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So sehen Reiseveranstalter die Proteste auf den Kanaren

Kanarische Inseln

„Die klassischen Hotels sind nicht das Problem auf den Kanaren“

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    Insgesamt 55.000 Demonstranten forderten auf den Kanarischen Inseln eine Obergrenze der Zahl der Touristen oder etwa bezahlbaren Wohnraum für Einheimische.
    Insgesamt 55.000 Demonstranten forderten auf den Kanarischen Inseln eine Obergrenze der Zahl der Touristen oder etwa bezahlbaren Wohnraum für Einheimische. Foto: Europa Press Canarias/dpa

    Wie wichtig sind die Kanarischen Inseln für die Deutschen Reiseveranstalter?
    Die Kanarischen Inseln sind für alle Reiseveranstalter enorm wichtig, weil die Inselgruppe wegen der konstanten Temperaturen ein Ganz-Jahresziel ist. Die acht Atlantikinseln ziehen vor allem Bade-Touristen an, sind aber auch bei Wanderern und Golfern beliebt. Außerdem ist die Flugzeit mit gut vier Stunden für viele angenehm. 16 Millionen Touristinnen und Touristen haben im vergangenen Jahr auf den Kanaren ihren Urlaub verbracht – vor allem aus Großbritannien, Deutschland und den Niederlanden. Gut zwei Millionen davon sind Spanier vom Festland, die auf den Kanaren urlauben. Allein bei Tui werden pro Jahr mehr als eine Million Reisen nach Teneriffa und Co. verkauft. Die Bevölkerungszahl liegt bei 2,2 Millionen. 

    Dass Zehntausende in den Hauptstädten der Inselgruppe auf die Straßen gehen, ist eine neue Dimension des Protests, den es vor Corona weniger intensiv auch schon gab. Worum geht es?
    „Basta ya“, es reicht, wurde bei den Demonstrationen vielfach skandiert. Manchmal waren auch Protestplakate mit der Aufschrift „Touristen, haut ab“ zu lesen. Gut 55.000 Kanarios forderten am Wochenende eine Begrenzung der Tourismuszahlen auf den Kanaren. Außerdem sind viele Einheimische verärgert wegen der Planung von zwei neuen Hotelprojekten in sensiblen, bislang unberührten Buchten von Teneriffa, der aus touristischer Sicht wichtigsten Insel des Atlantik-Archipels. Nicht zuletzt bringt auch die steigende Zahl vermieteter Privatwohnungen an Feriengäste die Kanarios auf die Palme. Die Preise steigen dadurch, die Einheimischen können sich die Mieten nicht mehr leisten, die 2023 durchschnittlich um 14 Prozent gestiegen sind. Vom wachsenden Tourismus profitieren angeblich nur die wenigsten. 

    Wie schätzen die Reiseveranstalter die Situation auf den Kanarischen Inseln ein?

    Bei FTI, dem Münchner Reiseveranstalter, ist man optimistisch. „Zum jetzigen Zeitpunkt sind wir mit den Buchungseingängen für die Kanarischen Inseln zufrieden“, sagt Strategic Destination Officer Spain & Portugal Sabine Prähauser. Weder seien unsere Buchungen seit Beginn der Proteste zurückgegangen, noch verzeichnen wir derzeit Stornierungen oder Umbuchungen, heißt es bei FTI. Aage Dünhaupt, Pressesprecher bei Tui, weist darauf hin, dass bei den Protesten der Tourismus durchaus differenziert gesehen wird. Der Ärger richte sich vor allem gegen die große Zahl neuer Ferienwohnungen in den Inselorten. 200.000 legale Ferienappartements gibt es mittlerweile. Die Zahl der Hotelbetten sei dagegen deutlich um 8,1 Prozent auf 365.000 Betten gesunken. 

    Der Stillstand wegen Corona ist keine zwei Jahre vorbei. Schon wird wieder gegen Overtourism demonstriert ...
    Die Atlantikinseln erlebten im vergangenen Winter ihre erfolgreichste Saison in ihrer Geschichte. Im Herbst 2023 hatte selbst die Tourismusministerin Jessica de Leon die Herausforderung für die Kanaren darin gesehen, „nicht am eigenen Erfolg zugrunde zu gehen“. Sowohl die Tui als auch FTI verweisen darauf, dass die Probleme nur durch politische Entscheidungen auf den Kanarischen Inseln gelöst werden könnten. Ein Baustopp für Hotels etwa. Oder eine intensivere Kontrolle der Wohnungsvermietungen. Die klassischen Hotelanlagen, die es schon seit Jahrzehnten auf den Atlantikinseln gebe, seien nicht der Kern des Problems, so Aage Dünhaupt. Die gute Erreichbarkeit der Kanarischen Inseln durch zahlreiche Fluglinien sei zudem Fluch und Segen zugleich. 

    Was könnte die Lösung für dieses Problem sein?
    Durch die Vermietungen von Wohnungen über die klassischen Online-Plattformen ist der Tourismus nicht nur auf den Kanaren schwerer einschätzbar geworden. Gefragte Orte wie Amsterdam, Barcelona, Florenz, Berlin aber auch Sylt und natürlich Mallorca haben alle das gleiche Problem. Die Frage ist, wie gut kann diese private Vermietung kontrolliert werden, wenn die Reisenden Flug und Unterkunft meist schnell zu Hause am PC buchen? Zahlreiche vorübergehende Unterkünfte sind den Behörden oft auch gar nicht bekannt. Eine Lösung vielleicht: „Alles auf null setzen und dann müssten alle wieder ihre Genehmigungen einholen“, so Dünhaupt. Die Reiseveranstalter haben auch noch aus einem anderen Grund Interesse daran, dass die privaten Vermietungen von Ferienwohnungen wieder reduziert werden. „Unsere Mitarbeiter benötigen den günstigen Wohnraum“, so Aage Dünhaupt. 

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