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Abenteuer: Auf kurvigen Bergstraßen durch Georgien

Das Kloster Dschwari nahen der Stadt Mzechta ist eine beliebte Hochzeitslocation in Georgien.
Abenteuer

Auf kurvigen Bergstraßen durch Georgien

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    Die Hochzeit ist eine Mischung aus orthodoxer Tradition und dem katzengoldhaften Glanz eines Influencer-Treffens. In dem höhlenartigen Innenraum des Klosters Dschwari stehen Braut und Bräutigam umhüllt von Weihrauch: sie mit weißem Schleier, das Kleid geschlitzt bis zum Oberschenkel, er in schwarzem Anzug. Auf ihren Köpfen tragen sie Kronen, während sie zusammen mit dem Priester dreimal den Altar umschreiten; ein Brauch, der die ersten gemeinsamen Schritte als Ehepaar symbolisiert. Die Freunde und Verwandten sind sichtlich gerührt und haben ihre Smartphones gezückt, um diese Momente auch für die digitale Ewigkeit festzuhalten.

    Die Gäste sind allerdings nicht die einzigen, die ihre Augen und Kameralinsen auf das Paar gerichtet haben. Um den Altar herum und in dunklen Nischen stehen Pilger, Touristen und andere Schaulustige, die das Geschehen beobachten. Viele machen Fotos, manche heimlich, manche ganz unverhohlen. Die Hochzeitsgesellschaft scheint das nicht zu stören. "Eine Hochzeit in Georgien ist eine öffentliche Angelegenheit", erklärt Touristenführer Guro Alapishvili auf Englisch, besonders wenn sie an berühmten Orten wie Dschwari abgehalten werde. Wer an so einem bekannten Ort heiraten möchte, muss mit fremden Beobachtern rechnen.

    In Tiflis gibt es viele mittelalterliche Kirchen

    Besonders diese kleine Kapelle auf einem Hügel, der die ehemalige georgische Hauptstadt Mzechta überblickt, ist sehr beliebt. Hier hat der Überlieferung nach die Nationalheilige Nino, die das Christentum nach Georgien gebracht hat, ein großes Kreuz errichten lassen. Eine Replik davon steht nach wie vor auf dem Altar.

    Die Kuppel des georgischen Parlaments wurde für ein CSU-Video zweckentfremdet.
    Die Kuppel des georgischen Parlaments wurde für ein CSU-Video zweckentfremdet. Foto: Quirin Hönig

    Tiflis, die heutige Hauptstadt, liegt etwa 25 Kilometer flussabwärts von Mzechta und Dschwari. Bekannt ist die Millionenstadt in Deutschland spätestens, seitdem die Kuppel des georgischen Parlaments in einem CDU-Wahlwerbespot als Kuppel des deutschen Bundestages herhalten musste. Hier drängen sich links und rechts des Flusses Kura mittelalterliche Kirchen neben Häusern aus dem 20. Jahrhundert, Plattenbauten aus der Sowjetzeit und Hochhäuser aus Glas und Stahl. Von einem Hügel blickt die 20 Meter hohe Statue der Kartlis Deda, der Mutter Georgiens, auf die Häuser herab.

    Für Georgier beginnen Berge ab 2000 Höhenmetern

    Ganz anders als die Metropole ist die Region Ratscha-Letschchumi und Niederswanetien im Norden des Landes. Sie ist eines der am dünnsten besiedelten Gebiete Georgiens. Die Wolken hängen hier tief über den dicht bewaldeten Hängen des Kaukasus. Auf den kurvigen Bergstraßen fahren nur wenige Autos. Die meisten Siedlungen bestehen nur aus wenigen Häusern. Und hier sind die Berge auch richtige Berge. "Alles unter 2000 Höhenmeter sind Hügel für die Georgier", sagt Touristenführer Alapishvili lachend.

    Weinberge in der georgischen Gebirgsregion Ratscha-Letschchumi.
    Weinberge in der georgischen Gebirgsregion Ratscha-Letschchumi. Foto: Quirin Hönig

    Einer, der das Chaos der Großstadt gegen die Einsamkeit der Berge eingetauscht hat, ist Misha Elbakidze. Er lebt nur wenige Kilometer von Ambrolauri entfernt, der Hauptstadt der Region Ratscha-Letschchumi und Niederswanetien. In der kleinen Stadt wohnen etwas über 2000 Menschen. Zehn Minuten dauert die Fahrt von der Hauptstraße zu Elbakidzes Grundstück. Der Weg führt durch Schlamm und Kies. Äste kratzen über die Fensterscheiben, auf einem Bildschirm im Armaturenbrett des Autos läuft ein Musikvideo und Elbakidze telefoniert am Steuer mit seinem Handy. Er kenne die Stecke auswendig, erklärt er, meistens fährt er sie mehrmals pro Tag. Aber wenn Schnee liegt, komme er nicht durch mit dem Auto, sagt Elbakidze. Dann müsse er reiten.

    Misha Elbakidze, der Besitzer des Gentry House, am Grill.
    Misha Elbakidze, der Besitzer des Gentry House, am Grill. Foto: Quirin Hönig

    Oben angekommen, erwartet einen das Haus, das Elbakidzes Urgroßvater dort vor etwa 130 Jahren selbst gebaut hat. Die Holzfassade ist dunkel und von Weinreben umrankt. Das Geländer der Trasse ausgebleicht. Darunter stapelt sich das Brennholz. Die beiden anderen Häuser auf seinem Grundstück sind deutlich moderner. Elbakidze hat sie im Laufe der vergangenen zwei Jahren aufgebaut. Jeden Stein, jedes Brett und jeden Nagel, habe er über den holprigen Weg nach oben gebracht, erzählt er, während er Fleischspieße auf dem Grill umdreht. Hier können sich Besucher der Region einquartieren.

    Misha Elbakidzes Urgroßvater baute dieses Haus vor 130 Jahren.
    Misha Elbakidzes Urgroßvater baute dieses Haus vor 130 Jahren. Foto: Quirin Hönig

    Die Gästehäuser habe Elbakidze gebaut, um die Kultur der Berge, die

    Die Goldschätze Georgiens erzählen von glanzvollen Zeiten

    Alapishvili redet nur ungern über die Beziehungen zwischen Georgien und Russland, aber mit etwas Überzeugungsarbeit kann man ihm einige Geschichten entlocken. Leise erzählt er von den beiden abtrünnigen Regionen Abchasien und Südossetien, die sich mit

    Goldschätze im georgischen Nationalmuseum.
    Goldschätze im georgischen Nationalmuseum. Foto: Quirin Hönig

    Der Guide lenkt den Blick lieber auf glanzvollere Dinge der georgischen Geschichte – etwa auf die Goldschätze im Georgischen Nationalmuseum. Die ältesten Objekte dort stammen aus dem 3. Jahrtausend vor Christus. Viele davon waren Grabbeigaben. Der Goldreichtum des antiken Königreichs Kolchis auf dem Gebiet des heutigen Georgiens hat sogar Einzug in die griechische Mythologie gefunden. Dort haben Jason und die Argonauten das Goldene Vlies geraubt. Der wahre Hintergrund zur Sage: Während in Ostgeorgien Gold aus dem Gestein abgebaut worden war, hatte man in Westgeorgien eine eigene Goldwaschtechnik. Dazu wurden Schaffelle auf den Flussboden gelegt, damit sich der Goldstaub in der Wolle festsetzte und diese gold färbte.

    Eine Weinrebe auf dem georgischen Rugby-Trikot

    Ein Großteil der Geschichte Georgiens lässt sich an der Felsstadt Uplisziche, nordwestlich von Tiflis ablesen. Die ersten Höhlen und Behausungen wurden hier im 6. Jahrhundert vor Christus in den Sandstein gehauen, als die Georgier noch einen Sonnengott verehrten, dem auch ein größerer Tempel gewidmet war. Als die Römer Georgien eroberten, wurde ein Amphitheater gebaut, im 10. Jahrhundert nach Christus eine Kirche. Der Ort war ein wichtiges Handelszentrum entlang der Seidenstraße. Zu seiner Hochzeit lebten hier rund 5000 Einwohner. Mit dem Untergang des Byzantinischen Reichs 1453 verlor

    Die Felsstadt Uplisziche liegt nordwestlich von Tiflis.
    Die Felsstadt Uplisziche liegt nordwestlich von Tiflis. Foto: Quirin Hönig

    Über die Konflikte der Vergangenheit redet Guro Alapishvili wesentlich lieber als über die jüngere Geschichte. Die Lage des Landes zwischen Ost und West, Asien und Europa, dem Russischen und dem Osmanischen Reich hat Georgien zum Schauplatz vieler Kriege gemacht. Eine Legende besagt, dass die georgischen Krieger eine Weinrebe mit sich trugen, wenn sie in die Schlacht zogen. Dadurch sei überall, wo sie gestorben sind, ein Weinstrauch gewachsen, sagt Alapishvili, gedünkt vom Blut der Soldaten. Deswegen habe Georgien so viele Weinberge. Die Rugbyspieler Georgiens haben auch heute noch eine Weinrebe auf dem Rücken ihrer Trikots gestickt.

    Ob der georgische Wein nur wegen des vergossenen Bluts so gut schmeckt, kann Mariam Margvelidze nicht sagen. Die 24-Jährige ist eine der jüngsten Winzerinnen aus Georgien. Die Weinherstellung ist für sie eine Familienangelegenheit. "Ich kann mir meine Familie nicht ohne sie vorstellen", sagt sie. Ihr Großvater habe mit dem Anbau von Wein in Ratscha-Letschchum begonnen, sie selbst sei mit 18 in das Geschäft eingestiegen und studierte vier Jahre an der georgischen Universität für Agrarwissenschaft in Tiflis.

    Mariam Margvelidze ist eine der jüngsten Winzerinnen Georgiens.
    Mariam Margvelidze ist eine der jüngsten Winzerinnen Georgiens. Foto: Quirin Hönig

    Traditionell wird der georgische Wein in Quevris hergestellt. Diese großen Tongefäße werden im Boden vergraben, mit zerquetschten Trauben und mit Schalen, Kernen und Stängeln gefüllt und verschlossen. Die Maische gärt in den

    Kurz informiert: Georgien

    Anreise: Die Lufthansa fliegt vom Münchner Flughafen in die georgische Hauptstadt Tiflis. Vom Flughafen Memmingen fliegt Wizz Air in die zweitgrößte Stadt Kutaissi

    Sprache: Die Georgier haben eine eigene Sprache und eine eigene Schrift. An den meisten Orten kann man sich aber mit Englisch oder Russisch verständigen.

    Unterkunft: Die Unterkunft Gentry House befindet sich nahe Ambrolauri. Jedes Zimmer versehen mit einem Balkon mit Bergblick und kostet etwa 68 Euro pro Nacht.

    Währung: Die Landeswährung ist der Georgische Lari (GEL). In Wechselstuben könne Dollar und Euro umgetauscht werden. In den meisten von Touristen besuchten Gebieten kann auch bargeldlos bezahlt werden.

    Weiter Informationen: Mehr zum Reiseziel Georgien gibt es auf der Website: georgia.travel

    Auch der Urgroßvater von Touristenführer Guro Alapishvili hat Wein hergestellt und hat währenddessen Kirchen- und Schlaflieder gesungen. "Wein ist lebendig", habe er einmal zu seinem Urenkel gesagt. "Er nimmt die Stimmung von dir auf. Wenn ich schlecht gelaunt bin, wird auch der Wein schlecht."

    Diese Recherche wurde unterstützt von der Georgian National Tourism Administration.

    Presse-Reise Georgien Misha Elbakidze (Wirt vom Gentry House)
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