Man kennt es seit der Pandemie: Plötzlich standen in allen Hotelzimmern Aufsteller, dass man doch bitte nicht mehr jeden Tag das Zimmer reinigen lassen sollte. Das sei besser für die Umwelt und spare außerdem jede Menge Reinigungsmittel. Stimmt - und das Reinigungspersonal hat auch weniger Stress, denkt man sich und hängt das entsprechende Schild an die Zimmertür. Damit ist dem Personal allerdings nicht wirklich gedient. Ganz im Gegenteil - das wird gerade in den USA deutlich. Da ist die neue Normalität bereits einen Schritt weiter: Zimmer werden überhaupt nur noch auf Anfrage zwischengereinigt. In der Folge haben die Zimmermädchen für die tägliche Zimmerreinigung gestreikt. Das gewerkschaftlich organisierte Reinigungspersonal in großen US-Hotels kämpfte unter anderem dafür, die automatische tägliche Zimmerreinigung bei großen Hotelketten wiederherzustellen.
Die Zimmermädchen bekommen deswegen nicht mehr Zeit
Sie seien ansonsten mit einer unüberschaubaren Arbeitsbelastung konfrontiert, mit weniger Arbeitsstunden und erheblichen Einkommenseinbußen, erklärt ihre Gewerkschaft. Denn wenn ein Gast sein Zimmer nicht reinigen lässt, bedeutet das keineswegs, dass das Zimmermädchen (es sind in der überwiegenden Mehrheit Frauen) mehr Zeit bekommt für die anderen Zimmer. Sondern es dürfen einfach nur weniger Personen zum Arbeiten antreten. Das US-Fachportal Travel Weekly schildert ein Beispiel, in dem ein Hundebesitzer auf die tägliche Zimmerreinigung verzichtet hat. Das Ergebnis: Als Mann und Hund wieder auszogen, war eine Reinigung des Zimmers innerhalb der vorgesehenen 30 Minuten nicht mehr machbar. Die Mitarbeiterin aber bekam nicht etwa mehr Zeit zum Saubermachen, sondern eine Abmahnung.
Die Zimmer müssen dann schneller gereinigt werden
Der Fall macht das Dilemma deutlich: Durch die neuen Reinigungsregeln erfährt das Personal erst auf den letzten Drücker, wer heute arbeiten darf und wer nicht. Und die Mitarbeiter, die kommen dürfen, müssen logischerweise deutlich stärker verschmutzte Zimmer in Rekordzeit säubern. Am Ende wird ihnen oft noch ein zweites Mal Geld abgezogen - weil bei der anschließenden Kontrolle durch das Housekeeping noch Schmutz gefunden wurde.
Der Streit mit den US-Hotelkonzernen wie Marriott, Hilton und Hyatt ist ein Sinnbild für die Frustration der Hotelangestellten über ihre Arbeitsbedingungen. Während der Pandemie waren sie arbeitslos, dann kehrten sie in eine Branche zurück, die mit chronischem Personalmangel und sich verändernden Reisetrends zu kämpfen hat, erklärt die Gewerkschaft.
Wie in den Vereinigten Staaten zählt auch in Deutschland die Zimmerreinigung zum Niedriglohnsektor. Frauen mit Migrationshintergrund sind bei den Reinigungsjobs in der Hotellerie überrepräsentiert. Das US-Hotelgewerbe beschäftigt in Deutschland laut Bundesagentur für Arbeit rund 190.000 Menschen. Über 80 Prozent der Berufsgruppe 63.221 (Zimmermädchen/Roomboy) in Hotels sind Frauen.
Die Hotelbranche macht wieder Rekordgewinne
Mittlerweile ist der auf drei Tage angelegte Streik der Reinigungskräfte in den USA längst wieder beendet. Das Problem jedoch bleibt. Das Streitthema Arbeitsbelastung ist nicht gelöst, erklärt Gewerkschaftschefin Gwen Mills. „Während Covid haben alle gelitten, aber jetzt macht die Hotelbranche Rekordgewinne, während Arbeitnehmer und Gäste die Zeche zu zahlen haben. Wir werden keine ‚neue Normalität‘ akzeptieren, in der Hotelunternehmen davon profitieren, ihre Angebote für Gäste zu kürzen und ihre Verpflichtungen gegenüber den Arbeitnehmern aufzugeben.“
Besonders ärgerlich ist das Greenwashing: Ursprünglich in der Pandemie eingeführt, um den Kontakt zwischen Fremden zu reduzieren, wird die neue Normalität von den Hotels heute gern als umweltfreundlich gerühmt. Ein Blick hinter die Kulissen macht schnell deutlich: Es handelt sich in Wirklichkeit um eine Strategie zum Senken der Arbeitskosten, statt dem Arbeitskräftemangel durch besseres Behandeln der Mitarbeiter zu begegnen.
Der etwas für die Umwelt tun möchte, behält die Handtücher
Dagegen handelt keineswegs klimafreundlich, wer auf die tägliche Reinigung verzichtet. Oder um es mit den Worten von Ulrich Schudel vom Studienkreis für Tourismus zu sagen: „Greenwashing ist eben ganz nahe an echten Nachhaltigkeitsbestrebungen.“ Wer sein Handtuch nicht jeden Tag wechselt, der spart Ressourcen. Wer das Zimmer nicht reinigen lässt, schadet nur den Mitarbeitern.
Und sich selbst. Auch den Gästen tut ja niemand einen Gefallen, wenn das Zimmer nicht gemacht wird. Ganz im Gegenteil: Eine der wichtigsten Annehmlichkeiten, die ein Hotel von Ihrem Zuhause unterscheidet – die tägliche Zimmerreinigung – verschwindet.
Was tun? Die Hausdame eines großen Münchner Hotels bringt es auf den Punkt: „Bestehen Sie auf der täglichen Zimmerreinigung. Und hinterlassen Sie das Zimmer in einem Zustand, wie Sie es selbst gern sähen, wenn Gäste bei Ihnen zu Hause übernachtet haben.“ Konkret: Man packt den Müll in den Mülleimer. Und falls doch mal etwas Gröberes zu tun ist, sagt man es rechtzeitig der Rezeption - das Reinigungspersonal wird es einem danken. Und ansonsten ist es kein Fehler, auch mal zu genießen, dass das Bett für einen gemacht wird.
Die letzten Jahre gab es diese Option in vielen Hotels im Alpenraum. Als Gegenleistung für den Verzicht, gab es Rabatt auf den Übernachtungspreis oder Gutscheine für die Bar. Inzwischen schaut es in den ersten Hotels wieder so aus: Die Option wird angeboten, eine Gegenleistung gibt es nicht mehr. Stattdessen sind die Hotelpreise in der Region im letzten Jahr nochmal massiv angestiegen. Damit bestehe ich dann doch wieder auf die tägliche Zimmerreinigung...
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