Während der Großteil der Bevölkerung überlegt, ob im nächsten Jahr ein Urlaub drin ist, boomt das Geschäft mit den Luxusreisen. Mittendrin ist Oliver Kreipe, Trendforscher und Berater von Reiseunternehmen wie Airtours, der Luxusmarke von Tui. Das sind die aktuellen Trends, wenn Geld keine Rolle spielt.
Hersteller von Luxusgütern werden zu Gastgebern: Dieses Konzept rangiert für Luxusdetektiv Kreipe momentan ganz oben, sozusagen im Penthouse der Urlaubsideen. Bulgari, Dolce & Gabbana, Missoni: Gleich drei Modemarken eröffnen gerade Inselresorts auf den Malediven. Da kann Dior natürlich nicht zurückstehen und organisiert Wellnesstouren auf einer exquisiten Dior-Jacht durch Paris. Und Fendi hat die komplette Gastronomie im Hotel Marbella Ponte Romano übernommen. Das erste Louis-Vuitton-Hotel eröffnet zwar erst 2026, aber schon die Baufassade (die wie ein riesiger LV-Koffer aussieht) war während der Olympischen Spiele das meistfotografierte Instagram-Objekt der Stadt.
Bentley, Mercedes, Swarovski, Rolex: Diese Markennamen hat man alle bisher nicht wirklich mit Reisen in Verbindung gebracht. Jetzt kommen sie über den Immobilien-Umweg ins Urlaubsgeschäft. Wie wäre es mit den Bugatti Residences in Dubai oder vielleicht doch den Mercedes Benz Places in Miami? Auch New York und Hongkong sind voll von dieser Kombination aus Residence Tower und Hotel. Die Hotels dienen vorwiegend dazu, die Immobilien zu verkaufen.
In New York gibt es den höchsten Hotelpool
Aber auch Superlative sind laut Kreipe wichtig, um Promis und Millionäre anzuziehen. Wo ist die höchste Bar der Welt? In einem New Yorker Wolkenkratzer namens Overstore, den niemand kennen würde, wenn die Aussicht für den Sundowner nicht spektakulär wäre. Den höchsten Hotelpool besitzt aktuell das Hotel Ritz Carlton in New York, aber das muss man sich fast nicht merken, weil angeblich kommendes Jahr zwei noch höhere folgen werden. Oder die Marketingabteilung erfindet einen neuen Superlativ, etwa den des weltweit höchsten 360-Grad-Panorama-Pools: Den Titel hat sich der Aura Sky Pool in Dubai zugelegt, ein 210 Meter hohes, aber nur 1,25 Meter tiefes Planschbecken. Die Tiefe reicht vollkommen; denn schwimmen soll dort niemand, aber Instagram-Selfies machen. Wer das tun will, der muss eine Liege buchen, und die ist zum Sunset am teuersten. Dann werden 325 Euro fällig.
Bei reichen Familien könne man mit spektakulärem Freizeitspaß punkten. Aktuell laut Kreipe total angesagt: der Summit One Vanderbilt. Offiziell ist das eine „immersive multisensorische mehrstöckige Kunstinstallation“ auf 300 Höhenmetern im zweithöchsten Büroturm Manhattans. Aber eigentlich erklärt sich die Kunst besser als ein 6000 Quadratmeter großer Spielplatz auf dem Büroturmgipfel. 2800 Quadratmeter Spiegel erzeugen einen irren Unendlichkeits-Effekt, durch den anlasslos reflektierende Kugeln schweben. Sobald den Kids das langweilig wird, können sie nebenan beim Wettbewerber The Edge den höchsten Klettersteig der Welt in Angriff nehmen. Oder ein paar Flugstunden entfernt: einen Freiluftspaziergang an der Gebäudekante auf dem 219 Meter hohen Address Sky View Hotel in Dubai unternehmen, runter geht es über die rundum verglaste Rutsche.
Luxuskunden werden immer jünger
Freilich kommt immer noch nicht jeder Superreiche als solcher auf die Welt. Auf dem Weg dorthin wird er aber gern von der Reisebranche begleitet. Das ist ebenfalls ein Trend; er nennt sich „Urlaub für die HENRYs“. Die Abkürzung steht für „High Earners Not Rich Yet“ - also alle, die zwar klotzig verdienen, aber noch nicht lang genug. HENRYs sind gefragt, denn sie machen Urlaub, wie sie arbeiten: mit Vollgas. Und sie denken, dass sie sich alles kaufen können, sogar Glück. Als Top-Glücklichmacher gilt aktuell die Kryotherapie, eine Kältekammer mit minus 80 Grad als Zugpferd in Hotels. Darauf setzen zum Beispiel Hotels wie das Daios Cove auf Kreta oder das Kempinski de Bains in St.Moritz.
Klassische Luxuskunden werden übrigens immer jünger. Bereits 30 Prozent sind unter 40 Jahren. Fast noch spannender für Jung wie Alt ist allerdings ein Versprechen: Longevity, also Langlebigkeit. Den Schlüssel dazu vermitteln Urlaubsangebote wie im The Kusnacht am Zürichsee, wo man sich erst mit einer Gen-Analyse des Haares durchchecken lässt und dann für eine Woche Longevity-Programm 120.000 Franken anlegen kann. Das One & Only Hotel Za‘Abeel in Dubai hat für seine Gäste gemeinsam mit der Clinique La Prairie aus Montreux sogar einen Longevity Hub eingerichtet. Und das Forte Village Hotel auf Sardinien legte sich mit dem Palazzo Fiuggi bei Rom gleich eine Hotelfiliale „für ein längeres, besseres Leben“ zu. Technisch gesehen, so sagt uns die Wissenschaft, hat jeder von uns die Möglichkeit, 120 Jahre alt zu werden. Und das ist doch eine prima Aussicht - für die Betroffenen wie für die angeschlossene Reiseindustrie.
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