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Sauna, Piroggen und viel Natur: Das Rezept der Finnen für viel Glück

Finnland

Wie machen die das nur? Sei so glücklich wie die Finnen!

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    Die Landschaft am Saimaa-See in Finnland
    Die Landschaft am Saimaa-See in Finnland Foto: evannovostro/stock.adobe.com

    Der erste Bissen ist so, wie man ihn sich vorstellt. Buttrig, warm, Wolldeckengefühl, eine kulinarische Umarmung. Dabei ist das Gericht denkbar simpel. Roggenmehl-Teig, Milchreisfüllung, zehn Minuten Backzeit, mit flüssiger Butter bepinseln, fertig. Wie viele dieser karelischen Piroggen sie in ihrem Leben gemacht hat, kann Sari Kaasinen nicht sagen – aber sicher Tausende. Allein für ihre eigene Hochzeit hat sie 1200 gebacken. "Das Rezept ist seit Ewigkeiten in meiner Familie", sagt Kaasinen. Auf die Frage, wie viel Füllung denn hinein muss, sagt sie nur: Genug eben. So einfach ist das manchmal, die Menschen machen es sich hier, in den Wäldern Nordkareliens, im Osten Finnlands, ungern kompliziert. 

    Buttrig, warm, eine kulinarische Umarmung: Karelische Piroggen sind das wohl berühmteste Gericht im Osten Finnlands.
    Buttrig, warm, eine kulinarische Umarmung: Karelische Piroggen sind das wohl berühmteste Gericht im Osten Finnlands. Foto: Stephanie Sartor

    Sari Kaasinen trägt an diesem Morgen in ihrer Küche eine rote Schürze, die dunklen Haare hat sie mit einem Kopftuch aus dem Gesicht gebunden. Durch die Fenster ihres Hauses blickt man hinaus auf den See, auf den Steg, die Bäume, die Wiesen, auf denen die 57-Jährige gerne Moltebeeren pflückt. Der nächste Ort, Rääkkylä, hat nur knapp über 2000 Einwohner, die nächste größere Stadt Joensuu, wo die Propellerflieger aus Helsinki landen, ist etwa eine Stunde entfernt. Ruhe, Natur, Essen für die Seele – nur drei von vielen Gründen, warum die Menschen hier – und in ganz Finnland – so glücklich sind. Seit Jahren belegt das Land im World Happiness Report den ersten Platz. Wer hierher reist, versteht schnell, warum. 

    Ein junge Frau aus Schwaben findet in in Finnland ihr Glück

    Mit Sari Kaasinen, die eigentlich Musikerin ist und in Finnland mit ihrer Kantele – eine Art Zither – berühmt geworden ist, kann man lange über Glück sprechen. Wahrscheinlich, weil sie es gefunden hat. In ihrer Familie, bei ihrem Mann, den Kindern, den Eltern, der 97-jährigen Oma. Und in ihrem Haus, der Villa Ruusula, wo sie Gäste aus aller Welt empfängt, ihnen finnische Lieder vorspielt, sie bekocht. Die karelische Küche ist von Russland – bis zur Grenze sind es nur wenige Kilometer – geprägt, die Menschen essen Gewürzgurken mit Honig, Blinis, sahnige Pilzsalate.

    Und manchmal einen Elch aus dem Wald. An diesem Abend tischt Kaasinen einen Elch-Schmorbraten auf – erlegt hat das Tier ihr Vater – mit Preiselbeeren, die so ganz anders schmecken als das, was man sonst in schnöden Supermarkt-Gläsern kennt. Das Essen, sagt Kaasinen, verbindet die Menschen. In diesem Jahr wurde die Region rund um den Saimaa-See zur "European Region of Gastronomy" ernannt, die lokale Küche, die alten Traditionen sollen so in den Fokus gerückt werden. 

    Sari Kaasinen macht karelische Piroggen, ein Gebäck aus Roggenmehl mit Milchreisfüllung.
    Sari Kaasinen macht karelische Piroggen, ein Gebäck aus Roggenmehl mit Milchreisfüllung. Foto: Stephanie Sartor

    Knappe zwei Stunden trennen Rääkkylä vom Koli-Nationalpark, weiter oben im Norden. Hier gibt es wellige Hügel – eine Rarität im sonst so flachen Finnland – und die längste Eisstraße Europas, die eröffnet wird, wenn der Pielinen-See unter einer dicken Eisschicht verschwindet. Vom Gipfel Koli-Ukko sieht man bei gutem Wetter bis nach Russland – an diesem neblig-regnerischen Vormittag reicht die Sicht aber gerade einmal bis zum nächsten Baum. Franziska Bernholz zieht den Reißverschluss ihrer Jacke noch ein Stück weiter nach oben. Sie trägt einen warmen Parka, an den Schuhen Spikes, damit sie hier im Nationalpark wandern kann. Die junge Frau kommt eigentlich aus Deutschland. Genauer: Aus dem Landkreis Augsburg. Sie hat in Finnland studiert, ihren Master in Internationalem Tourismusmarketing gemacht – und ist geblieben. Heute arbeitet sie für den Koli-Nationalpark als Key Account Managerin. Was macht sie glücklich, hier im kalten Norden Europas? 

    Früher wurden in der Sauna sogar Babys geboren

    "Es geht hier nicht um das ständige Streben nach mehr. Nicht immer darum, schneller und besser zu sein. Die Menschen sind sehr zufrieden und genügsam", sagt Bernholz und nimmt einen Schluck heißen Beeren-Saft, den die Wanderführerin, mit der Bernholz heute unterwegs ist, mitgebracht hat. Selbstgemacht, versteht sich. In einfachen Dingen finde man diese Zufriedenheit, fährt die junge Frau fort. In der Sauna, beim Eisschwimmen, in der Natur. "Man grillt Würstchen über dem Feuer, trinkt gemeinsam Tee, ist einfach viel draußen." Ob sie für immer bleiben will? "Ich bin da sehr offen und schaue, was auf mich zukommt. Aber ich fühle mich hier schon sehr wohl."

    Franziska Bernholz stammt aus dem Landkreis Augsburg und lebt mittlerweile in Finnland.
    Franziska Bernholz stammt aus dem Landkreis Augsburg und lebt mittlerweile in Finnland. Foto: Stephanie Sartor

    Das gemeinsame Saunieren, von dem Franziska Bernholz spricht, ist so etwas wie die DNA des Landes. Überall wird unter spitzen Filz-Hüten, die den Kopf vor zu viel Hitze schützen sollen, geschwitzt, werden Aufgüsse gemacht, gerne auch mal in der Hitze ein Gin-Tonic getrunken. Früher, so erzählen es die Menschen, kamen in der Sauna sogar Babys auf die Welt – weil es im Rest des Hauses einfach zu kalt war. Mit Heikki Penttilä kann man stundenlang übers Saunieren sinnieren. An diesem kalt-klaren Nachmittag sitzt er in einem Zuber mit heißem Wasser, die Arme auf den Rand gelegt, auf dem Kopf einen Sauna-Hut aus Filz. "Man fühlt sich der Natur so nah", sagt er und deutet nach vorne. Auf den zugefrorenen Rautjärvi-See, auf dem sich die schwere Nachmittagssonne spiegelt, auf die Hüttchen, in die Penttilä Saunen eingebaut hat, die von Gruppen gemietet werden können. 

    In  Finnland ein Muss: Nach der Sauna ins Eisloch. Das Bild zeigt den See vor den Saunen von Heikki Penttilä.
    In Finnland ein Muss: Nach der Sauna ins Eisloch. Das Bild zeigt den See vor den Saunen von Heikki Penttilä. Foto: Stephanie Sartor

    Die Sauna gleich neben dem dampfenden Bottich, in dem der Mann sitzt, ist eine Besonderheit: Eine finnische Rauchsauna, die es heute kaum mehr gibt. Der Saunaraum wird mit einem Holzofen befeuert, einen Schornstein gibt es aber nicht. Nach dem Anzünden fluten die Rauchgase den Raum, später, wenn die richtige Temperatur erreicht ist, werden Entlüftungsklappen an der Decke geöffnet, der Rauch entweicht. Was bleibt, ist schwarzes, verkohltes Holz und ein Geruch, der ein bisschen an ein Barbecue erinnert. "Vor allem im Winter ist das ein magischer Ort", sagt Penttilä. Wenn zwischen November und Januar die Tage so kurz sind, dass es schon um drei Uhr dunkel wird, wenn immer wieder Schnee fällt, wenn die Temperaturen weit unter Null Grad sinken. Sehr weit. 

    Nach der Sauna ins Eisloch, für die Gesundheit und fürs Glück

    Die Tür der Rauchsauna öffnet sich, für einen Moment spürt man die heiße Luft, ehe sie von der Kälte verschluckt wird. Zwei Frauen, nassgeschwitzt, kommen heraus, laufen durch den Schnee zum See, über einen schmalen, wackligen Steg, bis zur Eiskante. Dann steigen sie eine kleine Leiter hinunter, tauchen in das gerade mal etwa fünf Grad kalte Wasser ein, nur Sekunden freilich. Dann klettern sie wieder hoch, die Wangen rot, sie lächeln. Eine der beiden sagt, dass man das hier eben so mache, raus aus der Sauna, rein ins Eisloch. Das sei gesund und schütte Unmengen an Glückshormonen aus. Da ist sie also wieder, die Sache mit dem Glück. 

    Heikki Penttiläs in Aktion.
    Heikki Penttiläs in Aktion. Foto: Stephanie Sartor

    Heikki Penttiläs Saunen – nach seinem Opa hat er sie "Hugo's Smoke Saunas" genannt – liegen Mitten im Wald. Nur Natur drumherum, mehr nicht. Keine Geräusche. Der Blick entspannt sich, wenn man vom Haupthaus, wo die Umkleiden sind, hinunter auf See und Bäume schaut. Eine gute Stunde dauert die Fahrt von hier nach Lappeenranta, mit mehr als 70.000 Einwohnern fast eine Metropole, 220 Kilometer von Helsinki und 190 von St. Petersburg entfernt. Die Stadt am Saimaa-See ist 375 Jahre alt, hat eine imposante Festung auf dem Hügel, stand schon unter schwedischer und russischer Herrschaft und ist jetzt das kulturelle und wirtschaftliche Zentrum Südkareliens. Früher, bevor Russland die Ukraine angegriffen hat und die Grenzen geschlossen wurde, kamen viele Russen zum Einkaufen hierher. 

    Karelische Piroggen: eine kulinarische Umarmung

    Die Stadt ist aber auch für Menschen interessant, die die moderne Küche Finnlands kennenlernen wollen. Etwa im Restaurant Sumu – das bedeutet Nebel, ein passender Name angesichts des Wetters hier. Alle sechs Wochen wechselt das Menü. An diesem Abend gibt es Quappen-Suppe – eine Art der Dorsch, der vor allem in Nordeuropa vorkommt – mit geräucherter Sour Creme und Gurkenschaum, Ochsenbacken mit Apfel-Sellerie-Püree und Whisky-Cola-Sauce und eine Orangen-Creme-Brûlée mit Campari-Kaviar. Und natürlich: Karelische Piroggen, hier im Mini-Format als Appetizer. Sie schmecken buttrig und warm. Wolldeckengefühl. Eine kulinarische Umarmung. Zum Sich-glücklich-Essen. 

    Die Recherchereise fand auf Einladung von Visit Finland statt.

    Infos zur Reise:

    • Anreise: zum Beispiel von München mit Finnair nach Helsinki, von dort weiter nach Joensuu. Wer von dort in den Süden möchte, kann den Zug nach Lappeenranta nehmen.
    • Übernachten: Sari Kaasinen vermietet in ihrem Haus, der Villa Ruusula, mehrere gemütliche Zimmer. Das Hotel Lähde in Lappeenranta liegt direkt am See und verfügt über einen Day-Spa mit mehreren Saunen.
    • Kulinarik-Tipp: Unbedingt karelische Piroggen probieren. Neben der klassischen Variante mit Milchreisfüllung gibt es sie auch mit Kartoffeln.
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