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Zypern

Dem Halloumi auf der Spur: Zypern hat jetzt eine eigene Milchstraße

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    Grasen mit Aussicht: Eine Schafherde in Zypern.
    Grasen mit Aussicht: Eine Schafherde in Zypern. Foto: Tupungato/stock.adobe.com

    Zuerst ist es nur ein fernes Klingeln, das das Zirpen der Zikaden durchbricht. Schnell wird das Glockengeläut vielstimmiger und lauter - begleitet von den Rufen des Hirten. Staub erhebt sich aus der Phrygana, dem niedrigen, trockenen Busch- und Strauchwerk, das so typisch ist für die Landschaft im südlichen Pafos. Dann tritt eine Gruppe Ziegen aus dem Dunst und überquert die Straße. Die kleine Autokarawane, die nun warten muss, stört die Tiere nicht. In Seelenruhe knabbern die einen am haarigen Stechginster, am dornigen Kapernstrauch oder dem duftenden Thymian, während andere sich auf die Hinterfüße stellen, um an die Früchte der Pinie zu gelangen. Auch Kostas, der Ziegenhirte, hat keine Eile. Mitten auf der Landstraße stehend, das Kinn auf den langen Hirtenstab gestützt, wartet er ab, bis die Tiere sich weiter trollen und die E702 nach Letymvou für den Verkehr wieder freigeben.

    Halloumi ist Zyperns zweitwichtigstes Exportgut

    Die Landstraße zwischen Letymvou und Lemona ist Teil der „Milky Way“, einer kulinarischen Route auf der Mittelmeerinsel Zypern. Und Langohrziegen wie die von Kostas spielen dabei eine bedeutende Rolle. Liefern die Tiere doch das Fleisch für den einzigartigen Tsamarella-Schinken, der hier produziert wird. Oder für Kleftiko, ein Schmorbraten aus Keule, der unter Luftabschluss stundenlang gart, bis das mürbe Fleisch von selbst zerfällt. Vor allem aber geben sie die Milch für ein regionales Produkt, das in der ganzen Welt bekannt ist: Den Halloumi. Der Käse, der beim Erhitzen nicht verläuft und deshalb von Stockholm bis Sydney, von Toronto bis Singapur überall gerne auf dem Grillrost landet. Rund 38.000 Tonnen verkauft die kleine Insel jährlich ins Ausland, was ihn zum zweitwichtigsten Exportgut der Republik Zypern macht. Die touristische Themenstraße führt durch 24 Dörfer einmal rund um den griechischen Teil der Insel und macht dabei Halt an rund 50 landwirtschaftlichen Produktionsstätten, traditionellen Tavernen oder agrotouristischen Betrieben.

    Typisch Zypern: der Quietschkäse Halloumi.
    Typisch Zypern: der Quietschkäse Halloumi. Foto: irena_geo/stock.adobe.com

    Die meisten sind Familienbetriebe. Viele von Frauen geführt. Und alle lassen sich bei der Arbeit über die Schulter sehen. Da ist Xenia von Arsinoe-Sweets bei Pafos, wo seit 1890 nach traditionellen Rezepten und Herstellungsverfahren in Kupferkesseln vor allem Loukoumi hergestellt wird. Zuckersüße Geleewürfel - aromatisiert mit Rosenwasser, Mastix oder Mandarinen. Oder Elena aus Arsos. Die ehemalige Grafikdesignerin kocht am Rande des Dorfplatzes Soutzoukos, ebenfalls eine traditionelle, zypriotische Süßigkeit. Dabei werden Mandeln auf einen Faden gezogen und anschließend drei bis fünfmal in eine dickflüssige Trauben-Kuvertüre getaucht. In Lefkara bemalt Aphrodite in filigraner Handarbeit kleine Kekse mit traditionellen Mustern. Die sind als Lefkara-Spitze auf Tischdecken, Stolas oder Servietten in ganz Zypern berühmt. 

    Zu denen, die Touristen gerne in ihr Haus einlädt, ihnen traditionelle zypriotische Speisen serviert und das ländliche Leben der Zyprioten näherbringt, gehört auch Sophia Kirialou. 2009 hat sich die ehemalige Hotelköchin selbstständig gemacht und serviert - nach Voranmeldung - in ihrer improvisierten Taverne in Letymvou in der Provinz Pafos was der Garten hergibt oder Nachbarsbauern vorbeibringen: Hühnchenbrust mit roter Bete. Sauerteigbrot, natürlich aus dem eigenen Holzkohleofen. Pourekkia anaris, frittierte Filo-Päckchen mit Anari - eine Art Ricotta, Nebenprodukt des Halloumi. Kleftiko, ein Lamm- oder Ziegenschmorgericht. Süßes, wie Loukoumi, Pasteli oder Soutzoukos . Und natürlich frischen Halloumi.

    Die ehemalige Hotelköchin Sophia Kirialou hates zum YouTube-Star gebracht
    Die ehemalige Hotelköchin Sophia Kirialou hates zum YouTube-Star gebracht Foto: Sven Rahn

    In ihrem Heimatdorf ist die 60-Jährige längst ein YouTube-Star. Auf der Internetplattform sieht man einen Clip, wie sie in ihrem Vorgarten in einem alten Metallkessel den berühmten Quietschkäse auf althergebrachte Art und Weise herstellt. 10.230 Menschen haben sich das Video angesehen, 20-mal mehr, als die kleine, bäuerliche Gemeinde Einwohner hat. „Die Milch wird rund zwei Stunden auf Körpertemperatur erhitzt“, erklärt Sophia ihre Arbeit. Erst dann komme das Lab dazu. Nach einer Stunde unter ständigem Rühren dreht Andreas, ihr Mann, den Gasbrenner auf und lässt die Masse ordentlich aufkochen. Der Vorgang ist entscheidend für die Herstellung des Käses, denn durch das Kochen bei mehr als 90 Grad Celsius verändern sich dessen Eiweißmoleküle. Der Käse verläuft beim Grillen nicht und erhält seine typische, quietschende Konsistenz. „Das dauert eine Stunde“, doziert Sophia, doch Thermometer oder Uhr sucht man in ihrer improvisierten Käseküche vergebens. Sie kocht nach Gefühl. Und das sagt ihr, dass der Käse nun fertig ist. Also schöpft sie die Masse mit einem kleinen Plastikkörbchen ab und presst die Klumpen zusammen, sodass die Flüssigkeit entweicht. Für den Verkauf oder Export würde der Halloumi jetzt noch 24 Stunden in Salzlake eingelegt, doch Sophia formt den noch warmen Klumpen zu einem Halbmond, schneidet ihn in der Mitte auf, legt ein paar Blätter Minze aus ihrem Garten in die Mitte und serviert ihn am liebsten frisch. „So schmeckt er am besten“.

    Auch der Dessertwein Commandaria ist typisch für Zypern

    Sophia ist eine der wenigen Produzenten, die ausschließlich Ziegenmilch für ihren Halloumi verwenden. Dabei folgt sie einer uralten Tradition. „Allenfalls hat man früher Schafsmilch zugefügt“, weiß Haris Stylianides, „maximal zehn Prozent, um dem Käse etwas mehr Struktur zu geben“. Kühe dagegen seien überhaupt erst zu Beginn des vorherigen Jahrhunderts auf Zypern eingeführt worden, so der Präsident des Tourismuskomitees von Pissouri und Besitzer einer kleinen Taverne in dem 1500-Seelen-Dorf. Dass Halloumi aus Zypern - seit 2021 eine EU-weit geschützte Herkunftsbezeichnung - einen Kuhmilchanteil von bis zu 75 Prozent haben darf, ärgert Haris: „Ein Sieg der Milch-Lobby“. Dem wahren Halloumi will der umtriebige 41-Jährige im Dorf ein Museum widmen. Gemeinde, Bezirk und das Tourismusministerium helfen mit. Noch in diesem Herbst soll es in einer ehemaligen Polizeistation eröffnet werden - mit Showkäserei, einer interaktiven Ausstellung und kleinem Restaurant.

    Im Bezirk Limassol kreuzt die Milchstraße immer wieder einen anderen Genusspfad: Die Commandaria-Weinroute. Der Dessertwein ist mindestens so typisch für die Insel wie Halloumi, wird er doch nachweislich seit dem 12. Jahrhundert produziert und gilt somit als die älteste Weinmarke der Welt. „Das Rezept ist sogar noch älter“, erzählt Philippos Karseras. Um 734 vor Christi beschreibt der griechische Dichter Hesiod die Herstellung des Weins wie folgt: Wenn Orion und Sirius in die Mitte des Firmaments rücken (Ende August, Anfang September), dann schneidet die Trauben ab und legt sie zehn Tage und Nächte zum Trocknen in die Sonne. „So machen wir es noch heute“, erklärt der Winzer und zeigt auf ein Feld neben der Kelterei, wo - auf Strohmatten gebettet - Mavro-Trauben zu dunkelroten Rosinen schrumpeln. „Durch die Trocknung steigt der Zuckergehalt auf bis zu 400 Gramm pro Liter“, danach erfolge die Reifung im Eichen- oder Kastanienfass. „Mindestens zwei Jahre“. Das Resultat ist dann ein vielschichtiger, säuregestützter Tropfen mit ausgeprägten Aromen von Feigen, Nüssen, Schokolade und Orangeat. „Ein Wein, der im Mittelalter bis nach England exportiert wurde und damals als der beste Süßwein galt“, so Karseras stolz.

    Die Geschichte des Weinanbaus ist auf Zypern 5000 Jahre alt

    Die erst 1998 gegründete Kellerei der Familie liegt in Doros, einem von 14 Dörfer der Weinstraße in denen laut AOC-Status die Produktion dieses Commandaria erlaubt ist - ausschließlich aus den einheimischen Rebsorten Mavro und Xynisteri und unter einer strengen Ertragsbeschränkung von gerade mal 17 Hektorliter Wein pro Hektar Anbaufläche. Karseras produziert ausschließlich Commandaria - rund 100.000 Flaschen pro Jahr. Für seinen Theodora-Wein erhielt er 2017 beim nationalen Weinwettbewerb die Goldmedaille. Wie genau der entsteht, zeigt der Winzer gerne. „Am besten bei einer kleinen Verkostung“, grinst der 40-Jährige und füllt bernsteinfarbenen Wein in bereitgestellte kleine Degustationsgläser. Vier weitere Winzer öffnen auf der knapp 100 Kilometer langen Rundtour am Rande des Troodos-Gebirges die Türen zu ihren Weinkellern. Zudem kann man die Ordensburg der Johanniter in Kolossi besichtigen - die „Grande Commanderie“, die Große Kommandantur, gab dem Wein seinen Namen - und im Weinmuseum in Erimi der 5000 Jahre alten Geschichte des Weinanbaus auf Zypern nachgehen. Oder man wandelt einfach durch die verwinkelten Gassen der meist blumengeschmückten Dörfer und beobachtet in einem Kafenion bei einem griechischen Mokka das Dorfleben. Nicht an der Themenstraße gelegen, aber unbedingt einen Abstecher wert ist die farbenfrohe Darstellung in der römischen Villa des Dionysos in Pafos, wo man den Gott des Weines auf einem Mosaik aus dem zweiten Jahrhundert beim Gelage mit der Nymphe Akme bestaunen kann. Für die Hafenstadt an der Südwestküste - der Legende nach wurde hier Aphrodite geboren - hat Phillipos noch einen Tipp parat: „Schaut in der Altstadt bei Antigo Mezedopoleio vorbei“. In der traditionellen Taverne gebe es die beste Auswahl an Meze-Vorspeisen, Live-Musik und ordentliche Weine. Und natürlich Halloumi. „Der passt zum Abschluss eines Mahles ganz wunderbar zum Commandaria“.

    Kurz informiert

    Anreise: Direktflüge nach Zypern gibt es unter anderem von den Flughäfen Frankfurt am Main, Düsseldorf, München, Berlin und Hamburg.

    Unterkunft: Eine großzügige Anlage, direkt am Meer mit mehreren Restaurants und Bars bietet das CBH Asimina Suites Hotel in Pafos. Ganz traditionell, in einem Steinhaus von 1794 nächtigt man im Agrovino im Bilderbuchdörfchen Lofou.

    Essen: Traditionelle Zypernküche mit lokalen Produkten kocht Haris Stylianides für seine Gäste im Vrakas Restaurant in Pissuri. Das Antigo Mezedopoleio in Pafos ist berühmt für seine Vorspeisenkreationen.

    Der Autor recherchierte auf Einladung des Cyprus Deputy Ministry of Tourism. www.visitcyprus.com

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