Je länger die Corona-Krise dauert, desto mehr keimt in vielen Menschen das Bedürfnis auf, mal wieder ins Ausland reisen zu dürfen. Kann es beispielsweise für deutsche Frankreich-Liebhaber in diesem Sommer bereits wieder Crêpes und Cidre in der Bretagne geben, Pastis und Fischsuppe in Marseille? Wie sieht es mit den Reisen an den Bosporus aus? Um nur zwei Beispiele zu nennen.
Zuerst der Blick nach Frankreich: Zwar wird die Ausgangssperre ab 11. Mai schrittweise aufgehoben und ab diesem Datum sollen auch wieder die Schulen und Kindertagesstätten öffnen. Doch das gilt nicht für die Restaurants, Hotels, Cafés und Museen. Präsident Emmanuel Macron hat angekündigt, die außereuropäischen Grenzen "bis auf Weiteres" geschlossen zu halten. Was aber innerhalb des Schengen-Raums entschieden wird, dürfte wohl von der Entwicklung der Pandemie abhängen. In Frankreich warnt das renommierte Pasteur-Institut sogar vor einer zweiten Infektionswelle.
Sind im Sommer Reisen in Europa möglich?
"Wir befinden uns in einer Phase absoluter Ungewissheit", sagte Jean-François Rial, Vizepräsident der Gewerkschaft für große Reiseveranstalter. "Wir wissen nicht, wann es mit dem Reisen wieder losgehen kann, vielleicht innerhalb Europas in diesem Sommer, vielleicht nicht unbedingt alle Länder."
Der französische Gesundheitsminister Olivier Véran verkündete, er glaube nicht an "normale Ferien" in diesem Jahr. Dennoch ermunterten er und andere Regierungsmitglieder die Franzosen dazu, diese im eigenen "schönen Land" zu machen. Ist eine Reise nach Frankreich damit auch für Deutsche denkbar? Und was für ein Urlaub wäre das: Können Restaurants oder Ausstellungen besucht werden? Bis 15. Juli sind alle Großveranstaltungen verboten. Noch ist auch der Transport massiv eingeschränkt. Doch ab Juli will Air France sein stark reduziertes Flugprogramm auf 30 Prozent seiner Kapazitäten steigern, die Bahngesellschaft SNCF plant mit der vollständigen Wiederaufnahme des Fernverkehrs bis zum Sommer.
Frankreich rechnet im ersten Semester mit 30 Milliarden Euro Verlust im Tourismus
Die Umsatzverluste im Tourismusbereich dürften im ersten Semester mehr als 30 Milliarden Euro betragen, den Flugverkehr ausgenommen. Das trifft Frankreich hart, wo der Sektor zwischen sieben und acht Prozent des Bruttoinlandsproduktes ausmacht. Zuletzt zog das Land rund 90 Millionen Besucher im Jahr an. Die Gäste aus Europa und darunter Deutschland machen dabei einen großen Anteil aus. Auf sie verzichten zu müssen, würde die Lage weiter erschweren.
Blick in die Türkei: Die Strände an Mittelmeer und Ägäis sind derzeit so schön wie nie, denn sie sind menschenleer. Der Flugverkehr ist gestoppt, die meisten Hotels sind geschlossen, und in Antalya gilt ebenso wie in 30 anderen Provinzen des Landes an den Wochenenden eine komplette Ausgangssperre. Inzwischen kristallisiert sich aber die Planung dafür heraus, wie es im türkischen Tourismus weitergehen kann. Hotels und Strände sollen nach den Plänen des Tourismusministeriums gegen Ende Mai wieder öffnen, aber nur für einheimische Besucher. Ende August werde mit ersten ausländischen Urlaubern gerechnet. Aber dann werde vieles ganz anders sein als früher. Mit einer schrittweisen Öffnung für einheimische Besucher will die Branche die hygienischen Herausforderungen des Tourismus in der Coronavirus-Krise bewältigen. Auf der Streichliste stehen dabei nicht nur überfüllte Strände und Discos, sondern auch das All-inclusive-System mit seinen Buffet-Mahlzeiten.
In der Türkei soll es in Corona-Zeiten keine offenen Buffets geben
Offene Buffets, an denen sich hunderte Gäste mit demselben Löffel bedienen, seien in Zeiten des Coronavirus nicht mehr attraktiv, sagte Bulut Bagci, der türkische Direktor des Tourismusforschungs-Instituts World Tourism Forum. Bis zu 2000 Menschen speisten bisher in den großen All-inclusive-Hotels an der türkischen Riviera von einem Buffet. Schon weil das Abstandhalten da nicht möglich sei, müssten Urlauber künftig auf die riesigen Buffets mit dutzenden verschiedenen Suppen, Salaten, Hauptspeisen und Süßigkeiten verzichten.
Über fertige Frühstücksteller und Picknick-Pakete denken manche Hoteliers derzeit nach, andere plädieren für À-la-carte-Bestellungen. Denkbar sei auch, die Mahlzeiten in den Restaurants in den Festpreis einzustellen und damit auch ohne Buffets all-inclusive zu bleiben, schlägt Bagci vor. Um die Buffets sei es jedenfalls nicht schade, findet der Tourismus-Experte: Sie seien "eine gewaltige Lebensmittel-Verschwendung".
Corona: Urlaub nur mit Gesundheitsbescheinigung?
Das Tourismusministerium arbeitet an einem Zertifizierungssystem für Hotels, mit dem Hygienemaßnahmen wie Desinfektion, Luftfilter und Personalschulungen bescheinigt werden sollen. Touristen-Busse sollen regelmäßig sterilisiert, Flughäfen, Museen und Ausgrabungsstätten mit Markierungen zum Abstandhalten versehen werden. Von den Urlaubern selbst sollen Gesundheitsbescheinigungen verlangt werden, sobald es dafür einen internationalen Standard gibt.
Hotels und Pensionen sollen nur die Hälfte ihrer Zimmer belegen dürfen, um Gedränge zu vermeiden. An den Stränden wird die Zahl der Liegestühle halbiert, um den Abstand zwischen Badegästen zu verdoppeln. Das Gleiche gilt für Tische und Stühle in Restaurants und Cafés. Das alles werde seinen Preis haben, warnte Firuz Baglikaya, der Vorsitzende des Verbandes der türkischen Reiseagenturen: "Wenn Hotels nur halb ausgelastet sind, werden ihre Preise natürlich höher liegen als zuvor."
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