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Das können Skifahrer und Wintersportler in Engelberg erleben

Schweiz

Engelberg - Ein Kraftort? Das Schweizer Dorf und seine besondere Ausstrahlung

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    Der Hahnen ist der Hausberg Engelbergs. Neben dem Titlis ist er der markanteste Punkt im Bergpanorama rund um den Ort.
    Der Hahnen ist der Hausberg Engelbergs. Neben dem Titlis ist er der markanteste Punkt im Bergpanorama rund um den Ort. Foto: Franziska Wolfinger

    „Kraftorte“ nennen Esoteriker Orte mit einer besonderen Ausstrahlung. Orte, an denen man besonders viel Energie und Inspiration tanken kann. Ob es diese spirituellen Kräfte wirklich gibt, bleibt natürlich Glaubenssache. Wer sich aber im Schweizer Bergdorf Engelberg umschaut, das nach Ansicht einiger einer dieser Kraftorte ist, lernt Menschen kennen, die ihr Leben mit einer außergewöhnlich großen Portion Leidenschaft und Enthusiasmus angehen. Erfolgreiche Sportler, Visionäre – vielleicht ist ja wirklich was dran an der Sache mit den Kraftorten?

    Ochs sei Dank: Wie das Kloster nach Engelberg kam

    Dass Engelberg ein besonderer Ort ist, wussten schließlich schon die Benediktinermönche im 12. Jahrhundert. Von Kraftorten war damals natürlich noch keine Rede. Der Legende nach war es aber immerhin ein von göttlicher Hand geleiteter Ochse, der dem Stifter Konrad von Sellenbüren den Weg zum künftigen Klosterstandort gewiesen hatte. Nach dem Bau sollen dann Engel höchstpersönlich den Einzug der Mönche mit ihrem Gesang begleitet haben. Aufgestellt hatte sich der Engelschor auf dem Hausberg, der deshalb über Jahrhunderte den Namen „Engelberg“ trug, ehe er – wegen seiner optischen Ähnlichkeit zu dem Tier – irgendwann in Hahnen umbenannt. Im Dorfnamen blieb die Bezeichnung Engelberg aber erhalten.

    Bruder Kuno lebt seit 1980 im Engelberger Kloster. Der Benediktiner ist Prior der Klostergemeinschaft.
    Bruder Kuno lebt seit 1980 im Engelberger Kloster. Der Benediktiner ist Prior der Klostergemeinschaft. Foto: Franziska Wolfinger

    Rund 900 Jahre leben die Benediktiner jetzt in ihrem Kloster in Engelberg. Klosterleben und Dorfgemeinschaft sind auch heute noch eng verzahnt. Manche der Mönche sind als Lehrer in der Stiftsschule aktiv. Sie betreiben unter anderem einen Blumenladen und ein Wasserkraftwerk, dank dessen das Kloster nach dem verheerenden Unwetter 2005 als einziges Gebäude im ganzen Dorf noch Strom hatte. Damals war das Tal komplett von der Außenwelt abgeschnitten. Das Kloster war Anlaufstelle für die Bevölkerung und festsitzende Touristen. Auch die Skisprungschanze, nebst dem barocken Klostergebäude eines der Wahrzeichen des Dorfes, steht auf Klostergrund und ist nach den Bergbahnen des Ortes ist das Kloster bis heute der zweitgrößte Arbeitgeber im Ort.

    Engelberg liegt am Ende eines Hochtals

    Bruder Kuno lebt seit 1980 im Kloster, streng nach den Regeln des Heiligen Benedikt, die gemeinhin mit „Ora et Labora“ zusammengefasst werden. Sein gesammeltes Klosterwissen gibt er in Führungen mit spitzbübischen Humor an die Besucher weiter. In einer kleinen Ausstellung zur Klosterbibliothek, in der die schönsten und wertvollsten Handschriften in Vitrinen liegen, verrät er unter anderem, dass für das Pergament eines Buches rund 50 Schafe benötigt wurden. Und der eindrucksvolle goldene Kronleuchter in der Kirche sei 1901 als Erbe des reichsten Hoteliers Engelbergs an das Kloster gegangen. „Vermutlich eine Art Versöhnungsgeschenk“, sagt Bruder Kuno. Der wohlhabende Mann hatte sich einst für die Auflösung des Klosters eingesetzt und wollte wohl nicht im Clinch mit den Mönchen aus dem Leben scheiden.

    Heute ist Engelberg ein Dorf mit knapp 4500 Einwohnern, das vor allem vom Tourismus lebt. Geradezu idyllisch ist die Lage am Ende eines tief in das Bergmassiv eingeschnittenen Hochtals, umrahmt von Hahnen und Titlis. Ersterer ist der Hausberg, zweiterer hat es mit seiner charakteristischen Nase dafür auf das Logo des Dorfes geschafft.

    Geny Hess war einer der erste, die die Engelberger Bergwelt im Winter abseits der Pisten erkundet hat. Freerider finden am Titlis beste Bedingungen.
    Geny Hess war einer der erste, die die Engelberger Bergwelt im Winter abseits der Pisten erkundet hat. Freerider finden am Titlis beste Bedingungen. Foto: Franziska Wolfinger

    Vom Titlis aus hat man bei Sonnenschein beste Aussichten. Geny Hess, Ex-Hotelier und Engelberger Skipionier, zeigt den Gästen die Besonderheiten im Bergpanorama. Selbst Eiger, Mönch und Jungfrau lassen sich erspähen. Die fantastische weite Rundumsicht auf deutlich höhere Berge verleitete Kartografen im Mittelalter schon zu dem falschen Schluss, der Titlis sei der höchste Berg der Schweiz, weiß Geny Hess. An die Dufourspitze ist mit ihren 4634 Metern reicht der Titlis (3238 Meter) in Wahrheit bei Weitem nicht heran. Aber auch ohne diesen Superlativ lockt der Gletscher jedes Jahr hunderttausende Touristen an. Im Winter haben Skifahrer jede Menge Spaß auf und neben der Piste – das Titlisgebiet gilt als Eldorado für Freerider. Im Sommer kommen Wanderer, Kletterer und Gleitschirmflieger. Indische Besucher kennen den Gletscher und Engelberg als Drehort mehrerer Bollywoodschinken. An der Bergstation, zu der man mit der Rotair, der weltweit ersten drehbaren Gondelbahn fährt, laden Shah Ruck Kahn und Filmpartnerin Kajol als lebensgroße Fotofigur zum Selfies machen ein.

    In der Sonne sitzen und das Bergpanoramo genießen: Rund um die Fürenalp ist das bestens möglich.
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    Ein Winterwunderland lockt in der Zentralschweiz: Das Bergdorf Engelberg liegt abgeschieden in einem Hochtal - ideal zum Skifahren, Winterwandern oder Schlitteln.

    Dazu strebt das Dorf auch sportlich nach Rekorden. 15 Olympiamedaillen gehen bislang auf das Konto der Engelbergerinnen und Engelberger. Damit ist es weltweit das erfolgreichste Dorf bei den Olympischen Winterspielen. Das letzte Edelmetall holte Skirennfahrerin Michelle Gisin 2022 in Peking, ihre Schwester Dominique gewann 2014 in Sotschi. Ob der „Kraftort Engelberg“ den Athletinnen und Athleten die notwendige Power und Disziplin mitgibt, die nötig sind, um Medaillen zu erringen? Möglich. Skilehrer Sven Olinger erzählt von einer anderen Theorie. Die Pisten auf dem Titlis zählten zu den anspruchsvolleren der Schweiz – beste Übungsbedingungen für Nachwuchsskifahrer. „Wer hier Skifahren kann, kann es überall“, sagen die Engelberger.

    Das Sahnestück am Titlis sind zwölf Pistenkilometer am Stück

    82 Pistenkilometer locken auf dem Titlis, darunter eine zwölf Kilometer lange Talabfahrt, auf der es von ganz oben 2000 Höhenmeter hinunter nach Engelberg geht. Sonne gibt es auf dem Nordhang zwar kaum, dafür aber außergewöhnlich gute Pistenverhältnisse und Schneesicherheit von Oktober bis Mai. Lange Trainingszeiten für die Skiasse an der Engelberger Sportmittelschule, eines von drei großen Schweizer Ausbildungszentren für den sportlichen Profinachwuchs. Auch Marco Odermatt ging hier zur Schule.

    Dabei bringt die Engelberger Schule nicht nur erfolgreiche Wintersportler hervor. Der 24-jährige Fabio Scherer lief in seiner Jugend zwar erfolgreich Skirennen, aber neben Kufen und Schnee lassen auch Benzin und Asphalt sein Herz höher schlagen. Skifahren oder Autorennen? Potenzial für eine Profikarriere gab es in beiden Sportarten. Die Entscheidung für den Motorsport war wohl richtig, 2023 fuhr Scherer mit seinem Team den Klassensieg beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans ein.

    Im SnowXpark stehen elektrisch betriebene Schneemobile für schnelle Runden bereit. Auch Autorennfahrer Fabio Scherer probiert es mal aus.
    Im SnowXpark stehen elektrisch betriebene Schneemobile für schnelle Runden bereit. Auch Autorennfahrer Fabio Scherer probiert es mal aus. Foto: Franziska Wolfinger

    Losgelassen haben ihn die Engelberger Berge trotzdem nicht. Das Skifahren ist noch immer ein großes Hobby. Und manchmal dreht er auch im Engelberger SnowXpark seine Runden. Wer mal eine Abwechslung vom Skifahren oder Snowboarden sucht, kann sich dort elektrobetriebene Schneemobile leihen und auf dem abgesteckten Rundkurs entlangheizen. Aber Achtung: Die schwergängigen Fahrzeuge um die Kurve zu kriegen braucht vollen Körpereinsatz und ist nicht weniger sportlich als die Skiabfahrt.

    Engelberg will Fabio Scherer nicht verlassen, auch wenn die nächste Racetrack fürs Training ein Stück weg ist. Eigentlich sei die Lage hier mitten in den Bergen für Rennfahrer gar nicht so schlecht, meint er sogar. Die großen Rennstrecken Europas seien über den Flughafen Zürich allesamt in wenigen Stunden zu erreichen, erklärt Scherer. Und er ist nicht der einzige Engelberger, der viel unterwegs ist und trotzdem immer wieder gern nach Hause kommt.

    Engelberg ist sein Zuhause

    Auch Frank Kurer, der als Liegenschaftsentwickler ständig auf Achse ist, nimmt lieber stundenlanges Pendeln – zugegeben mit Chauffeur und Privatjet – in Kauf, statt in seiner Wohnung in Zürich zu nächtigen. „Ich weiß gar nicht, wann ich die Fische da das letzte Mal selbst gefüttert habe“, sagt Kurer und lacht. Für ihn gebe es aber einfach nichts Schöneres, als heimzukommen, sagt er noch. Sein Zuhause ist Engelberg und Frank Kurer, der den meisten im Dorf als Fränky bekannt ist, ist stets darum bemüht, es noch ein bisschen schöner und interessanter zu machen. Auf seine Initiative geht unter anderem die „Engelberger Lichtblicke“ zurück, eigens für den Ort gestaltet Lichtskulpturen, die noch bis Ende Februar zu sehen sind. Auch eine Kunstausstellung hat Kurer organisiert und ein Hotel gekauft, das mitten im Ort leer stand und zum Schandfleck zu verkommen drohte. Was Engelberg so besonders macht? Für Kurer ist es die Mischung aus dem noch immer dörflichen Charakter gepaart mit internationaler Offenheit.

    Ob 77-jähriger Mönch oder 24-jähriger Profisportler: In Engelberg gehen sie das, was sie tun, mit viel Ausdauer und Leidenschaft an. Vielleicht entsteht dieses Lebensgefühl, weil Engelberg doch irgendwie ein Kraftort ist.

    Die Autorin recherchierte auf Einladung von Engelberg Tourismus

    Kurz informiert

    Anreise: Engelberg ist von der Region aus mit dem Auto und mit dem Zug (mit Umstiegen in Basel/Zürich und Luzern) gut zu erreichen. Der Bahnhof liegt zentral und in Laufnähe zu vielen Hotels. Die Busse im Dorf können zudem gratis genutzt werden.

    Übernachten: Wer tiefer in die Tasche greifen möchte, findet in Engelberg einige Hotels mit mondänem Belle Époque-Flair, etwa im Bellevue Terminus oder dem Hotel Terrace. 2021 eröffnete mit dem Kempiniski Palace das erste 5-Sterne-Haus des Ortes.

    Bergbahnen: Wer früh bucht, bekommt Skipässe günstiger. Den Tagespass für alle Bahnen im Ort gibt es ab 52,50 Franken. Wer spontan kauft, zahlt bis zu 78 Franken. Eine Rückerstattung, etwa wenn die Bahnen bei schlechtem Wetter nicht fahren, ist nicht möglich.

    Kulinarik: Ein besonderes Picknick gibt es auf der Fürenalp. Für 77 Franken kann man dort einen Fondueschlitten für zwei Personen leihen. Mit dabei ist alles, was man für ein traditionelles Käsefondue benötigt. Reservierung unter +41 41 637 39 49 erbeten.

    Weitere Informationen: www.engelberg.ch

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