Mit leichtem Gepäck reist es sich unbeschwert - und stressarm. Wer nur mit Bordcase auf Flugreise geht, spart sich viel Geld und Zeit. Ganz zu schweigen davon, dass ein nicht mitgenommener Koffer auch nicht verloren gehen kann. Deshalb reizen heute viele Passagiere ihre Bordgepäckmengen voll aus. Doch aktuell heißt es aufpassen. Es gibt nämlich neue Regeln.
Ärgerlich: Immer mehr Fluggesellschaften entdecken selbst das letzte Handtäschchen als Goldesel und verlangen fürstliche Aufschläge. Das Europäische Parlament hat bereits vor einem Jahr beschlossen, dass Handgepäck ein unverzichtbarer Bestandteil der Beförderung ist und deshalb kein Preisaufschlag verlangt werden darf. Was unverzichtbar ist, das sollte im Detail die Europäische Kommission festlegen.
Die Regeln für Flüssigkeiten im Handgepäck sind verschärft worden
Das hat sie allerdings bis heute nicht getan. Stattdessen warf sie gerade eine neue Nebelkerze in das Fluggepäck-Wirrwarr: Die Regeln für Flüssigkeiten sind verschärft worden. Dabei geht es ausgerechnet um die neuen CT-Scanner, mit denen sich die großen Flughäfen gerade aufrüsten, um Lockerungen zu erreichen. Diese 3D-Scanner erstellen ein deutlich besseres Bild als die alten Röntgengeräte. Deshalb muss auch nichts mehr ausgepackt werden. Das beeindruckte die EU-Kommission: Seit April diesen Jahres durften überall, wo die neuen Scanner eingesetzt werden, größere Flaschen mit mehr Flüssigkeit im Handgepäck mitreisen.
Doch jetzt die Kehrtwende: Seit einigen Wochen dürfen Flüssigkeiten, Sprays und Gele nur mehr bis maximal 100 Milliliter im Handgepäck mitgenommen werden. Und diese Fläschchen müssen wiederum in einem durchsichtigen Beutel verpackt sein, der nicht mehr als einen Liter Fassungsvermögen haben darf. Der Grund: Die EU-Kommission hegt plötzlich Zweifel an der Sicherheit der CT-Scanner, nachdem diese schon mehr als drei Jahre brav ihre Dienste tun.
Beim zugelassenen Handgepäck gibt es große Unterschiede
Beim Problem, das ihr das EU-Parlament zu lösen aufgetragen hat, ist die Kommission dagegen bislang nicht weitergekommen. Und so müssen Reisende große Unterschiede in Kauf nehmen: Vor allem die Ferien- und Billigflieger kassieren ab. Bei Condor zum Beispiel ist im günstigsten Economy-Light-Tarif bereits das Handgepäck kostenpflichtig. „Im Preis“ ist nur eine kleine Handtasche von höchstens 40 x 30 x 10 Zentimeter.
Viele klassische Linienfluggesellschaften sind dagegen noch vergleichsweise großzügig. Air Canada zum Beispiel erlaubt einen Rollkoffer von 55 x 40 x 23 Zentimeter ohne Gewichtsbeschränkung fürs Gepäckfach und zusätzlich einen „persönlichen Gegenstand“ von 43 x 33 x 16 Zentimeter für den Platz unter dem Vordersitz. Und eine „kleine Handtasche“ sowie ein Mantel sind auch noch erlaubt.
Die Passagiere sollen für ihr Gepäck bezahlen
Doch der Trend geht in die andere Richtung: Das klassische Bordcase - üblicherweise 55 Zentimeter hoch - ist immer seltener im günstigsten Flugpreis inbegriffen, sondern nur noch eine kleine Tasche. Genauso wie Condor halten es die Wettbewerber von Easyjet über Ryanair bis Wizzair. Das bedeutet natürlich nicht, dass man dort ohne Gepäck fliegen soll. Die Fluggesellschaften wünschen sich etwas anderes: dass möglichst viele Gäste ihr Bordgepäck kostenpflichtig hinzubuchen. Das kostet zum Beispiel bei Easyjet ab 16 Euro, bei Condor ab 20 Euro (jeweils hin und zurück). Bei Ryanair zahlt man für das Bordgepäck leicht mehr als für den Flugschein: bis zu 64 Euro.
Beim Einsteigen kommt es dann nicht selten zur nächsten bösen Überraschung: Ohne es an die große Glocke zu hängen, haben viele Fluggesellschaften in den vergangenen Jahren die zulässige Handgepäckgröße geschrumpft. Die Folge: Viele Rollkoffer, die früher problemlos mit an Bord genommen werden konnten, sind jetzt zu groß. Statt wie früher 56 x 45 x 25 Zentimeter (Länge x Breite x Höhe) dürfen oft nur noch viel kleinere Bordkoffer in die Kabine mitgenommen werden.
Für den Urlauber ist das doppelt ärgerlich: Schließlich hat er vielleicht gerade erst das neue Bordcase mit dem Hinweis gekauft, dass es „den gängigen Handgepäckbestimmungen“ entspricht. Jetzt kann er die schöne neue Tasche wegwerfen. Oder er gibt sie als zweites Gepäckstück auf, dafür zahlt er dann hin und zurück gern 140 Euro extra. Und dafür bekäme man bereits ein ordentliches neues Boardcase.
Die Airlines legen fest, wie groß das Handgepäck sein darf
Fluggesellschaften müssen Passagieren zwar das kostenlose Mitnehmen von Handgepäck in den Flieger erlauben. Das hat schon lange vor dem EU-Parlament der Europäische Gerichtshof entschieden (Az. C-487/12). Aber wie groß und wie schwer dieses Handgepäck sein darf, das bestimmt die Airline. Der Luftfahrtverband IATA empfiehlt 56 x 45 x 25 Zentimeter, und so groß produzieren dann auch die meisten Kofferhersteller ihre Bordcases.
Aber kaum eine Fluggesellschaft hält sich daran: Lufthansa mit ihren Töchtern Swiss und Austrian erlaubt noch ein zwar 55 Zentimeter hohes und 23 Zentimeter tiefes, aber nur 40 Zentimeter breites Kabinengepäckstück (55 x 40 x 23 cm). American Airlines dagegen lässt im günstigsten Tarif nur noch 45 Zentimeter hohe und 35 Zentimeter breite Bordcases (45 x 35 x 20 cm) an Bord. Und Air France definiert die Bordgepäckgröße in der Economy-Klasse mit 55 x 35 x 25 Zentimeter, also zehn Zentimeter schmaler als die IATA. Bei Qatar Airways heißt es selbst rechnen, da sind 115 Zentimeter Summe aus Länge, Breite und Höhe gestattet.
Einen Anspruch auf Platz im Gepäckfach gibt es nicht
Egal, welche Größe erlaubt ist: Einen Anspruch auf einen Platz im Gepäckfach über dem Sitz gibt es nicht. Ausnahme: Bei Condor kann man diesen Platz dazu buchen, das kostet wieder knapp 10 Euro. Und bei Lufthansa lohnt sich vielleicht das Warten auf die angekündigte neue Kabinen-Innenausstattung des Airbus A320. Da sollen die Fächer so groß werden, dass ein Rollkoffer auch hochkant hineinpasst.
In jedem Fall macht es Sinn, vor dem nächsten Flug die Handgepäckregeln zu studieren, die man auf allen Airline-Seiten unter dem Stichwort „Handgepäck“ im Internet findet. Besonders gilt die Empfehlung für Amerika-Reisende: Dort wird spätestens beim ersten Anschlussflug in den USA penibel genau nachgemessen und unbarmherzig kassiert.
Ganz provokant gefragt, wofür bedarf es der EU? Ein Schritt vor und dann ein Schritt zurück; technischen Fortschritt ja, aber dann doch lieber nein. Handgepäck? Essentiell, aber bis heute keine Maximalgröße festgelegt! Im Gegenteil, man arbeitet den Fluggesellschaften finanziell zu. Bleibt die Frage, was unsere Abgeordneten denn in der EU machen?
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