Buxbüsche und Rednerpult, Deko, ein kaltes Büffet mit italienischen Spezialitäten und etwa drei Dutzend Gäste warten am Europaplatz auf die bayerische Bauministerin. Doch Kerstin Schreyer verspätet sich und so hat Bürgermeister Franz Feigl am Mittwochabend noch 15 Minuten länger Zeit um zu rätseln, wie hoch der Förderbescheid für die Umgestaltung der Bürgermeister-Wohlfarth-Straße im Abschnitt „Neue Mitte“, also zwischen Markt- und Gartenstraße, ausfallen wird: „Ich weiß es selbst nicht“, versichert er, kurz bevor eine dunkle Limousine an der Absperrung zur Rathausstraße hält.
Zwischen 40 und 60 Prozent der förderfähigen Kosten betragen die Zuschüsse der Städtebauförderung von Bund und Land. Das lässt bei 6,85 Millionen Euro Gesamtkosten für den Bauabschnitt einen ziemlichen Spielraum. Ministerin Schreyer hat keine Eile, das spannende Detail zu verraten. Sie kommt erst mal auf die aktuellen Ziele der Städtebauförderung zu sprechen. „Wir wollen Ortskerne, in denen Begegnung stattfindet“, erläutert sie. Auch in Corona-Zeiten gehe es „darum, dass wir uns treffen - zwar körperliche Distanz, aber soziale Begegnung“.
Königsbrunns Bürgermeister Feigl ist "sehr glücklich" über die Fördersumme
Schreyer deutet an, dass sie ihren früheren Blickwinkel als Sozialministerin nicht ganz beiseite gelegt hat. „Der Mensch muss im Mittelpunkt stehen. Wo ist Platz für Radler? Wo für die Fußgänger?“ Für die Bauministerin folgt daraus: „Der Verkehrsraum wird ja nicht größer, wir müssen ihn klug aufteilen.“ Und dann fügt sie fast beiläufig an: „Der Freistaat darf sie mit vier Millionen Euro unterstützen und ihren Ortskern ertüchtigen helfen.“
Sie fügt noch an, dass in 49 Jahren Städtebauförderung 6,5 Milliarden Euro an bayerische Kommunen geflossen sind, davon 809 Millionen nach Schwaben. Und dass Bund und Freistaat auch die Verlängerung der Straßenbahnlinie 3 nach Königsbrunn mit rund 45 Millionen Euro fördern. „Das sind Summen, bei denen ich als Sozialpädagogin schon die Nullen zählen muss“, schiebt die Ministerin humorvoll nach. Bürgermeister Feigl ist über den Bescheid, der den Förderrahmen fast voll ausschöpft, „sehr glücklich“. Er revanchiert sich bei der Ministerin mit einem „Königsbrunner Dankeschön“, einer großformatigen Schokoplatte mit Stadtwappen und vielen Schokovariationen.
Baubeginn wegen Arbeiten zur Straßenbahn-Linie 3 verschoben
Er dankt auch der Abteilung Städtebauförderung der Regierung von Schwaben, die den Königsbrunner Förderantrag sehr unterstützt habe. Im Juli habe es sogar grünes Licht für einen vorzeitigen Beginn der Maßnahme gegeben. „Aber gleichzeitig mit der Baustelle der Tram und den dortigen Umleitungen hätte es ein Verkehrschaos gegeben.“ Jetzt soll der Bau Ende März 2021 beginnen.
Bettina Steinbacher, Chefin des Neusässer Planungsbüros Steinbacher Consult erläutert wichtige Aspekte der Neugestaltung. Ziel sei eine sehr hohe Aufenthaltsqualität entlang der Bürgermeister-Wohlfarth-Straße im Zentrum, wichtig war aber auch, die Zufahrten zu den Geschäften zu sichern. Man habe schon früh das Gespräch mit den Anliegern gesucht, um sie für die „Neue Mitte“ ins Boot zu holen. Die Gestaltung beschränke sich nicht auf Straßenraum, sondern wurde mit markanten Diagonalen aus hellem Granit in die angrenzenden Bereiche geführt.
Königsbrunner sollen im Zuge der Bauarbeiten auch tätig werden
Im Norden und Süden des Zentrums wird die frühere Hauptstraße wie in alten Zeiten als Allee gestaltet. Für die „Neue Mitte“ habe man dies aufgelöst und die Bäume variabel verschoben. So konnte man hier Aufenthaltsbereiche, Grünstrukturen, Querungsstellen und auch Parkplätze kombinieren. In diesem Abschnitt wird die Straße als „verkehrsberuhigter Bereich“ ausgewiesen, in dem sich Radler mit den Autos die Fahrbahnen teilen und maximal Tempo 20 zugelassen ist.
Ihr Büro habe aber nicht nur den sichtbaren Bereich der „Neuen Mitte“geplant, sondern auch die Neugestaltung im Untergrund. „Außer dem Schmutzwasserkanal muss alles neu gemacht werden“, stellt Bettina Steinbacher fest. Das habe auch Konsequenzen für die Anlieger, merkt Bürgermeister Feigl zu diesem Punkt an. Sie sollen nicht nur ihre Wasseranschlüsse erneuern, sondern möglichst auch gleich das Glasfaserkabel in ihre Gebäude holen. „In den nächsten 25 Jahren - das ist die Bindungsfrist der Förderung“, betont der Bürgermeister, „reißen wir das nicht mehr auf!“
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