Vielen Deutschen ist Madeira auch unter dem Namen Blumeninsel bekannt. Wer die 57 Kilometer lange und 22 Kilometer breite portugiesische Insel nördlich der Kanaren einmal besucht hat, weiß, wieso: Wohin man auch blickt, kann man eine üppige und vor allem abwechslungsreiche Vegetation entdecken. Neben endemischen, also heimischen Pflanzen wie dem Lorbeerbaum gibt es viele exotische Arten – etwa die Hortensie oder den Eukalyptus, bei den Obstsorten Bananen oder Maracujas. Von ihrem Blumeninsel-Image distanziert sich die Tourismusbranche der Insel aber mit der Zeit. Der Grund: Durch dieses Image wird zum Großteil eine bestimmte Altersgruppe angesprochen, die hier seit Jahren gerne Urlaub macht.
Madeira ist für Wanderer ein Mekka
Über einen Mangel an Touristen kann Madeira also nicht klagen, dennoch soll das Image nun aufgefrischt werden Geworben wird nun mit Trendsportarten: Surfen, Tauchen, Biken, Laufen, Schwimmen, Kiten, Wandern... Gerade für Wanderer ist Madeira ein Mekka. Entlang der Levadas, der alten Bewässerungsgräben, die seit dem 15. Jahrhundert Wasser aus dem niederschlagsreichen und bergigen Norden in den trockenen Süden transportieren, gibt es zahlreiche ausgeschilderte Wanderrouten, die sich für Anfänger wie für Fortgeschrittene eignen und ein besonderes Naturerlebnis bieten.
Nur gut 40 Kilometer weiter nordöstlich im Atlantischen Ozean gelegen, gibt es ein Eiland, das sein Image nicht aufpolieren muss. Und es auch gar nicht will, denn die lediglich rund 5000 Einwohner wollen den natürlichen Charme Porto Santos nicht verlieren. Deswegen ist die Touristenkapazität auf maximal 3000 Betten beschränkt. Carla Sofia Santos ist auf der Insel aufgewachsen und kennt dort, wie sie selbst sagt, jeden. Heute bietet Santos geführte Jeep-Touren mit den interessantesten Spots für Gäste an. Sie erklärt, dass auch der Bau von Hotels von der portugiesischen Regierung überwacht wird – nur sechs Hotels gibt es derzeit auf der rund 42 Quadratkilometer großen Insel. Im Übrigen darf kein Gebäude höher als dreistöckig gebaut werden.
Auf Porto Santo herrscht ein komplett anderes Klima
Auch das unterscheidet sie von ihrer großen Schwester Madeira, wo sich am Küstenabschnitt der Hauptstadt Funchal ein prahlerisches Hotel an das nächste reiht. Der wohl größte Unterschied ist aber das Bild, das sich dem Auge bietet, wenn man mit der Fähre auf Porto Santo zusteuert: Die Vulkaninsel ziert eine karge, felsige Landschaft. Sind auf Madeira die vielen Pflanzenarten unzählbar, muss man hier schon fast nach einer natürlichen Vegetation suchen. Aber halt, dort sind Miniaturblüten! Auf der Rundfahrt mit dem Jeep, beim Spaziergang durch die versteinerten Dünen im Norden der Insel, die unweigerlich an eine Mondlandschaft erinnern, bietet sich ein besonderer Anblick: Im wüstenartigen Sand gedeiht der Lotus glaucus. Eine einheimische Pflanze, zwischen deren rankenartigen Blättern zierliche Blüten in Gelb bis Orangerot der Trockenheit trotzen.
Auf ihrem neun Kilometer langen Strand spielt sich der größte Teil des touristischen Lebens ab. Entgegen der felsigen Küste Madeiras gibt es Sandstrand, in charakteristischem Gelbgold, für das die Mischung verschiedenfarbiger Sedimentgesteine verantwortlich ist und ihr den Beinamen goldene Insel beschert. Dem Sand wird sogar eine gesundheitsfördernde Wirkung nachgesagt: Er ist reich an Mineralien wie Magnesium, Kalzium, Phosphor, Schwefel und entzündungshemmendem Strontium. Zur Therapie bei Gicht, Arthrose oder Osteoporose werden auf Porto Santo warme Sandbäder angeboten.
Am Strand der Hauptstadt Vila Baleira, des einzigen größeren Orts der Insel, kommen einmal im Jahr Touristen und Einheimische in großer Zahl zusammen: Sie feiern das „Columbus-Festival“. Mit den zehntägigen Feierlichkeiten soll die Zeit nachempfunden werden, als Christoph Kolumbus auf der Insel lebte. Hier war er einst mit einer Einheimischen liiert. Dreh- und Angelpunkt des Festivals ist das Schauspiel seiner Heimkehr, nachdem er im Jahr 1492 Amerika entdeckt hat. Von der Hauptbühne am Strand dringt eine tiefe Stimme aus dem Lautsprecher und ordnet die Geschehnisse für das Publikum ein. Eine Frauenstimme beschreibt in Zwischensequenzen die Situation der Inselbewohner. Schier endlos schien seiner Gattin die Zeit, die ihr Liebster in den bedrohlichen Weiten des Ozeans verbrachte - stets mit der Angst lebend, das Meer habe ihn zu sich geholt. Dicht aneinander gedrängt reihen sich die Besucherinnen und Besucher am Geländer des zentralen Stegs entlang, um zu beobachten, wie das mächtige Schiff Santa Maria kurz vor Sonnenuntergang am Horizont erscheint und Kolumbus und zwei Gefährten mit einem Rettungsboot hinunter aufs Wasser steigen.
Die Besucher warten alle auf Kolumbus
Während des Wartens auf den Eroberer gibt es auf dem halbrunden Platz um die Bühne ein reges Treiben mit mittelalterlichen Kostümen, dabei sind Gaukler und Dorfbewohner genauso wie die in schwarz gekleideten Gattinnen der Seefahrer, die sehnlichst deren Rückkehr herbeiwünschen. Musik und Tanzeinlagen runden das Schauspiel ab. Wenn die Sonne langsam am Horizont verschwindet und Kolumbus und seine Männer von den Inselbewohnern feierlich in Empfang genommen werden, beginnen die Festlichkeiten im Ort. An diesem Abend sind alle Restaurants in Vila Baleira ausgebucht, sagt Carla Sofia Santos. Beim mittelalterlichen Markttreiben mit Essens- und Getränkebuden sowie Schmuckständen klingt der Tag für tausende Besucher in dem Küstenstädtchen aus.
Im selben Jahrhundert, als Kolumbus auf der Insel lebte, war deren Entdeckung: Im Jahr 1418 stießen zwei portugiesische Seeleute auf das noch unbewohnte Gebiet. Weil sie dort angeblich Schutz vor einem schlimmen Sturm suchten und fanden, wurde die Insel Porto Santo, auf Deutsch Heiliger Hafen, genannt. Erst zwei Jahre später sollen die Seefahrer Madeira entdeckt haben. Noch heute würde Porto Santo ihrem Namen alle Ehre machen, weil alle immer heil zurückkommen, erläutert Guide Santos. Weder Stürme noch Starkregenereignisse suchen die goldene Insel heim. „Hier regnet es nur fünf Tage im Jahr“, sagt die studierte Geologin. Einer der Gründe sei die zwar hügelige, aber relativ gleichmäßige Form der Insel, die vor etwa 14 Millionen Jahren entstanden ist und deren vulkanische Ursprünge ihre Spuren in der Landschaft hinterließen. Das heißt nicht, dass es immer sonnig ist: Die Wolken würden vereinfacht gesagt keinen geeigneten Platz zum Abregnen finden und vorüberziehen.
Der seltene Regen mag für Touristen verlockend sein, für die Bewohner Porto Santos ist er seit jeher eine Herausforderung. Bis in die 1980er Jahre gab es nur etwa 50 Wasserquellen auf der Insel. Der Anbau gelang nur in der Bergregion, wo durch die Wolken Feuchtigkeit an Boden und Pflanzen abgegeben wird. Ein Levada-Bewässerungssystem wie auf Madeira war hier undenkbar. Erst seit Ende des 20. Jahrhunderts, nachdem die erste Wasseraufbereitungsanlage gebaut wurde, nahm die Population signifikant zu, erläutert die Einheimische Santos. Seither wird Wasser aus dem Meer zu Trinkwasser aufbereitet. Das Grauwasser gehe nicht verloren, es werde noch einmal gereinigt und für die Bewässerung, zum Beispiel von Golfplätzen, verwendet. Der gesamte Strombedarf der Insel werde mittels PV-Anlagen produziert. Wegen des ganzjährig milden Klimas muss nicht geheizt werden. Die Inselbewohner leben autark, „wir brauchen nicht viel“, betont Santos. Damit die knappen Güter auch künftig für alle reichen, ist es wichtig, dass der Tourismus nicht überhandnimmt.
Die Autorin recherchierte auf Einladung von Madeira Promotion Bureau.
Kurz informiert
Anreise nach Porto Santo: Die Insel besitzt etwa zwei Kilometer südwestlich des Stadtzentrums von Vila Baleira einen eigenen kleinen Flughafen, der von deutschen Städten mit Zwischenstopp, beispielsweise in Lissabon, angeflogen wird. Oder man verbindet den Besuch mit einem Aufenthalt auf Madeira. Von Funchal wird der Flughafen ebenfalls angesteuert und es verkehren Fähren. Etwa zweieinhalb Stunden dauert die Überfahrt mit der Porto Santo Line „Lobo Marinho“. Die ist zwar günstiger als der Flug, aber mit Vorsicht zu genießen: Der Wellengang des Atlantiks kann mitunter sehr rau sein und auch Gästen ohne Seekrankheit auf den Magen schlagen. Normalerweise verkehrt die Fähre einmal am Tag und bringt bis zu 1000 Besucher auf die goldene Insel und abends zurück nach Funchal. Wenn viel Andrang ist, zum Beispiel beim Columbus-Festival, fahren zusätzliche Schiffe.
Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden