Es ist der Perspektivwechsel, den der Impressionisten Claude Monet immer wieder ausprobiert und der seine Bilder anders aussehen lässt, als die der anderen Künstler seiner Zeit. So richtete er ein Atelier auf einem Boot ein, um den Wellen und dem Lichtspiel in den Wellen möglichst nahe zu sein, er war überhaupt der erste, der das Atelier verlies und im Freien malte. Auch der Reisende auf dem Fluss erlebt eine andere Perspektive, erlebt neue Orte vom Flusshafen aus. Und wer im Schiff auf der Seine zwischen Paris und Le Havre reist, wird auch Claude Monet und seinen Motiven immer wieder begegnen.
Schon beim Start in Paris zeigt sich die neue Perspektive. Die Viva Gloria mit ihren maximal 152 Passagieren schaukelt sanft im Wasser, die Hektik und der Lärm der Stadt bleiben außen vor, nur in der Ferne hört man das Hupen der Autos. Bevor die Reise nach Le Havre losgeht, muss der Kapitän wenden. Dieser große Bogen erlaubt vom Sonnendeck des Flusskreuzfahrschiffs den Blick auf den Eiffelturm und die kleine Freiheitsstatue, die an der Seine steht. Das Wahrzeichen von Paris ohne Stau und Gedränge vom Fluss aus betrachtet, vor blauem Himmel ist das perfekt.
Die Wellen der Seine schaukeln in den Schlaf
In der Kabine mit dem französischen Balkon – die Fenster lassen sich öffnen – oder beim Frühstück, Mittag- und Abendessen im Restaurant an Bord: Die Seine ist zum Greifen nahe, der Fluss gibt den Weg und die Geschwindigkeit der Reise vor. Das Brummen des Motors macht schläfrig, spätestens bei der Durchfahrt durch eine Schleuse wird man von ungewöhnlichen Geräuschen geweckt, um dann doch wieder von den Wellen in den Schlaf geschaukelt zu werden.
Und am nächsten Morgen ist Paris Geschichte. Das Boot liegt im Hafen von Les Andelys, einer kleinen Stadt am Ufer der Seine. Überragt werden die beiden Dörfer Le Grand und Le Petit Andely vom Château Gaillard, das Richard Löwenherz, König von England und Herzog der Normandie, im 12. Jahrhundert erbauen ließ. Die Burg wurde 1204 erobert, wodurch die Normandie an Frankreich fiel. Magali Kirchgässer lässt die Geschichte lebendig werden, erläutert die Bedeutung von Aufbau und Wällen des Châteaus, erklärt wie der Wikinger Rollo, der 911 den letzten großen Überfall auf Westfrankreich kommandierte, ein Abkommen mit dem fränkischen König schließt, das letztlich die Normandie, die Heimat der Normannen, begründete. Auch Rollo wird einem auf dieser Reise immer wieder begegnen.
In Rouen ballt sich französische Geschichte
Nächster Stopp: Rouen, die Hauptstadt der Normandie. In der gotischen Kathedrale ruhen das Herz von Richard Löwenherz und der Wikinger Rollo. Auch Monet ist hier präsent. Er malte die verschiedenen Lichtspiele auf der Westfassade der Kathedrale zwischen 1892 und 1894 wieder und wieder. Insgesamt umfasst die Bilderserie 33 Bilder. Über den Sommer bis in den frühen Herbst wird die Fassade heute bei Einbruch der Dämmerung mit Lichteffekten beleuchtet, Tonelemente begleiten die abendliche Vorführung. Und als ob es der französischen Geschichte nicht genug wäre, begegnet man beim Bummel durch die mittelalterliche Stadt auch noch Jeanne d’Arc in form einer Statue. 1431 wurde sie in Rouen auf dem Scheiterhaufen verbrannt.
Ein Kontrastprogramm zum normannischen Fachwerk in Rouen ist Le Havre. Die Stadt am Ärmelkanal wurde während des Zweiten Weltkriegs nahezu vollständig zerstört und vom Architekten Auguste Perret wieder aufgebaut. Für dessen „Poesie in Beton“ erhielt Le Havre den Titel Unesco-Weltkulturerbe. In der Kirche St. Joseph spielt das Licht mit den bunten gläsernen Mosaiken im Laternenturm und lässt den grauen Beton spielerisch sanft wirken. Aber auch in Le Havre ist Monet präsent. Er malte 1872 am Hafen ein Werk mit dem Titel „Impression, soleil levant“. Dieses Kunstwerk gab dem Impressionismus seinen Namen. Das Felsentor und die Felsnadel an der nahen Alabasterküste bei Étretat finden sich in einem Werk des Künstlers. Monet machte durch seine Bilder und seine Anwesenheit die Kreideküste bei Étretat berühmt. Dort gab es dann auch Badekuren, bei denen man im Woll-Badeanzug von einem Bademeister ins Wasser getragen wurde - zum sogenannten Wellenschock. Baden geht hier noch immer, zumindest im Sommer. In den anderen Jahreszeiten lassen Wetter und Lichtwechsel auch bei einem kurzen Aufenthalt ahnen, was den impressionistischen Künstler faszinierte.
Das Leben an Bord der Viva Gloria ist entspannt
Das Leben an Bord der Viva Gloria nimmt, durchbrochen von Mahlzeiten und Ausflügen, seinen vom Lauf der Seine bestimmten Gang. Bei schönem Wetter lädt das Sonnendeck mit Whirlpool ein, eine kleine Sauna wärmt bei Regen. Die Essenszeiten und die Sitzplätze während der Mahlzeiten sind frei wählbar und auch Vegetarier finden ein Gericht auf der Speisekarte. Leger ist die Atmosphäre, sodass selbst beim Galadinner weder Abendkleid noch Smoking oder Krawatte ausgepackt werden müssen. Doch bevor man es sich so richtig gemütlich macht, steht Honfleur steht auf dem Programm. Malerisch ist der alte Hafen mit vielen Fischerbooten und die Uferpromenade. Zahlreiche Fachwerkhäuser aus dem 16. bis 18. Jahrhundert säumen die Straßen des Ortes. Die Kirche St. Catherine lohnt einen Besuch, ist sie doch die größte aus Holz gebaute Kirche Frankreichs und steht im Kontrast zu den anderen bereits besuchten Kathedralen und Kirchen. Und wieder gibt es eine Verbindung zu Monet: Honfleurs berühmtester Sohn ist Eugene Boudin, Vorläufer des Impressionismus und enger Freund des Künstlers.
Endgültig im Mittelpunkt steht Claude Monet bei einem Besuch in Vernon, das auf der Rückfahrt besucht wird. Die alte Mühle diente dem Impressionisten als Motiv für mehrere Bilder. Monets Haus und sein Garten in Giverny, wo er von 1883 bis zu seinem Tod im Jahr 1926 lebte, sind nur einen Katzensprung entfernt. Und auch wer nichts für Impressionismus oder den Maler, der kein einfacher Mensch war, übrighat: Die Teiche, die japanische Brücke, die Blumen und die Seerosen sind einen Spaziergang wert. Was aber hier wie in Honfleur gilt: Während der Saison ist das Gedränge groß, das Ausweichen in die Nebensaison lohnt.
Die Flusskreuzfahrt endet am Startpunkt ein Paris. Ein Tag steht für Besichtigungen zur Verfügung. Eine Rundfahrt oder der Besuch eines der zahlreichen Museen wie das Museé Marmottan Monet, die Monets Kunstwerke ausstellen, bietet sich an. Und wer ein wenig Kontrastprogramm braucht, schaut sich das Montmartre auf einer Tour mit einer echten Ente aus den 70er Jahren an. Man fühle sich dann wie ein Rockstar, sagt Pierre, einer der Fahrer eines 2CVs aus dem Jahr 1978. Ständig werde man fotografiert.
Die Autorin recherchierte auf Einladung von Viva Cruises.
Kurz informiert
Anreise: Es gibt sehr gute Zugverbindungen nach Paris, wo die Kreuzfahrt beginnt und endet. Flüge gibt es von München nach Paris.
Bordleben: Essen und Getränke sind im Reisepreis inklusive - auch Trinkgelder und Minibar. Nur die Ausflüge gehen extra. Eine Zwei-Bett-Kabine auf der Seine (acht Tage, sieben Nächte) liegt je nach Saison zwischen 1650 Euro und 2550 Euro pro Person.
Ausflüge: Auf der Viva Gloria stehen Fahrräder zum Ausleihen bereit. Le Havre etwa lässt sich so auf eigene Faust erkunden. In Rouen kann man auf dem Markt regionalen Käse verkosten. Wer es lieber süß mag: Auch Schokolade kann im Rahmen einer Verkostung probiert werden. Rouen und die Kreideklippen von Étretat können bequem mit einem Bähnchen besichtigt werden. Einen Besuch wert sind außerdem die Gärten von Étretat.
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