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Festival: Von kindlich-fröhlich bis düster-erbarmungslos

Festival

Von kindlich-fröhlich bis düster-erbarmungslos

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    Einen famosen Abend erlebten die Besucher des Brechtabends mit (von links) Musikwissenschaftler Joachim Lucchesi, Sopranistin Isabell Münsch und der Pianistin Rita Marx zu Liedern, die Brecht an verschiedenen Orten textete.
    Einen famosen Abend erlebten die Besucher des Brechtabends mit (von links) Musikwissenschaftler Joachim Lucchesi, Sopranistin Isabell Münsch und der Pianistin Rita Marx zu Liedern, die Brecht an verschiedenen Orten textete. Foto: Marion Kehlenbach

    Margarete Schwegler-Nebel hat Glück, richtig Glück. Eigentlich hat die Deutschlehrerin am Gymnasium um diese Jahreszeit immer sehr viel Korrekturarbeit. Deshalb hat sie sich keine Karte für den Brechtabend besorgt. Als sie nun spontan zum Infopavillon kommt, gibt es keine Karten mehr, ausverkauft. Doch als die Veranstaltung beginnt, sind vier Sitzplätze leer geblieben. So können Schwelger-Nebel und die drei anderen Besucher, die auf gut Glück vor der Tür standen, doch noch einen ganz famosen Abend miterleben – und der Saal ist wieder restlos besetzt.

    Das ist deshalb erwähnenswert, weil Margarete Schwegler-Nebel die Initiatorin der einzigen Brechtfestival-Veranstaltung außerhalb von Augsburg ist, wie Kulturbüroleiterin Ursula Off-Melcher in ihrer Begrüßungsrede hervorhebt. Und sie erzählt auch, dass sich Königsbrunn bereits zum siebten Mal an dieser besonderen Kulturreihe beteiligt.

    Am Rande der Veranstaltung sagt Schwegler-Nebel mit Blick auf Off-Melcher: „Ich dachte, es wäre großartig, wenn Königsbrunn auch ein Stück Festival anbieten könnte und sie hat es gemacht.“ Dass der Abend so einen großen Anklang findet, damit habe Schwegler-Nebel aber nicht gerechnet: „Aber das ist ganz herrlich.“

    Und dann geht es los. Musikwissenschaftler Professor Joachim Lucchesi nimmt die Besucher mit auf eine mentale Reise. Chronologisch folgen die Besucher Brecht. „Aber die Reise ist nicht immer vergnüglich“, warnt Lucchesi. Der Musikwissenschaftler nennt die Orte, ordnet die Zeiten in das politische Geschehen ein und nimmt Bezug auf die Werke und Texte Brechts. Es beginnt mit den ersten Fahrten des Fünfjährigen nach Achern am Rande des Schwarzwaldes, wo die Großmutter lebt, dessen Kochkünste er noch als Erwachsener lobt.

    1927 schrieb Brecht: „Ich, Bertolt Brecht, bin aus den schwarzen Wäldern. Meine Mutter trug mich in die Städte hinein.“ Auf einer Zugreise nach Berlin verfasste der Dichter noch die poetische Sehnsucht „Erinnerungen an die Marie A.“ Doch angesichts der Hungerjahre nach dem Ersten Weltkrieg und seiner Flucht aus Nazideutschland werden Brechts Texte, die von Hanns Eisler und Kurt Weill vertont wurden, kritischer und auch erbarmungsloser mit dem Zuhörer.

    Da erzählt das Lied „O Falladah, die du hangest“ von einem Kutsch-pferd, dass bei lebendigen Leib von ausgehungerten Menschen zerteilt wird und „Das Lied vom Weib des Nazisoldaten“ handelt von den Beutestücken, die der Soldat seine Frau nach Hause schickt: Schuhe aus Prag, einen Pelzkragen aus Oslo, Spitze aus Brüssel und letztendlich den Witwenschleicher aus Russland zur Totenfeier. „Weill hat das Lied in Dur komponiert, nicht in Moll, das könnte jeder“, hebt der Musikwissenschaftler Lucchesi hervor.

    Hier kommen nun die Sopranistin Isabell Münsch und die Pianistin Rita Marx ins Spiel. Eindrucksvoll und ausdrucksstark tragen die Musikerinnen insgesamt sieben vertonte Brechtgedichte vor. Dabei ist die Musik so in den Vortrag eingebettet, dass die Zuhörer sofort einen Eindruck von dem Werk des Dichters bekommen. Hervorzuheben ist hierbei der harmonische Ablauf und das hervorragende Zusammenspiel aller.

    Am Ende der Veranstaltung gibt es viel Applaus und die Akteure sind von vielen Besuchern umringt, die ihnen für den ausgezeichneten Abend danken wollen. „Das war hochkarätig und spannend“, resümiert die Kulturbüroleiterin und auch Margarete Schwegler-Nebel ist ganz begeistert: „Es ist großartig, was Frau Off-Melcher aus der Idee gemacht hat.“

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