Was tun, wenn die Mietwohnung vom Vermieter gekündigt wurde? Wie wehre ich mich – und vor allem, wie finde ich eine neue Bleibe? In diesen Fragen bietet die vor einem halben Jahr ins Leben gerufene Fachstelle für Wohnungslosenhilfe in Gersthofen Unterstützung an. Die Sozialpädagogin Christine Bürger zog nun im Sozial- und Ordnungsausschuss eine Bilanz der seit März geleisteten Arbeit. Für diese Betreuung hat die Stadt Gersthofen einen Vertrag mit der Diakonie Augsburg abgeschlossen. Seitdem steht die Fachstelle für Wohnungslosenhilfe jeden Mittwoch jeweils von 9 bis 11 Uhr im Trettenbachhaus, Johannesstraße 4 neben der Kirche Maria, Königin des Friedens, offen. Christina Bürger ist dabei in gleicher Funktion auch in der Stadt Neusäß tätig.
„Wenn jemand wohnungslos ist, heißt das nicht unbedingt, dass er obdachlos ist“, betonte Christine Bürger. „Es gibt viele, die in solchen Fällen bei Verwandten auf dem Sofa schlafen – es können aber auch junge Menschen sein, die bei den Eltern nicht ausziehen können.“
Hilfe bei Anschreiben zur Kontaktaufnahme
Geboten wird dort neben allgemeinen Informationen zum Thema Wohnungssuche auch Hilfe, wenn beispielsweise plötzlich eine barrierefreie Wohnung benötigt wird, weil die bisherige nicht so gestaltet ist. „Wir erstellen auch gemeinsam mit den Betroffenen Anschreiben zur Kontaktaufnahme mit möglichen Vermietern“, erklärte Christine Bürger. „Mittlerweile ist es ja bei der Wohnungssuche wie bei einer Bewerbung um eine Arbeitsstelle.“
Oft werde sogar von privaten Vermietern von den Wohnungsinteressenten eine Schufa-Selbstauskunft verlangt. „Diese macht es Personen mit (Miet-) Schulen fast unmöglich, eine Wohnung zu finden.“ Und die Wohnungsbaugesellschaft des Landkreises habe Christine Bürger zufolge etwa 5000 Menschen auf der Wartliste für geförderte Wohnungen. „Die Leute warten teilweise jahrelang.“ Und das Landratsamt könne derzeit in Gersthofen keine einzige gebundene Sozialwohnung vergeben, da alle belegt seien.
Woanders ist die Lage nicht besser
„Die Bruttokaltmiete ohne Strom, Heizung und dergleichen liegt in Gersthofen je nach Mietspiegel bei ungefähr 9,65 Euro pro Quadratmeter“, führte die Sozialpädagogin aus. „Seit 1. Juli liegt die laut Landratsamt und Jobcenter angemessene Kaltmiete für eine Einzelperson aber bei 8,50 Euro pro Quadratmeter.“ Und im restlichen Landkreis und der Stadt Augsburg sei die Lage nicht besser.
Zum Angebot gehören unter anderem auch Unterstützung beim Umzug oder bei Ummeldungen, Begleitung bei Wohnungsbesichtigungen oder bei Anwaltstreffen, wenn es schon zu einer Räumungsklage gekommen ist. In Koordination mit dem Helferkreis wird auch ein gemeinsamer Mietqualifizierungskurs für jeden Bürger, ob mit oder ohne Migrationshintergrund, angeboten. Dort erfahren die Teilnehmer, welche Voraussetzung erfüllt werden müssen, um bei der Mietwohnungssuche mehr Erfolg zu haben.
Viele Menschen schämen sich
Seit der Eröffnung der Fachstelle wandten sich unter anderem 13 Alleinstehende oder getrennt Lebende an sie, elf Familien, fünf Rentner, vier Alleinerziehende, sechs Erwerbstätige, deren Einkommen nicht für eine Wohnung ausreicht, und sieben Arbeitssuchende. „Das ist aber nur eine sehr subjektive Aufstellung, denn viele Menschen schämen sich, wenn sie in eine solche Situation gekommen sind, und melden sich daher nicht bei uns“, so Christine Bürger weiter.
„Die 50 Personen, die sich offenbart haben, sind nur die Spitze des Eisbergs – die Dunkelziffer ist wesentlich größer.“ Manche von diesen Menschen müssen auch längerfristig weiter unterstützt werden, wenn sie schon eine Wohnung gefunden haben.
Jeweils mittwochs von 9 bis 11 Uhr in der Johannesstraße 4 in Gersthofen. Das Angebot kann auch anonym genutzt werden, die Beratung ist vertraulich.