Die Verbotene Stadt in Peking, die alte Kaiserstadt Xian und die Terrakotta-Armee, modernste Hochgeschwindigkeitszüge und Stadtmoloche wie Shanghai: Wegen der kulturellen Kontraste war China lange Publikumsmagnet. Doch mit Beginn von Corona und der abrupten Isolierung von der Welt stürzte der Tourismus ab. Im Rekordjahr 2019 reisten rund 145 Millionen Reisende, darunter auch über 600.000 Deutsche, in die Volksrepublik ein. 2020 waren es nur noch circa 28 Millionen – darunter keine ausländischen Touristen mehr.
Erst mit Beginn dieses Jahres fielen die meisten Covid-Beschränkungen. Die ungeliebte zweiwöchige Zwangsquarantäne im Hotel wurde aufgehoben. Ende April entfiel zudem der verpflichtende PCR-Test und seitdem werden auch alle Visatypen, darunter Touristenvisa, wieder ausgestellt. Übrig geblieben ist nur noch die Auflage, einen aktuellen Antigen-Schnelltest vorzuweisen. All das signalisiert unmissverständlich, dass fremde Gäste willkommen sind.
Air China fliegt seit August erstmals seit 2020 wieder München an
Zugleich kündigten chinesische Airlines die Wiederaufnahme von internationalen Flügen an. Die Staatslinie Air China fliegt nicht nur Frankfurt seit Jahresbeginn wieder an, sondern seit August auch München. Die größte private Fluglinie Hainan Airlines hat ihre Flüge zwischen Berlin und Peking ebenfalls vor Kurzem aufgestockt.
Das große Interesse an einem Comeback des Tourismus ist auch daran abzulesen, dass seit Ende Juli die zwei Bezahl-Plattformen Alipay und WeChat ausländische Kreditkarten akzeptieren dürfen. Wer zum Beispiel mit dem Bus oder Taxi fahren beziehungsweise auf dem Markt etwas kaufen möchte, hatte bisher das Problem, dass in China fast nur noch bargeldlos mit Alipay oder WeChat bezahlt wird. Selbst Bettler in den Metropolen benutzen das Barcode-System der beiden Bezahlsysteme. Ausländer hätten für die Benutzung der lokalen Bezahldienste jedoch ein chinesisches Konto eröffnen müssen, um mit Handy und QR-Code bezahlen zu können.
Aber während es wieder China-Flüge gibt und Ausländer nun einfacher überall bezahlen können, hat die Regierung schon seit Dezember 2019 bei der Visumsbeschaffung die Zügel angezogen. Ganz so locker wie früher ist die Vergabe nicht mehr. Individualtouristen werden zurückschrecken, weil sie dem Servicedienst Visumchina.org zufolge für zwei Drittel ihrer Reisedauer ihre Unterkunftsbuchungen nachweisen müssen. Die andere Option, über eine Einladung von Freunden oder Familie in China ein Visum zu erhalten, überlegt sich ebenfalls jeder, weil die chinesischen Behörden schon sehr genau wissen wollen, wer einlädt. Handelt es sich um einen in China lebenden Ausländer, einen Chinesen mit ausländischem Pass oder – sehr verdächtig – gar einen Staatsbürger der Volksrepublik?
Nur fünf chinesische Visa Center in Deutschland: Vor dem Visum gibt es jede Menge zu erledigen
Vor dem Visumsantrag gibt es also jede Menge Hausaufgaben zu erledigen, weil Kopien von Hotel- und Flugbuchungen gemacht, Nachweise beigebracht und ellenlange Fragebögen ausgefüllt werden müssen. Dass es demnächst bei Veranstalterreisen wieder Gruppenvisa gibt, ist anzunehmen. Denn in der Regel arbeiten deutsche Reiseunternehmen mit chinesischen Agenturen zusammen, die oft einen kürzeren Draht zu den zuständigen Behörden und hohes Interesse an zügigen Visavergaben haben.
Grundsätzlich muss jeder persönlich bei den chinesischen Visa Application Service Centern in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg und München für das Visum erscheinen. Zwar ist seit 9. August die Abgabe von Fingerabdrücken bis zum Ende des Jahres aufgehoben, aber diese Vorschrift kann jederzeit wieder eingeführt werden. Zudem: Die Fingerabdrücke aller Ausländer werden bei der Einreisekontrolle sowieso gescannt.
Bis jetzt hält sich die Nachfrage nach China-Reisen in Grenzen. Lediglich Geschäftsreisende und Auslandschinesen auf Verwandtenbesuch sorgen für den Reiseverkehr. Für Touristen dagegen stellt nicht nur die Antragstellung des Visums ein Hindernis dar, auch die hohen Flugpreise schrecken ab. Westliche Airlines wie die Lufthansa planen, erst im Sommer 2024 wieder die Kapazitäten von vor Corona zu erreichen. Bis dahin verdienen sie mit teuren Tickets aber weniger Flügen prächtig.
Zurückhaltung ist auch bei den führenden Veranstaltern zu spüren. So vielfältig wie vor der Pandemie sind die Programme nicht. Anbieter wie Studiosus steigen mit Rundreisen erst richtig im nächsten Jahr ein. China-Pionier Gebeco macht es ähnlich bei Gruppenreisen. Lediglich Privatreisen werden bereits ab September dieses Jahres arrangiert. Und selbst der Hamburger Spezialist China Tours beginnt erst in diesem Oktober mit einzelnen Gruppenreisen ins Reich der Mitte.