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Wertachklinik: Geburtenstation in Schwabmünchen steht vor dem Aus

Wertachklinik

Geburtenstation in Schwabmünchen steht vor dem Aus

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    Die Zahl der Geburtenstationen in der Region Augsburg schrumpft weiter. In Schwabmünchen werden ab 2020 auch keine Kaiserschnitte mehr gemacht, weshalb sich die Augsburger Geburtskliniken bereits auf Mehrarbeit einstellen.
    Die Zahl der Geburtenstationen in der Region Augsburg schrumpft weiter. In Schwabmünchen werden ab 2020 auch keine Kaiserschnitte mehr gemacht, weshalb sich die Augsburger Geburtskliniken bereits auf Mehrarbeit einstellen.

    Das langsame Sterben der Geburtenstation in der Wertachklinik Schwabmünchen zieht sich seit Mai 2018 hin und geht nun weiter: Damals schloss die Station mangels Hebammen. Seitdem konnten Schwangere nur noch mit einem geplanten Kaiserschnitt in Schwabmünchen entbinden. Doch auch das ist ab Januar nicht mehr möglich, da für diese Operationen keine Belegärzte mehr zur Verfügung stehen. Die Wöchnerinnenstation wird komplett abgemeldet. Im Schwabmünchner Krankenhaus kommt vorerst also kein Kind mehr auf die Welt. Ob oder wann die Geburtshilfe dort wieder eröffnet, ist ungewiss. Die Wertachklinik in Bobingen ist von dieser Entwicklung nicht betroffen.

    Die Versicherungsprämien für Belegärzte sind stark gestiegen

    Schuld an der aktuellen Misere sind die stark gestiegenen Haftpflichtversicherungsbeiträge der niedergelassenen Belegärzte, die an einem Krankenhaus Geburtshilfe leisten. Mussten sie früher etwa 10.000 Euro pro Arzt und Jahr zahlen, sind mittlerweile zwischen 45.000 und 70.000 Euro fällig. Da die bestehenden (und günstigen) Versicherungsbeiträge der beiden Geburtshilfe-Belegärzte in Schwabmünchen, Ilie Bumbu und Peter Rosenberger, zum Jahresende auslaufen, sind nun auch sie von der Kostenexplosion betroffen. Im Gegensatz dazu stehen etwa 70 geplante Kaiserschnitte, die dieses Jahr an der Schwabmünchner Klinik durchgeführt wurden. Das rechnet sich nicht. „Es ist unmöglich, als niedergelassener Frauenarzt auch nur im Ansatz die Haftpflichtprämien durch die Geburtshilfe zu erwirtschaften“, stellte der Berufsverband der Frauenärzte bereits vor zwei Jahren im Ärzteblatt fest. Die Problematik ist nicht neu.

    Reihenweise sind schon Geburtenstationen geschlossen worden

    Reihenweise schlossen in den vergangenen Jahren deshalb die Geburtenstationen an zahlreichen kleineren Krankenhäusern in der Republik. Und auch weil die Hebammen fehlten. So wie etwa in Aichach, wo ein neues Krankenhaus mit Geburtshilfeabteilung gebaut wurde, die dann erst gar nicht eröffnete. Lange war in Schwabmünchen unklar, ob ein Krankenhaus die Beiträge für den Arzt bezuschussen darf, oder ob es dadurch mit dem Gesetz zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen in Konflikt gerät. Die Träger der Wertachkliniken (der Landkreis und die Städte Schwabmünchen und Bobingen) sowie Krankenhaus-Chef Martin Gösele haben mehrere juristische Gutachten in Auftrag gegeben und den bayerischen Justizminister eingeschaltet, um Rechtssicherheit zu bekommen. Fazit – stark verkürzt: Man darf in bestimmten Fällen und unter bestimmten Voraussetzungen nicht pauschal, aber individuell Zuschüsse zahlen.

    Komplexes Modell hilft zumindest Bobingen

    Ein komplexes Modell wurde ausgearbeitet. Das hilft aber den Schwabmünchner Belegärzten nicht. Sie erfüllen die Voraussetzungen nicht. Denn die Zuwendung ist auch an Dienstzeiten in der Geburtshilfe für natürliche Geburten gekoppelt. Und die finden in Schwabmünchen eben nicht mehr statt. Die Ärzte der Geburtshilfe an der Wertachklinik in Bobingen dagegen profitieren: Dort können Frauen nach wie vor entbinden, natürlich oder geplant. Etwa 400 Kinder wurden bisher im Jahr 2019 dort geboren. Drei Belegärzte und sechs Hebammen halten die Geburtentation am Laufen. „Mit Liebe und Leidenschaft“, wie Gösele sagt. Einer der drei Bobinger Ärzte ist ebenfalls von den hohen Versicherungsbeiträgen betroffen. Einen großen Teil übernimmt die Klinik. Zwischen 50 und 80 Prozent bewegt sich die Unterstützung, so Gösele.

    Geld allein bringt aber die Geburtenstation nicht zurück nach Schwabmünchen. „Da bleibt immer noch das Problem der fehlenden Hebammen“, sagt der Klinik-Chef. Ob die Geburtenstation in Zukunft wieder eröffnet, bleibt ungewiss. „Ausgeschlossen ist das nicht“, sagt Gösele und verrät auch warum: Unter der Federführung des Universitätsklinikums Augsburg soll im kommenden Jahr ein Geburtshilfe-Konzept für Schwaben erarbeitet werden. Was darin steht, kann ausschlaggebend sein. Eine endgültige Entscheidung über die Zukunft der Geburtenstation in Schwabmünchen wird wohl erst fallen, wenn dieses Konzept vorliegt.

    In Augsburg rechnet man bereits mit mehr Geburten

    Vonseiten der Augsburger Uniklinik heißt es dazu, dass ein erstes Treffen schon stattgefunden habe. Optionen der Kooperation würden geprüft. Als Uniklinik sei man sich seiner Verantwortung bewusst. Derzeit gehe man davon aus, dass einige der Frauen, die bisher zum geplanten Kaiserschnitt nach Schwabmünchen gegangen wären, nun nach Augsburg kommen. Wie genau am Ende die Verteilung sei, lasse sich aber nicht voraussagen. Eine Aufstockung an Betten oder Personal ist dort deshalb nicht geplant. (mit gau)

    Lesen Sie dazu auch: Was sich in der Wertachklinik tut

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