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Bobingen: Randale im Park und auf dem Friedhof: Warum tun Jugendliche das?

Bobingen

Randale im Park und auf dem Friedhof: Warum tun Jugendliche das?

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    Zerstörungen am Spielplatz im Singoldpark in Bobingen. Die Polizei sucht nach Zeugen.
    Zerstörungen am Spielplatz im Singoldpark in Bobingen. Die Polizei sucht nach Zeugen. Foto: Petra Manz (Archiv)

    Wieder haben Unbekannte in Bobingen randaliert: Sie beschädigten eine Sitzbank und beschmierten Fassaden in der Siedlung. Die Fälle von Vandalismus in der Stadt häufen sich. Vor einigen Wochen wurden Bänke im Singoldpark aus der Verankerung gerissen und in den Weiher geworfen. Wenig später stand das dortige Insektenhotel in Flammen.  Die Stadt hat sich inzwischen mit einem offenen Brief an die Öffentlichkeit gewandt und eine Belohnung von 1000 Euro ausgesetzt für den ersten Hinweis, der zum Täter führt. Die Polizei ist verstärkt im Singoldpark unterwegs. Sie schließt einen Zusammenhang zwischen den Randalen im Park und in der Siedlung nicht aus. Doch bislang tappen die Beamten im Dunkeln. Eine Psychologin erklärt, warum die Täter randalieren. Und wie man sie stoppen kann.

    Bobingen ist kein Einzelfall. Auch andernorts kommt es immer wieder zu Sachbeschädigungen. Erst Ende September war in Schwabmünchen eine Geburtstagsfeier aus dem Ruder gelaufen. Vier junge Leute randalierten auf dem Friedhof und beschädigten mehrere Gräber. Zudem trieben sie im Luitpoldpark ihr Unwesen und stießen eine Bronzestatue vom Sockel. Zwar räumte einer der Beteiligten die Tat ein, doch die Gruppe hinterließ einen Schaden in Höhe von rund 3000 Euro.

    Expertin vom Augsburger Josefinum sagt: "Viele Jugendliche stecken in einer Identitätskrise"

    Doch was treibt Jugendliche zu solchen Taten? Warum überschreiten manche jungen Menschen Grenzen und andere nicht? Michele Noterdaeme ist Chefärztin der Kinder- und Jugendpsychiatrie am Josefinum in Augsburg. Sie sagt: "Das Jugendalter ist keine einfache Zeit, viele Jugendlichen stecken in einer Identitätskrise."

    Umso wichtiger sei es, dass junge Menschen Unterstützung von außen erfahren. Dazu gehört, dass sich die Eltern für ihre Kinder interessieren, deren Freunde kennen, wissen, wo sie unterwegs ist. "Man kann das als Kontrolle, aber auch als Interesse an den Jugendlichen sehen", sagt Noterdaeme.

    Im Singoldpark in Bobingen wurden Bänke aus der Verankerung gerissen. Wenige Wochen später wurde das Insektenhotel im Park angezündet. Noch gibt es keine Hinweise zu den Tätern.
    Im Singoldpark in Bobingen wurden Bänke aus der Verankerung gerissen. Wenige Wochen später wurde das Insektenhotel im Park angezündet. Noch gibt es keine Hinweise zu den Tätern. Foto: Elmar Knöchel

    Vieles hänge von den Vorbildern ab, die die Jugendlichen vorgelebt bekommen, weiß die Expertin. Der Umgang mit Frustration spiele dabei eine wesentliche Rolle. Werden zu Hause Probleme mit destruktivem Verhalten und Gewalt gelöst, werden solche Muster von den Kindern eher übernommen.

    Bei Randalen spielt auch Gruppenzwang eine Rolle

    Auch Drogen würden häufig als Lösung angesehen, um Frustration und Anspannung abzubauen. "Im Rausch wissen Jugendliche oft nicht, was sie tun", sagt Noterdaeme. Es werde im Affekt gehandelt, weshalb auch bei Sachbeschädigungen häufig Drogen mit im Spiel sind. Dazu kommt in vielen Fällen der Gruppenzwang.

    Letzteres könnte auch in Königsbrunn eine Rolle gespielt haben. Dort sorgte eine Gruppe von Jugendlichen kürzlich für Unruhe. Sie stellten das Mobiliar eines Restaurants auf die Straße und blockierten den Verkehr. Anders als in Bobingen konnte die Polizei die acht Tatverdächtigen im Alter zwischen 13 und 17 Jahren schnell ausfindig machen. Nach einer Befragung war klar: Die Jugendlichen waren sich über die Tragweite ihrer Handlung offenbar nicht bewusst, sondern sahen es als Freizeitscherz an.

    Vandalismus am Spielplatz am Singoldpark in Bobingen.
    Vandalismus am Spielplatz am Singoldpark in Bobingen. Foto: Petra Manz (Archiv)

    "In vielen Fällen reicht schon ein Gespräch, damit die Jugendlichen ihr Fehlverhalten erkennen", sagt Chefärztin Noterdaeme. Auch dabei spiele die Vorbildfunktion eine Rolle. "Erwachsene sind nur dann glaubhaft, wenn sie selbst solche Handlungen verurteilen und andere Strategien im Umgang mit Frustration vorleben."

    Zudem sei es wichtig, Jugendlichen einen gewissen Respekt für ihr Umfeld zu vermitteln. "Das fängt schon damit an, ob jemand Müll auf den Boden wirft oder in den Mülleimer", sagt Noterdaeme. Neben den Eltern seien hier auch Schulen und Freizeiteinrichtungen gefragt.

    Corona-Krise wirkt sich auch auf das Verhalten von Jugendlichen aus

    Doch eins stellt Noterdaeme auch klar: "Bei all den Negativbeispielen wird oft übersehen, dass es sich nicht um ein allgemeines Phänomen handelt. Ein Großteil der Jugendlichen wird nie randalieren oder eine Straftat begehen." Es gebe vulnerable Gruppen, die besonders gefährdet sind, und verschiedene Konstellationen, die solche Handlungsweisen begünstigen.

    Zudem müsse zwischen den Taten differenziert werden. Eine Bank zu zerstören habe eine andere Dimension als Brandstiftung oder gar Körperverletzung. "Werden solche Hemmschwellen überschritten, erfordert das ganz andere Maßnahmen und Analysen", sagt Noterdaeme.

    Sie nimmt auch eine Veränderung im Zuge der Corona-Krise wahr. Denn die Schulschließungen hätten dazu geführt, dass Jugendliche plötzlich keine klaren Regeln und Strukturen mehr hatten. Freizeitbeschäftigungen fielen weg, die Lücken wurden nicht geschlossen. "Corona macht vieles nicht mehr möglich. Das kann frustrierend sein", sagt Noterdaeme.

    Nicht jeder Jugendliche erfahre die nötige Unterstützung von zu Hause oder könne sich solche Räume selbst schaffen. Einige Schüler hätten mit Leistungsrückständen zu kämpfen. "Manche Gruppen wurden während des Lockdowns alleine gelassen", sagt die Expertin. Doch sie sieht nicht nur die Eltern in der Verantwortung. Nicht alle Jugendlichen hätten die gleichen Chancen - sei es wegen ihrer Herkunft oder der finanziellen Situation. Es sei auch Aufgabe der Gesellschaft, diese vulnerablen Gruppen stärker zu unterstützen.

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