können froh sein, dass sie noch leben“, sagte Richter Kugler zur Angeklagten. „Ich bin froh, dass auch alle anderen noch leben“, antwortete die junge Frau.
Sie räumte alle Vorwürfe ein, konnte aber nur bedingt erklären, wie sie auf die Bundesstraße gekommen war. Sie hatte eine Party besucht. Dort hatte es Streit mit Gästen gegeben. Den Ärger darüber versuchte die Angeklagte mit Alkohol zu ertränken: „Ich habe ungefähr eine halbe Flasche Wodka auf einmal getrunken.“ Danach stieg sie aufs Fahrrad und fuhr davon. Sie erinnerte sich noch, durch Bobingen gefahren zu sein.
Fahrt auf der B17: Die Radlerin hatte fast 1,9 Promille
Danach schlug die Wirkung des Alkohols zu, sagte die Frau: „Ich bin gestürzt und auf einem Acker eingeschlafen.“ Als sie wieder aufwachte, habe sie nicht gewusst, wo sie sich befindet und große Angst bekommen. Da sei sie wieder aufs Rad gestiegen. Die nächste Erinnerung sei, dass sie auf einer Straße fuhr und ihr helle Lichter entgegenkamen. Wie oder warum sie auf die B17 gefahren sei, wisse sie nicht mehr.
Die Polizei holte die junge Frau schließlich von der Fahrbahn. Eine Alkoholkontrolle ergab einen Wert von 1,89 Promille. Trotzdem zeigte die Frau bei weiteren Tests kaum Ausfallerscheinungen. „Das und die Tatsache, dass sie noch Fahrradfahren konnten, sagt mir, dass sie viel Alkohol gewöhnt waren“, sagte Richter Kugler. Die Angeklagte erwiderte, sie habe nur beim Feiern in normalen Mengen getrunken. Und seit dem Vorfall trinke sie so gut wie keinen Alkohol mehr.
Nach Geisterfahrt auf der B17: Frau muss Beratungsgespräche führen
Da sie sich einsichtig gezeigt und bei der Jugendgerichtshilfe einen guten Eindruck hinterlassen hatte, verhängte der Richter fünf Beratungsgespräche wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs. Sozialstunden hat die Frau aus einem anderen Verfahren noch offen.
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