Mit der Bobinger Bereitschaftspraxis hatten Patienten im Notfall eine feste Anlaufstelle. Doch seit Anfang der Woche ist die Einrichtung vorübergehend geschlossen. Das Personal ist in einer speziellen Infektpraxis im Einsatz, die die Kassenärztliche Vereinigung Bayern (KVB) am Augsburger Glaspalast eröffnete. Doch was bedeutet das für die Patienten aus dem südlichen Landkreis und was sagen Hausärzte zu der Maßnahme?
Jakob Berger, Vorsitzender des Bayerischen Hausärzteverbands in Schwaben, hält die Entscheidung der KVB für richtig. Mit Blick auf die steigenden Corona-Infektionszahlen sei die Einrichtung einer speziellen Infektpraxis momentan notwendig, sagt der Meitinger Hausarzt. Inzwischen würden zwar fast alle Praxen selbst Abstriche nehmen. „Mit einer zentralen Anlaufstelle werden sie aber erheblich entlastet“, sagt Berger.
Auch Mitarbeiter einer Augsburger Bereitschaftspraxis müssen aushelfen
Dass dafür die Bereitschaftspraxis in Bobingen vorübergehend geschlossen werden muss, ist aus seiner Sicht vertretbar. „Es steht derzeit einfach nicht genügend Personal zur Verfügung. Die Kollegen sind alle ausgelastet“, sagt Berger.
Den Mangel an Personal nennt auch Axel Heise, Sprecher der KVB, als Argument für die derzeitige Schließung. Die Corona-Pandemie erschwere die Situation. „Viele Bereitschaftsärzte betreiben eigene Praxen. Sie sind am Anschlag“, sagt Heise. Für die Infektpraxis am Augsburger Glaspalast sei nicht nur Personal aus Bobingen abgezogen worden. Auch Mitarbeiter der Bereitschaftspraxis am Vincentinum müssten dort unterstützen, teilt Heise schriftlich mit. Die aktuelle Infektionslage lasse aus Sicht der KVB keine bessere Lösung zu.
Während in der Bobinger Bereitschaftspraxis ein Arzt pro Schicht im Einsatz war, sind der KVB zufolge in der Infektpraxis bis zu zwei Ärzte gleichzeitig vor Ort. Dort sollen speziell Patienten mit schwerer Erkältung oder typischen Grippesymptomen wie Husten, Halsschmerzen oder Fieber behandelt werden. Heise zufolge sollen so Infektpatienten von anderen Patienten, die eine Bereitschaftspraxis aufsuchen, getrennt und das Ansteckungsrisiko reduziert werden.
KVB-Bereitschaftspraxis: Bobingens Bürgermeister fordert mehr Transparenz
Doch bei Verantwortlichen im südlichen Landkreis sorgt die Schließung der Bobinger Praxis für Unmut. Als Chef der Wertachkliniken fürchtet Martin Gösele einen Anstieg der Patienten in den Notaufnahmen. Dabei wurde die Bereitschaftspraxis im Frühjahr 2016 genau deshalb eröffnet: um die Notaufnahmen der Wertachkliniken zu entlasten.
Bobingens Bürgermeister Klaus Förster kritisierte die Kurzfristigkeit der Entscheidung und forderte mehr Transparenz vonseiten der KVB. Sprecher Heise erklärt dazu, die pandemische Lage in der Region habe sich verschärft und schnelles Handeln erforderlich gemacht.
Wie hoch die Patientenauslastung in der Bobinger Bereitschaftspraxis bislang war, dazu macht die KVB keine genauen Angaben. Heise teilt lediglich mit, dass die Inanspruchnahme zuletzt deutlich niedriger gewesen sei als vor Beginn der Pandemie – ein Effekt, der sich auch an anderen Standorten in Bayern zeige.
Patienten müssen auf andere Bereitschaftspraxen ausweichen
Mit der Schließung müssen Patienten aus dem südlichen Landkreis nun auf andere Bereitschaftspraxen in der Region ausweichen. Einrichtungen gibt es an der Uniklinik Augsburg, am Vincentinum, in Friedberg und Landsberg am Lech.
Hausarzt Berger kann die Verärgerung über die Schließung verstehen. Immerhin müssen Patienten nun längere Wege auf sich nehmen. Doch Berger hält die Entfernung zu den anderen Bereitschaftspraxen für zumutbar. Er betont: „Es ist eine vorübergehende Maßnahme. Die Bobinger Bereitschaftspraxis wird nicht dauerhaft geschlossen.“ Auch KVB-Sprecher Heise hofft auf Verständnis seitens der Patienten und versichert: „Sobald das Pandemiegeschehen es zulässt, wird die Bereitschaftspraxis in Bobingen wieder geöffnet.“
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