Die Lust auf Urlaub bei den Deutschen ist groß, das zeigen Umfragen und Buchungszahlen von Verbänden, Analysten und Veranstaltern. Der Reisesommer 2023 verspricht also gut zu werden für die Branche, die sich in dieser Woche (7. bis 9. März) in Berlin zur Reisemesse ITB trifft. Und wie wird er für die Urlauber? Wir beantworten fünf zentrale Fragen.
Wo reisen die Menschen hin?
Ein Klassiker steht auch diesen Sommer hoch im Kurs: das Mittelmeer. Beim größten deutschen Veranstalter Tui sind die türkische Riviera, Mallorca und die griechischen Inseln die Top 3. "Die Reisenden aus Deutschland sind ihren Favoriten treu", so ein Sprecher.
Ähnlich sieht es bei Alltours und der Anex Gruppe mit den Marken Öger Tours, Neckermann Reisen, Anex Tour und Bucher Reisen aus.
Beim Konzern DER Touristik mit den Marken Dertour, ITS und Meiers Weltreisen seien auf der Kurz- und Mittelstrecke vor allem Spanien, die Türkei, Griechenland, Deutschland und Italien nachgefragt. Auf der Fernstrecke sind es Nordamerika, Ziele am Indischen Ozean und in der Karibik sowie Thailand und die Vereinigten Arabischen Emirate.
Mit Blick auf Deutschland schwanken die Angaben der Veranstalter indes zwischen starker und weniger großer Nachfrage. Das ist aber auch wenig überraschend. Grund: Nach der Corona-Pandemie, als Urlaub hierzulande aufgrund vieler Reisebeschränkungen geboomt hatte, haben sich die Verhältnisse der Vor-Corona-Zeit wieder eingestellt, das zeigt eine aktuelle Reiseanalyse der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR).
Deutschland war demnach 2022 mit einem Anteil von 27 Prozent das Reiseziel Nummer eins der Bundesbürger. 73 Prozent der Reisen gingen ins Ausland. Das könnte dieses Jahr im Verhältnis ähnlich aussehen.
Wird das Reisen in diesem Sommer teurer?
Pauschal lässt sich das nicht beantworten, für viele Bereiche lautet die Antwort: wahrscheinlich ja.
Beispiel Flugpreise: Laut einer Suchanfragen-Analyse der Reisesuchmaschine Kayak sind Flüge für diesen Sommer (konkret: zwischen 1. Juni und 15. September) im Schnitt erheblich teurer geworden - in Europa von 244 Euro (2022) auf 298 Euro (2023), ein Plus von mehr als 20 Prozent. Auf der Fernstrecke war die Steigerung von vergangenem zu diesem Sommer ungefähr genauso hoch. Von durchschnittlich 738 auf 893 Euro kletterten die Preise.
Auch Ferienhäuser und -wohnungen werden laut einer Umfrage des Deutschen Ferienhausverbandes und des Deutschen Tourismusverbandes teurer. Im Schnitt kostet deren Miete knapp sechs Prozent mehr als 2022. Rund drei von fünf befragten privaten und gewerblichen Vermietern haben die Preise demnach für dieses Jahr erhöht.
Und mit Blick auf Pauschalreisen für die Sommerferien 2023 hatte das Reisebuchungs- und Bewertungsportal Holidaycheck im Dezember auf Basis einer eigenen Preisanalyse schon geschrieben, dass sie "teilweise drastisch teurer" werden.
Wie lässt sich sparen und ist Last-Minute etwas drin?
Tatsächlich sieht es mit Buchungen in letzter Minute eher schlecht aus. Von Alltours heißt es dazu zum Beispiel: Wegen der gestiegenen Nachfrage in der Sommersaison 2023 sei nicht auf viele Last-Minute-Schnäppchen zu hoffen.
Die gute Nachricht: Tatsächlich sind noch immer Rabatte für Sommerbuchungen drin, bei vielen Veranstaltern gibt es dafür bis Ende März Frühbucher-Nachlässe.
Wer indes flexibel beim Reiseziel und -zeitraum sowie der Hotel-Klassifizierung ist, hat durchaus Chancen auf Schnäppchen in letzter Minute. Hat man allerdings einen ganz bestimmten Wunschurlaub im Sinn, sollte man nicht darauf spekulieren.
Wird es wieder chaotische Zustände an den Flughäfen geben?
Allen voran Personalmangel im Luftverkehr hat im vergangenen Reisesommer an den Flughäfen teils für erhebliche Probleme gesorgt und vielen den Start in den Urlaub gründlich verhagelt. Ob diesen Sommer alles besser abläuft, lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen. Ganz überwunden sind die Personalengpässe in der Branche nicht.
Während viele Touristiker auch 2023 mit Wartezeiten und Flugstreichungen rechnen, blickt Veranstalter Alltours zuversichtlich auf diesen Flugsommer: "Die Flughäfen haben nach unserer Einschätzung aus der Vergangenheit gelernt und zahlreiche Maßnahmen ergriffen."
Apropos Fliegen: Was ist eigentlich mit dem Umweltbewusstsein?
Mit Blick auf Klima und Nachhaltigkeit reisen, darüber wird viel geredet. Nur in der Buchungspraxis schlägt das offenbar noch eher wenig durch. So heißt es etwa in der aktuellen ADAC-Tourismusstudie: Nur fünf bis zehn Prozent der Befragten seien bereit, auch nur einen kleinen Aufpreis für nachhaltige Leistungen zu zahlen. Auch Themen wie der CO2-Fußabdruck der Reise spielten bei der Buchung eine untergeordnete Rolle.
Für Tourismusforscher Prof. Harald Zeiss von der Hochschule Harz ist das kaum überraschend: Man beobachtete seit Jahren, dass Menschen bei Umfragen angeben, dass ihnen Nachhaltigkeit wichtig sei. Das habe auch mit sozialer Erwünschtheit zu tun.
"Wenn es dann jedoch ums Geld geht, steigen viele aus." Deshalb sinke die Relevanz von Aspekten der Nachhaltigkeit in den Umfragen immer stark, sobald es um die konkrete Buchung gehe.
Dabei sei Nachhaltigkeit nicht unbedingt ein Thema, das Kosten verursacht, sagt Tourismusforscher Zeiss. "Man kann nachhaltigen Urlaub machen, der nicht teurer ist." Etwa, indem man eben nicht weit wegfliegt, sondern eher in der Nähe verreist, indem man der Bahn den Vorzug vorm Flieger gibt. "Das ist mehr eine Frage der persönlichen Einstellung als eine Frage der Größe des Geldbeutels."
Dass neben Kreuzfahrten gerade Flugreisen oft klimaschädlich sind, scheint angesichts der aktuellen Reiselust der Menschen nach den Einschränkungen durch Corona in der allgemeinen Wahrnehmung etwas in den Hintergrund geraten zu sein.
"Ich glaube, wir sind noch in einer Nachholphase, die ein, zwei Jahre dauern wird", so Zeiss. "Aber wir werden wieder in eine Art Flugbewusstseinsphase kommen, in der man von anderen zunehmend kritisch gesehen wird, wenn man fliegt." In der sich Urlauber immer weniger trauen würden, von Flugreiseerfahrungen zu erzählen. "Weil andere womöglich sagen: Mit deinem Verhalten schädigst du doch die Umwelt, die du genießen willst."
Das vor Ausbruch der Pandemie weitverbreitete Schlagwort Flugscham würde er aktuell noch nicht nutzen - aber Zeiss glaubt, dass es wiederkommen wird.
(Von Tom Nebe, dpa)