Endlich Ferien! Ab in den Süden, der Sonne hinterher: Den Refrain dieses alten Gassenhauers wird in diesem Jahr wohl kaum jemand ganz unbeschwert mitträllern. Zu dramatisch ist dort vielerorts die Situation.
Wer eine Reise bucht, tut dies eigentlich, um möglichst viel und möglichst Schönes zu erleben – ey jo was geht? Was viele Urlauberinnen und Urlauber in den vergangenen Tagen aber mitgemacht haben, ist ein wahrer Alptraum. Angst um das eigene Leben und das der Familie, Nächte auf Handtüchern am Flughafen, Schwitzen in erbarmungsloser Hitze – mit heiteren Urlaubsberichten hat das nichts zu tun. Der Süden, eigentlich das große Sehnsuchtsziel ...
Derzeit jedoch gleichen einige Regionen dort eher einem Katastrophengebiet. Die Gleichzeitigkeit der Ereignisse ist denkwürdig. Auf Rhodos die größte Evakuierung von Touristinnen und Touristen, die es in der Geschichte Griechenlands je gegeben hat. In Italien, Spanien, in der Türkei und auf Malta eine Hitzewelle mit Temperaturen deutlich über 40 Grad. Der Klimawandel ist in diesem Sommer für viele Reisende nicht nur sichtbar geworden, sie bekommen ihn auf dramatische Weise am eigenen Leib zu spüren - im Gegensatz zu den Einheimischen kehren die Urlauberinnen und Urlauber allerdings wieder in ihre meist kühleren Heimtorte zurück.
Klimakrise zum Trotz: Es wird gereist, als ob es kein Morgen gäbe
Ist diese vergangene Woche ein Blick in die Zukunft? Davon muss man leider ausgehen. Für den Tourismus, weltweit ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, bedeutet eine heiße Zukunft ein hohes Maß an Unsicherheit. In Griechenland sorgt man sich schon jetzt darüber, ob das Land auch künftig Urlaubsgäste in so großer Zahl anziehen wird. Touristinnen und Touristen, die solch eine dramatische Evakuierung einmal mitgemacht haben, werden sich es das nächste Mal gut überlegen, ob sie dieses Urlaubsziel mit ihren Kindern noch einmal ansteuern wollen. Die aus dem Italienurlaub getwitterte These von Gesundheitsminister Lauterbach, der Süden habe als Reiseziel keine Zukunft mehr, sorgte selbstredend für Irritationen bei der italienischen Tourismusministerin. Wahrscheinlich aber ist, wer in der erdrückenden Hitze Italiens seinen Urlaub durchgestanden hat, anders kann man das ja nicht nennen, wird das Geld das nächste Mal lieber für ein kühleres Reiseziel im Norden ausgeben.
Die Reisewelt stößt erneut an ihre Grenzen
Verbraucher reagieren schnell. Schon gibt es bei kurzfristigen Reisen eine höhere Nachfrage für Schweden und Norwegen. Und auch davon kann man ausgehen: In Zukunft wird der heiße Sommer nicht mehr der beste Reise-Zeitraum sein. Es wird sich also viel verschieben in der Urlaubswelt.
Vom Reisen wird dies wohl die wenigsten abhalten. Man könnte es auch so sagen: Es wird gereist, als ob es kein Morgen gäbe. Jetzt wird nachgeholt, was während der Corona-Pandemie nicht möglich war. Reiseveranstalter stellen trotz Inflation, hoher Energiepreise und höherer Flugkosten eine enorme Nachfrage nach Fernreisen fest. 2023 könnte einigen Prognosen zufolge sogar ein neues Rekordjahr werden. Das würde bedeuten, weltweit gehen mehr als 1,5 Milliarden Menschen auf Reisen. Und mit ihnen sind alle Probleme zurückgekehrt. Vollgepfropfte Sehenswürdigkeiten, übervolle Städte, Menschenmassen, die mehr schlecht als recht abgefertigt werden müssen. Nach drei Jahren Corona-Pause stößt die Reisewelt erneut an ihre Grenzen. Kein gutes Reiseklima – im heißen Süden Europas nicht und auch weltweit an immer weniger Orten.