In vielen Unternehmen ist es längst selbstverständlich geworden: Man bespricht sich bei Videokonferenzen und trifft dort dann auch Entscheidungen, um in Zeiten der Corona-Pandemie die Zahl der Kontakte möglichst gering zu halten. In den Stadt- und Gemeinderäten ist das nicht möglich: Die Gemeindeordnung in Bayern schreibt vor, dass die Mehrheit die Räte vor Ort sein müssen, um abzustimmen – und das in einem Raum, der der Öffentlichkeit zugänglich ist.
Allerdings könnte sich an dieser Regelung bald etwas ändern, sodass Sitzungen per Video künftig möglich sind. Das bayerische Innenministerium kündigte einen entsprechenden Gesetzesentwurf an: „Ziel ist es, dass die Kommunen im Rahmen ihres Selbstverwaltungsrechts aber unter Beachtung des Öffentlichkeitsgrundsatzes weitestgehend selbst entscheiden können, ob und wie weit sie diese technische Möglichkeit anbieten und von welchen Voraussetzungen sie dies abhängig machen wollen“, schrieb das Ministerium in einer Antwort auf eine Anfrage unserer Zeitung.
Doch noch gilt die Regelung, dass die Räte vor Ort sein müssen. In einem Schreiben vom Dezember 2020 hat das Innenministerium noch einmal darauf hingewiesen, dass Sitzungen von Gemeinderäten und Kreistagen sowie deren Ausschüsse vom Infektionsschutzgesetz nicht betroffen seien und deshalb trotz der Corona-Einschränkungen stattfinden können.
Gemeinderatssitzungen im Kreis Augsburg müssen öffentlich sein
Das bedeutet auch, dass die Sitzungen öffentlich sind. Die Säle, in denen die Gremien tagen, müssen für jeden Bürger zugänglich sein. "Ein Ausschluss der Sitzungsöffentlichkeit aus infektionsschutzrechtlichen Gründen könnte allenfalls von den Gesundheitsbehörden angeordnet werden", heißt es in dem Schreiben des Innenministeriums. Falls es nicht möglich sei, den Mindestabstand einzuhalten, könne die Besucherzahl beschränkt werden.
Es reicht nicht aus, eine Sitzung per Livestream zu übertragen, wie es gerade in Bobingen diskutiert wird. "Ausschließlich virtuelle Sitzungen sind mit dem Sitzungszwang und den Anforderungen an die Beschlussfähigkeit nicht vereinbar", so das Innenministerium. Und natürlich müssen die Abstands- und Hygieneregeln beachtet werden, und zwar von Ratsmitgliedern und Besuchern.
Schwabmünchner Stadtrat tagt in der Stadthalle
Die Städte und Gemeinden in der Region handhaben das unterschiedlich. In Schwabmünchen finden Stadtrats- und Ausschusssitzungen seit dem Frühjahr nur noch in der Stadthalle statt, die ausreichend Platz bietet. Meist kommt nicht mehr als ein Dutzend Besucher, doch auch wenn bei wichtigeren Themen wie dem Schwimmbad-Bau oder der Diskussion um Kindergarten-Standorte mehr Besucher anwesend sind, ist das in der Stadthalle kein Problem, die Abstandsregeln einzuhalten. Für Räte und Besucher gilt Maskenpflicht, wobei die Stadträte die Maske ausziehen dürfen, wenn sie an ihrem Platz sitzen.
In Königsbrunn tagen die Ausschüsse (13 Mitglieder plus Bürgermeister) im Rathaus. Die Sitzungen des Stadtrats (30 Mitglieder plus Bürgermeister) finden im deutlich größeren Gemeindesaal der evangelischen Johanneskirche statt. Der Saal hat auch eine große Empore, sodass auch Besucher ausreichend Platz vorfinden und die Abstände eingehalten werden können.
Hier hat Bürgermeister Franz Feigl (CSU) in der letzten Stadtratssitzung, die länger als 21 Uhr dauerte, Zettel an die Besucher verteilt, damit diese keine Probleme wegen der Ausgangssperre bekommen. Laut dem bayerischen Innenministerium ist der Besuch einer Gemeinderatssitzung ein triftiger Grund, sodass Räte und Besucher nach 21 Uhr auf dem Heimweg keine Probleme bekommen sollten. Unterlagen, wie sie in Königsbrunn verteilt wurden, seien nicht notwendig: "Sie können jedoch bei Kontrollen helfen, den vorliegenden triftigen Grund glaubhaft zu machen", so Sandra Schließlberger, stellvertretende Pressesprecherin des Innenministeriums.
Untermeitingen: Wegen Corona finden Vorberatungen online statt
Einen besonderen Weg geht die Gemeinde Untermeitingen. Vor der Gemeinderatssitzung, die vom Rathaus in einen größeren Saal in der Von-Imhof-Halle verlegt wurde, findet eine Onlinesitzung statt, in der sich die Fraktionen beraten und diskutieren. Das oberste Ziel sei es, die Kontakte zu reduzieren, sagt Bürgermeister Simon Schropp. Auch weil einige Ratsmitglieder zur Risikogruppe gehören, wolle man nur noch eine Stunde statt der sonst gelegentlich drei Stunden zusammensitzen.
Doch die Bürger können so nicht mehr am Entscheidungsprozess teilhaben. „Eine öffentliche Sitzung gibt es weiterhin, aber es wird wahrscheinlich nicht mehr so eine ausgiebige Diskussion stattfinden. Wenn die Gemeinderäte vorher schon vieles ausdiskutiert haben, gibt es nur noch die Abstimmung.“ Trotzdem versuche man, in den verkürzten Sitzungen möglichst alles wiederzugeben, was zur Entscheidungsfindung wichtig war, sagt Schropp. Die Verwaltung und die Fraktionen stünden für Rückfragen der Besucher bereit. „Wir würden es gerne wieder so machen wie früher, aber momentan geht das nicht.“ Ein Dauerzustand soll die verkürzte Sitzung nicht werden: „Sobald es geht, wollen wir das wieder rückgängig machen.“
Das Innenministerium hat bei dieser Vorgehensweise aber Bedenken: Die Diskussion der Tagesordnungspunkte nicht öffentlich vorzuberaten widerspräche dem Öffentlichkeitsgrundsatz. "Nicht nur das Ergebnis ist also transparent zu machen, sondern gerade auch die Beratung in den Entscheidungsgremien", heißt es in einer Stellungnahme. (mit pibo, adi, cako)
Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Videokonferenzen sollten auch im Gemeinderat möglich sein
Lesen Sie dazu auch:
- Werden Stadtratssitzungen in Bobingen bald live im Internet übertragen?
- Tagen die Bobinger Stadträte bald live im Internet?
- So digital sind Bobingen, Schwabmünchen und Königsbrunn