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Hiltenfingen/Bobingen: Eine Glücks-Spirale für die Natur

Hiltenfingen/Bobingen

Eine Glücks-Spirale für die Natur

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    Die Artenvielfalt ist in den Wertachauen ist groß: Als besonders gutes Zeichen wird das vermehrte Auftauchen des Wald-Wiesenvögelchens angesehen.
    Die Artenvielfalt ist in den Wertachauen ist groß: Als besonders gutes Zeichen wird das vermehrte Auftauchen des Wald-Wiesenvögelchens angesehen. Foto: Werner Burkhart

    Ein Experiment von Naturfreunden hat sich tatsächlich bestätigt: Wer mit dem Auto quer durch Bayern prescht, hat am Ende weniger Insektenflecken auf der Motorhaube, als er es aus früheren Zeiten in Erinnerung hat. Und das hat wenig mit der Aerodynamik moderner Autos zu tun. Was eher brutal als lustig klingt, ist auch brutal: zum Beispiel für Vögel auf Futtersuche und damit für den ganzen Naturkreislauf.

    Es gebe insgesamt weniger Insekten, heißt es übereinstimmend aus mehreren Quellen. Ausnahmen bestätigen die Regel. Für Werner Burkhart, Geschäftsführer des Landschaftspflegeverbands im Kreis Augsburg, sind diese Ausnahmen ein Zeichen der Hoffnung, ein Zeichen dafür, dass der Mensch wüsste, wie es geht, wenn er es nur überall wollte. Wer keine Mücken zählen kann, mag es leichter an Schmetterlingen feststellen. Entgegen aller Trends gibt es davon in den Wertachauen zwischen Bobingen und Hiltenfingen mehr als noch vor zehn Jahren zu sehen. Und vor allem auch stark bedrohte Arten seien hier wieder öfter zu beobachten.

    Inseln nahe am Lech

    Das ist ein Zwischenergebnis der laufenden Tagfalterkartierung 2017. Dort wo der Boden für Landwirtsschaft nicht taugt oder blockiert ist, wo Natur gehegt wird, sieht auch Naturforscher Eberhard Pfeuffer eine vielfältige, mit ihrem Kreislauf in Einklang befindliche Welt an Flora und Fauna. Der Augsburger kennt dazu etwa Inseln nahe am Lech beziehungsweise im Siebentischwald bei Haunstetten. Er spricht von einer Arche Noah (Bayern-Teil).

    Eine reichhaltige Ausstattung der Natur meldet auch der Landschaftspflegeverband für die Wertachauen. Werner Burkhart sieht darin einen Erfolg der Biotop-Projekte vergangener Jahre: „Auffällig sind vor allem die lichten Wälder und sonnendurchfluteten Wertachheiden, die eine enorme Artenvielfalt bieten.“

    Maßnahmen zum Erhalt der gefährdeten Lebensgemeinschaften

    Bis vor 20 Jahren drohten Magerrasen und Streuwiesen allerdings völlig zu verwalden – zum Nachteil vieler seltener Arten. Aus diesem Grunde führt der Landschaftspflegeverband im Augsburger Land in Zusammenarbeit mit Kommunen, Behörden und Naturschützern dort umfangreiche Maßnahmen zum Erhalt der gefährdeten Lebensgemeinschaften und Lebensräume durch. Die seltenen Heideflächen und Magerrasen wurden einmal jährlich gemäht, um ein Verbuschen zu stoppen. Das Mahdgut wurde an anderen, wenig artenreichen Flächen verteilt, damit auch dort die enthaltenen Samen aufgehen. So finden bald danach Insekten über den Sommer hinweg genügend Blüten und Nahrung. Beispielsweise an heimischen Orchideenarten.

    2003 wurde der Biotopverbund Wertachauen gestartet. Er stärkt laut Burkhart die überregional bedeutsame Biotopachse entlang der

    Diese Tiergruppe ist recht mobil

    Zur Erfolgskontrolle werden Begleituntersuchungen durchgeführt – in diesem Jahr wird die Tagfalterfauna erfasst. Burkhart: „Schmetterlinge eignen sich ganz hervorragend zur Beurteilung von Biotopqualitäten, denn viele stellen ganz spezielle Lebensraumansprüche. Diese Tiergruppe ist recht mobil, so dass sie neue Habitate schnell besiedeln kann, was wiederum den Erfolg der Biotopverbundmaßnahmen belegt.“

    Ein Zwischenbericht der Schmetterlingskartierung erfasst vorerst zwei Begehungen auf über 30 Probeflächen zwischen Bobingen und Hiltenfingen. Laut Richard Engelschall, Leiter der Arbeitsgemeinschaft für Landschaftsökologie in Schwaben, wurden dabei 44 Tagfalterarten nachgewiesen, darunter bedrohte Arten wie das Wald-Wiesenvögelchen, der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling und der Idas-Bläuling. Ebenfalls vermehrt kartiert wurde der Feurige Perlmuttfalter. „Alles Naturschutzschmankerl und Qualitätsindikatoren“, kommentiert Werner Burkhart. Besonders freut ihn, dass die Population des stark gefährdeten Wald-Wiesenvögelchens deutlich zulegte.

    Die Nachweishäufigkeit der Art verdoppelte sich im Vergleich zu 2008, sodass die Wertachauen inzwischen zu einem der Schwerpunktvorkommen in Bayerisch-Schwaben avancierten.

    Burkhart: „Die Erfolge machen zwar Mut, doch es gibt noch viel zu tun.“ Im kommenden Winter stehe eine weitere Lebensraumerweiterung mit der Gemeinde in Wehringen an.

    Die Tagfalterkartierung 2017 wird übrigens im Herbst abgeschlossen und vermutlich einen Glücksfall beschreiben, was nicht alleine am Fördergeld gelegen haben kann: Der Bayerische Naturschutzfonds stellte es aus Zweckerträgen der Glücks-Spirale bereit.

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