Kostenlos von einer Reise zurücktreten kann möglich sein, wenn der Urlaubsort in einem Corona-Risikogebiet liegt - auch wenn für die Gegend keine Reisewarnung besteht. Der Bundesgerichtshof (BGH) verurteilte eine Reiseveranstalterin dazu, Pauschalreisenden mit einer Vorerkrankung Geld zurück zu zahlen (Az.: X ZR 78/22). Über die Entscheidung berichtet die Fachzeitschrift "ReiseRecht aktuell" (Ausgabe 3/23).
Der Fall drehte sich um eine dreiköpfige Familie, die Anfang des Jahres 2020 eine 2149 Euro teure Pauschalreise in die türkische Provinz Antalya gebucht hatte. Geplant war der Hotelurlaub für den Herbst. Die Mutter zahlte 777 Euro an.
Wegen der Corona-Pandemie stornierte die Frau im September 2020 die Reise und verlangte ihre Anzahlung zurück. Eine mögliche Infektion war für ihren Ehemann wegen einer Vorerkrankung besonders gefährlich. Zu dem Zeitpunkt sah das Robert Koch-Institut die Türkei als Corona-Risikogebiet an. Von der Seite des Auswärtigen Amtes bestand für die Provinz Antalya aber keine Reisewarnung mehr.
Nicht nur Reisewarnung spielt eine Rolle
Eine Reise unter solchen Umständen wäre für die Familie unzumutbar gewesen, entschied der BGH. Auch wenn für den Urlaubsort keine Reisewarnung mehr galt, spielen die Einschätzungen fachkundiger Stellen wie dem Robert Koch-Institut oder der Weltgesundheitsorganisation WHO dem BGH zufolge durchaus eine Rolle.
Außerdem sei die Infektionsgefahr im Herbst 2020 erhöht gewesen. Es habe noch keine Impfungen und keine Therapiemöglichkeiten gegeben. Auch die Vorerkrankung des Ehemannes berücksichtigte das Gericht zugunsten der Familie.
Urlauberinnen und Urlauber können von ihrer Reise zurückzutreten, wenn unvermeidbare und außergewöhnliche Umstände am Zielort die Reise erheblich beeinträchtigen. Schon in früheren Urteilen stellte der BGH klar, dass die Corona-Pandemie grundsätzlich ein solcher Umstand sei. Es müssen dem Gericht nach aber konkrete Faktoren hinzukommen, die die Reise auch im Einzelfall erheblich beeinträchtigen.
(dpa)