Für Ulrich Geh und seine Frau Doris ist das ganze Jahr über Eiszeit. Zwar wird ab Oktober die wöchentliche Produktionsmenge reduziert, doch dafür ist dann mehr Kreativleistung gefragt. Das Uli-von-Bocksberg-Eis-Team tüftelt, welche Winter-Sorte produziert werden soll, und wagt vielleicht sogar schon einen Blick auf die nächste Frühjahrssaison. Die Eisprofis aus Bocksberg wissen: In Frühling und Sommer mögen’s die Eisfans fruchtig. In Herbst und Winter sind cremige Sorten gefragter. Bodenständigkeit und Regionalität sind ihr Markenzeichen.
Die Hochsaison der Eisproduktion beginnt an Ostern und endet mit den Sommerferien. Nur in diesem Jahr ist das Lager leer und so wurde kurzerhand entschieden, im Sommermodus weiter zu produzieren. Das bedeutet: Zwei- bis dreimal in der Woche wird Eis abgefüllt. Vier bis fünf Sorten pro Tag laufen durch die Eismaschine. Aus 600 Litern Eis werden etwa 1500 kleine Eisbecher mit dem Uli-von-Bocksberg-Eisbären und 100 Fünf-Liter-Gebinde für die Gastronomie. In der Hochsaison werden 1500 Liter Eis täglich abgefüllt. Wie lange das Abfüllen dauert, hängt von den Gebinden ab. In die Becher werden etwa 250 Liter pro Stunde abgefüllt, in die großen Gebinde etwa 500 Liter pro Stunde.
25 Kühe sind die Milchproduzenten für das Bockberger Eis
Bevor die Produktion der Milcheissorten – Haselnuss, Pistazie, Vanille, Stracciatella, Regenbogen, Schokolade, Amarena und Heu-Eis – beginnt, sind zwei Schritte nötig: Zum einen müssen alle Anlagen desinfiziert werden. Zum anderen wird frische Milch aus dem Stall geholt. 25 Kühe stehen dort, die die alleinigen Milchproduzenten fürs Bockberger Eis sind. In der neuen Eisküche, die 2012 gebaut und 2013 in Betrieb genommen wurde, kommt die Milch zunächst in den Erhitzungskessel. Dort wird das Eis etwa binnen einer Stunde auf 85 Grad Celsius erhitzt. Nur 30 Sekunden lang bleibt das Eis so heiß. Ebenfalls im Erhitzungskessel werden die weiteren Zutaten zugesetzt, die je nach Eis-Art variieren.
Aus dem Erhitzungskessel wird das Eis durch den Homogenisierer und Plattentauscher gepumpt. Hier wird es auf fünf Grad Celsius abgekühlt und wandert in den Reifebehälter. Zwischen einer Nacht und drei Tagen bleibt das Eis dort bei etwa vier Grad. Dieser Reifeschritt ist wichtig, damit die Verdickungsmittel – wie beim Vanilleeis Johannisbrotkernmehl und Guarkernmehl – quellen können und das Wasser binden. „Durch diesen Schritt wird verhindert, dass sich Eiskristalle bilden. So lässt sich ein wunderbares cremiges und sämiges Eis herstellen“, erklärt Doris Geh.
„Fruchteis hat es gern etwas kälter“
Die letzte Station ist die Eismaschine. Hier wird das Eis auf minus sieben bis minus acht Grad gekühlt. „In flüssigem Zustand kommt das Eis in die Maschine, in gefrorenem Zustand verlässt es die Maschine“, erklärt Doris Geh und Ehemann Ulrich ergänzt eine Besonderheit, die die Erfahrung gezeigt hat: „Fruchteis hat es gern etwas kälter.“ Abgefüllt wird das Eis dann in viererlei Gebinde: 80 Milliliter und 440 Milliliter groß sind die vorverpackten Sorten. Die Gastronomie ordert 2,5- oder Fünf-Liter-Gebinde. Die Becher werden maschinell befüllt und geschlossen. Das Etikett wird indes von Hand aufgeklebt. Auch die Gastronomie-Gebinde werden händisch verschlossen. Mindesthaltbarkeit: acht Monate.
Das Bocksberger Eis gibt’s nicht nur im Hofladen und bei diversen Wiederverkäufern im Augsburger Land. Es gibt auch Fans in München, Füssen und im Bayerischen Wald, die die Qualität schätzen, oder Vereine, die auf regionale Produkte setzen. Den Geschmacksunterschied machen die natürlichen Zutaten: „Echte Milch, echte Sahne und echte Früchte schmeckt man“, erklärt Doris Geh. Auch die Produktionsweise unterscheidet sich und wirkt sich auch auf das Gewicht aus: Das Bocksberger Eis ist deutlich schwerer als herkömmliches. Industriell hergestelltes Eis besteht zu 50 bis 60 Prozent aus Luft, beim Bocksberger ist das wesentlich weniger. Dadurch ist es dichter und kompakter. Das merkt jeder direkt, wenn das Eis aus der Truhe kommt, denn das Abstechen der mundgerechten Häppchen ist entsprechend schwerer. Gehs Tipp: „Das Eis aus der Truhe nehmen, etwas warten und dann portionieren. So wird es noch cremiger und entfaltet den vollen Geschmack.“
Vom Weißbier-Eis bis zum Lindenblüten-Eis
Der Uli-von-Bocksberg-Eisbär ist auf etwa 20 verschiedenen Eissorten zu sehen, die in vorverpackten Bechern abgefüllt sind. Gastronomiebetriebe, die in Bocksberg ordern, haben noch eine größere Auswahl – und mitunter manchmal ganz schön ungewöhnliche Ideen. Für ein Augsburger Brauhaus wurde bereits Weißbier-Eis, Lindenblüten-Eis, Schoko-Rosmarin-Eis mit Zwetschge und die Sorte Zitrone-Basilikum produziert.
Auch ein richtiges gutes Bier-Eis sei in Bocksberg durch die kleine Eismaschine gelaufen, die für spezielle Wünsche und kleinere Chargen reserviert ist. „Das Bier dazu reifte im Eichenfass“, erinnert sich Doris Geh. Doch gerade aus diesem Grund waren die Kosten utopisch hoch. Auch das Honig-Eis hat es aus Kostengründen nicht in die Serienproduktion geschafft. Die Familie will gar nicht jede Eis-Sorte anbieten. „Manche Kinder wünschen sich Schlumpf-Eis“, erzählt die dreifache Mutter. „Aber diese künstliche Eis-Variante passt nicht zu uns.“ Und was schwebt der Eis-Manufaktur für den Winter vor? Ulrich Geh möchte sich am Spitzbuben-Eis probieren.
Auch Wiener Mandel mit Zwetschge wäre eine Option. Ob es eine Geschmacksrichtung in die Serienproduktion schafft, obliegt den Geschmackstestern. „Einen Reinfall gab es noch nicht, aber weiße Schokolade mit Erdbeere hat es nicht in die Serienproduktion geschafft“, verrät Ulrich Geh. Dafür aber eine recht mutige Kreation in die Sommerkollektion: das Heu-Eis. Und noch während er das beschreibt – „das Eis schmeckt, als würde man einen Spaziergang über ein frisch gemähtes Feld machen“ – kommen Ulrich Geh, dessen persönliche Favoriten Haselnuss und Knusperkeks sind, bereits weitere Ideen… Doch er weiß auch: Wenn er eine neue Sorte ins Sortiment nimmt, „opfert“ er dafür eine andere. So möchte der Unternehmer gewährleisten, dass er sich nicht verzettelt.