Der Partner sitzt zwei Reihen weiter hinten, der Nachbar hat Achselgeruch oder die Sitzreihe vor Ihnen ist komplett frei: Es gibt zahlreiche Gründe, im Flugzeug den Sitzplatz wechseln zu wollen. Wir sagen, was erlaubt ist und welche ungeschriebenen Regeln zu beachten sind.
Darf ich spontan den Sitzplatz wechseln?
Wer einfach nur einen Platz weiter rutschen will, zum Beispiel vom Mittel- auf den leeren Gangplatz, der kann das im Regelfall problemlos tun. Auch in eine nicht besetzte, nahegelegene Reihe zu wechseln, ist meist unproblematisch. Im Zweifelsfall, so ein Lufthansa-Sprecher, spricht man sich mit dem Flugbegleiter ab. Wichtig ist dabei, dass sich der Sitz in derselben Buchungsklasse befindet, sonst handelt es sich um ein Upgrade, das die Flugbegleitung genehmigen muss. Besonders attraktive Sitze mit mehr Beinfreiheit werden bei den meisten Airlines meist als XL-Seats für mehr Geld verkauft. Wenn so ein Platz frei bleibt, kann man natürlich versuchen, dorthin zu wechseln. Manchmal wird es aber der Flugbegleiter ebenfalls wie ein Upgrade ansehen. Für Sitze an den Türen und am Notausgang gelten zudem besondere Regeln: Mindestalter sechzehn Jahre, keine körperlichen Einschränkungen, nicht schwanger, keine Taschen unter dem Vordersitz.
Wann ist der richtige Zeitpunkt für einen Wechsel?
Bei halb leeren Langstreckenflügen sind die ersten Passagiere bereits in Sprintstellung und schießen wie ein Ferrari aus der Boxengasse in Richtung freier Sitzreihen, sobald die Türen geschlossen werden. Denn jetzt kann ja kein Passagier mehr kommen. In der Praxis funktioniert das oft auch. Allerdings fordert ein British-Airways-Sprecher: „Bis zum Erreichen der Reisehöhe sollte jeder Passagier auf seinem Platz bleiben. Keinesfalls erlaubt sind Sitzplatzwechsel direkt nach dem Start, solange die Anschnallzeichen noch nicht erloschen sind.“ Erfahrene Reisende fragen bereits beim Boarding die zuständigen Flugbegleiter. Die werden normalerweise sagen, dass man auf andere Plätze umziehen kann, sobald das Sicherheitsgurtschild erlischt.
Wann geht es nicht?
Zunächst einmal gibt es bei jeder Airline eine Passagierliste und meist auch einen Sitzplan, auf dem jedem Passagier ein Platz zugewiesen ist. Dieser Sitzplatz ist erst mal verbindlich. Auf diese Liste greift das Personal zu, wenn zum Beispiel ein Arzt an Bord gesucht wird oder die Person, die das vegetarisch-glutenfreie Menü bestellt hat. Deshalb haben die Flugbegleiter prinzipiell das Recht, jede eigenmächtige Sitzplatz-Rochade zu untersagen.
Dazu kommt die Frage des Gleichgewichts: Die Gewichtsverteilung im Flieger darf nicht durcheinander kommen. Bereits zwei oder drei Passagiere, die sich in einem kleinen Flugzeug von links nach rechts setzen oder von ganz hinten nach ganz vorn, stören die Balance. Dann greift gegebenenfalls sogar der Flugkapitän ein.
Viele Airlines verkaufen Passagieren heute für teures Geld einen leeren Nebensitz – in solchen Fällen wird der Umsetzversuch in der Regel scheitern. Und in Zeiten, in denen Fluggesellschaften jede Möglichkeit nutzen, Zusatzerträge zu erzielen, besteht immer häufiger eine weitere Gefahr: dass man einen Flug erwischt hat, bei dem erst mal eine Gebühr zu zahlen ist, bevor man seinen Sitzplatz wechseln kann. Auch da ist es hilfreich, sich vorher beim Flugbegleiter zu erkundigen, wie das mit dem Sitzplatzwechsel funktioniert. Dann gibt es später keine Probleme.
Wie sieht es bei den Billigfliegern aus?
Low-Cost-Airlines haben ihre eigene Sitzplatz-Methode: Wer nicht kostenpflichtig vorab einen Platz reserviert, der muss nehmen, was übrig bleibt. Die freie Platzwahl von früher ist einem Extragebühr-System gewichen. Ryanair ist da besonders strikt. Ohne Zusatzgeld für einen besseren Sitzplatz bekommt man in der Regel einen der ungeliebten Mittelplätze zugewiesen. Die Flugbegleiter sind angewiesen, auf diesen „zufällig zugewiesenen“ Sitzplatzzuordnungen zu bestehen. Wer dort also auf den leeren Gangplatz neben sich wechselt, wird wohl vom Flugbegleiter zurechtgewiesen werden.
Ich werde von anderen Gästen gebeten, mich umzusetzen, was tun?
Zunächst einmal muss sich niemand unter Druck gesetzt fühlen, seinen Platz zu wechseln. Schließlich wurde einem der Platz ja von der Airline zugewiesen und man hat deshalb das Recht, dort zu sitzen. Der ehemalige Airline-Techniker und heutige US-Autor Robert Lynch empfiehlt: „Sagen Sie in solchen Fällen einfach: Ich sitze auf dem Platz, der mir zugewiesen wurde.” Lynch verweist dabei auf ein ungeschriebenes Gesetz unter Passagieren: „Ich werde einer Sitzplatzänderung immer nachkommen, wenn es sich um einen ähnlichen Sitzplatztyp handelt. Gangplatz gegen Gangplatz, Fensterplatz gegen Fensterplatz.“ Wer für einen ungeliebten Mittelplatz einen Gangplatz angeboten bekommt, wird in der Regel sogar hocherfreut wechseln. Es passiert allerdings auch, dass Familien erst die günstigsten Plätze buchen, die sie finden können, und das sind in der Regel Mittelplätze, die quer über die Kabine verstreut sind. Hinterher drücken sie auf die Tränendrüse oder bitten darum, dass andere Passagiere ihre teurer bezahlten Plätze aufgeben, damit die Familie „zusammensitzen“ kann. In solchen Fällen, so Robert Lynch, spiele er nicht mit. Auch da hat er ein einfaches Argument parat: „Möchten Sie wechseln? Dann sollten Sie mich für die Preisdifferenz entschädigen.“
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