Londonderry, Arabischer Golf, Uluru: Wenn Landschaften oder Orte plötzlich anders heißen, so spiegelt das vielleicht Veränderungen in politischen Regimen wider. Vielleicht geschieht es auch aus wirtschaftlichen Erwägungen oder es ist eine sprachliche Befreiung. Selbst wenn indigene Bewegungen oder Dekolonisierung als offizielle Gründe vorgeschoben werden: Meist wollen die Mächtigen der Welt doch ihre eigenen Landmarken setzen. So scheint es jetzt in den USA der Fall zu sein und so war es auch in der Vergangenheit häufig. Ein Spaziergang durch die Welt der veränderten Ortsnamen.
Meere gehören zu keinem Land
Es wirkt wie ein Fakt: Der Name auf der Landkarte stärkt den Besitzanspruch auf einen bestimmten Ort. Das ist offenbar der Zweck der Umbenennung des Golf von Mexiko in „Golf von Amerika“. Aber nicht nur: „Den Namen mit dem eigenen Land in Verbindung zu bringen, ist gute PR. Es ist aber auch eine Frage des patriotischen Stolzes“, sagt Professor David Rain von der George Washington University in Washington, D.C. Weitere Beispiele für diese Strategie sind die Umbenennung von Siam in Thailand im Jahr 1949 (die die ethnischen Thais zu etwas Besserem als die chinesischen Einwanderer stilisierte) und die Bezeichnung der Falklandinseln als Malvinas durch Argentinien. Umgekehrt lässt sich mit Namen auch sprachlich abrüsten, wie die Umbenennung der Republik Mazedonien in Nordmazedonien deutlich macht. Auf diese Weise konnte der Nachbar Griechenland, der ebenfalls eine Provinz Mazedonien besitzt, besänftigt werden.
Meere haben die Besonderheit, dass sie keinem Land gehören. So eignen sie sich perfekt als populistischer Spielball. Der Golf von Mexiko ist denn auch keineswegs das einzige sprachlich umstrittene Gewässer der Welt. Ein anderes ist das Südchinesische Meer, wie es von einem Großteil der Welt genannt wird. In Vietnam heißt es dagegen Ostmeer und die Philippinen bezeichnen Teile davon als Westphilippinisches Meer. Und wie heißt das Gewässer, das die Arabische Halbinsel vom Iran trennt? Sein klassischer Name war Persischer Golf, bis eine Allianz aus den arabischen Anrainern und der Kreuzfahrtindustrie nach einem anderen Begriff suchte. Heute baden Urlauber und kreuzen Schiffe im Arabischen Golf. Google Maps spricht salomonisch vom „Persischen Golf (auch bekannt als Arabischer Golf)“.
Warum Derry von den Briten umbenannt wurde
Einen Namensstreit gibt es auch um das, was in deutschen Atlanten Japanisches Meer heißt. Nord- und Südkorea sind sich ausnahmsweise einig und nennen dieses Gewässer Ostmeer. Google Maps nennt es für japanische Nutzer Japanisches Meer, für koreanische User Ostmeer und kombiniert für alle anderen beide Namen: Japanisches Meer (Ostmeer).
Ortsnamen zeugen oft von politischen Veränderungen. So benannten die Briten das nordirische Derry in Londonderry um, was wiederum der Stadtrat 2009 wieder rückgängig machte (rechtlich nicht bindend). Heute wird sofort klar: Wer Derry sagt, der hält es mit den Nationalisten, Londonderry sagen dagegen praktisch nur die Großbritannien zugewandten Unionisten. Ähnlich ist die Situation in Südtirol, das die Italiener Alto Adige nennen. Dort kommt dazu, dass 1923 unter der faschistischen Mussolini-Regierung praktisch jeder Bauernhof, Berg und Fluss einen italisierten Namen erhielt. So wurde Sterzing zu Vipiteno und der Klockerkarkopf im Ahrntal zur Vetta d’Italia.
Istanbul hat auch viele Namenswechsel hinter sich
Wer herrscht, der herrscht auch über die Ortsnamen. Das zeigt bereits Europas meistbesuchtes Städteziel des vergangenen Jahres: Wenn wir heute nach Istanbul reisen, dann ist das die Stadt, die in der Antike von den Griechen als Byzanz gegründet wurde, später vom römischen Kaiser in Konstantinopel umbenannt wurde und seit der Eroberung durch die Osmanen im Jahr 1453 Istanbul heißt. Nur die Griechen nennen sie heute noch Konstantinopel ...
Oft geht es umgekehrt um eine sprachliche Befreiung. So warfen die Inder nach dem Ende der Kolonialherrschaft das britische Bombay auf den Sprachschrottplatz der Geschichte – sie sprechen seit 1996 von Mumbai. Den Namen hatte der damalige Bürgermeister aus der Hindu-Göttin Mumbadevi und dem Wort „Aai“ für Mutter kombiniert. Ähnlich ging es dem Ceylon-Tee, der heute aus Sri Lanka kommt. Auch da war der alte Name britisch, der neue ist ein Begriff aus dem Sanskrit und heißt auf Deutsch so viel wie ehrenwerte Insel.
Oder der Uluru, Australiens berühmter Monolith. Das Wahrzeichen wurde 1873 nach dem damaligen Ministerpräsidenten von Südaustralien, Henry Ayers, Ayers Rock genannt. Seit 1993 trägt es einen Doppelnamen, aber den kolonialen Teil hört man kaum noch.
Jetzt soll der Denali wieder der Mt. McKinley sein
Dass das Jonglieren mit geografischen Namen immer weiter geht, sieht man ausgerechnet an Donald Trumps momentanen Lieblingsberg Denali alias Mount McKinley: Trump war ja nicht der erste US-Präsident, der Nordamerikas höchsten Berg umbenannte. 1896 diente er im US-Präsidentschafts-Wahlkampf als steinerne Wahlwerbung für den Kandidaten William McKinley (der dann auch tatsächlich gewann). 2015 wiederum wurde der Mount McKinley von Präsident Obama offiziell in Denali zurückbenannt, um die Traditionen der Alaska Natives zu respektieren.
DASS etwas umbenannt wird ist fast normal. Wenn aber etwas umbenannt wird, stellt sich die Frage nach der Legitimation. Die unterscheidet sich erheblich. Dass Trump den Denali zurueckbenennen will ist nicht dasselbe wie beim Golf von Mexiko, was ja auch Mexiko betrifft. Siam -> Thailand ist eine innere Angelegenheit von Thailand. Die Namen der Ureinwohner sind fuer Australien offenbar kein Problem, aber fuer das Ego von Trump anscheinend schon.
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